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Warum schließt er beim Sex die Augen?

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LIEBES LEBEN - Warum schließt er beim Sex die Augen?
©Bild: Nathan Murrell
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Was für manche ein Zeichen für nicht genug Hingabe ist, stellt für andere den Indikator wahrer Verbundenheit dar. Und während es beim Küssen normal ist, die Augen zu schließen, kocht die Erregung manchmal erst richtig auf, wenn ein Paar beim Liebesakt Blickkontakt hält.

Meine Klientin Kathrin richtet an ihren Mann Jannik einen großen, bislang unerfüllten Wunsch. "Ich sehne mich danach, dass du mich einfach nur ansiehst, wenn wir miteinander schlafen." Sex haben. Liebe machen. Schon ihre Unsicherheit in der Benennung dessen, was zu den schönsten Dingen des Lebens gehört, wirkt auf Kathrin verstörend. Wieso hat unsere Gesellschaft kein Wort, das zum Ausdruck bringt, worum es in der Liebe wirklich geht? Neben dieser sprachphilosophischen Frage führt Kathrin eines zu mir: Ihr Mann schließt beim Sex die Augen, driftet ab, genießt wie für sich allein, atmet immer schneller, bis das passiert, was sich alle wünschen. Er kommt.

Und dann? Trete Entspannung ein, sagt Kathrin. Klingt nach "gutem Sex", oder? In Kathrins Gesprächen mit mir wird klar: Ihr Mann zieht sich fühlbar von ihr als Person zurück. Und sie kann dann nicht anders, als sich ebenso zurückzuziehen. Das Fazit: Sie leben mehr oder weniger, mit ganz wenigen Ausnahmen, sexuell abstinent. Die erotische Anziehung liege brach, sagt sie, er jammere und klage. Jannik argumentiere, um sie davon zu überzeugen, doch wieder mal Sex mit ihm zu haben, was er alles für sie im Alltag tue, wie fürsorglich und liebevoll, beziehungskonstant und stimmungsstabil er sei. Mit einem Wort macht Jannik Kathrin moralischen Druck. Auf Druck und in einer Art Gegengeschäftsmodell Sex zu haben, weil er einfordert, dass sie sich zu seiner Entspannung nicht nur hingibt, sondern hergibt, ist aber kontraproduktiv. Ihr Männer und Frauen da draußen: Bitte tut es nicht! Fordert nicht Sex ein wie eine Gegenleistung, die euch der oder die Andere schuldet, weil ihr das und das für sie oder ihn tut. Das ist nicht nur unsexy, sondern der ultimative Liebeskiller.

Eine Beziehung ist wie ein Garten, den man sorgfältig, aber vor allem konstant zu pflegen hat, und zwar mit Liebe; nicht einmal mit der Mistgabel umgraben, und gut ist's. Liebevoll säen, mit Komplimenten und Wertschätzung düngen, aber niemals Druck ausüben. Denn welche Pflanze wächst und gedeiht schon auf Druck? Auch wenn Sie Ihren Partner oder Ihre Partnerin mit Liebesschwüren überschwemmen, wird die geliebte Person unter diesem Dauerbeschuss verdursten und vertrocknen.

Darum machen Sie es lieber wie Kathrin. Nachdem sie ihr Selbstwertgefühl wieder soweit aufgerichtet hat, indem sie bei sich hinschaut, nicht wegschaut, holt sie Jannik in eine Paartherapie. Und: keine Sorge! Paartherapie ist nicht der Anfang vom Ende einer Beziehung. Sondern eine mögliche Umgestaltung Ihrer inneren Gartenlandschaft. Bitte pflanzen Sie nicht Ihren Partner, indem Sie sich für ihn der Harmonie und des Friedens willen in Liebesdingen zurücknehmen, nach dem Motto "Augen zu und durch", sondern formulieren Sie zuerst für sich, indem Sie ehrlich zu sich sind, aber dann für den geliebten Menschen, was und wie Sie es sich wünschen.

Für Kathrin gehört hier die Innigkeit des Augenblicks hinzu: "Augen-Blicke" im buchstäblichen Sinne, wenn sie beim Liebesspiel in der Seele des Partners über den Augenkontakt eintauchen und verschmelzen kann. Erst als Jannik klar wird, dass er keine Soloperformance hinlegen muss, sondern einfach nur er selbst sein darf, wird es, auch wenn sich das noch so bescheuert anhört, guter Sex. Und, wesentlich schöner gesagt, erblüht der Garten der Liebe.

Prof. Mag. Dr. Monika D. Wogrolly, Philosophin und Psychotherapeutin Haben Sie noch Fragen? Schreiben Sie mir bitte: praxis@wogrollymonika.at

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