Janina Kehr beschäftigt sich an der Universität Wien mit dem Einsatz von Antibiotika und Benzodiazepinen und damit, wie dieser reduziert werden kann
Antibiotika-Resistenzen
In den kommenden Jahrzehnten werden zunehmende Antibiotika-Resistenzen zu einem immer größeren Problem. Bereits jetzt sterben rund 1,2 Millionen Menschen weltweit, da kein geeignetes Antibiotikum zur Behandlung zur Verfügung steht.
Medizinanthropologie
Janina Kehr ist Medizinanthropologin. „Wir beschäftigen uns mit der Art und Weise, welche Bedeutung Medizin und Gesundheit in unterschiedlichen Gesellschaften hat“, erklärt sie. In den vergangenen Jahren baute Kehr in Wien eine Forschungsgruppe mit dem Namen „Health Matters“ auf. Das Ziel: „Wir untersuchen die Zusammenhänge von Politik, Medizin und Umwelt – von individuellen Erfahrungen bis hin zur Organisation von Gesundheitswesen.“
Über das Projekt „Less is More“
Aktuell beschäftigt sich Kehr in dem Projekt „Less is More?“ damit zu untersuchen, wie und in welcher Häufigkeit Antibiotika und Benzodiazepine, die als Beruhigungs- und Schlafmittel genommen werden, aber schnell abhängig machen, in Wien verschrieben und benutzt werden. „Wir fragen uns, wie Medikamente verschrieben und verwendet werden, und wie wir Verschreibungen optimieren können“, so Kehr.
Dabei werden Patientinnen und Patienten genauso befragt wie Medizinerinnen und Mediziner. „Wir gehen in die Ordinationen und sprechen mit den Menschen dort. Dabei erheben wir, welche Probleme es aus Sicht der Menschen gibt und welche Erfahrungen sie mit Medikamenten machen.“
Bei den Interviews gibt es zwar einen Leitfaden, aber Menschen sollen auch selbstbestimmt von ihren Erfahrungen erzählen. So erfährt die Forscherin von den Herausforderungen derjenigen, die die Medikamente verschreiben, aber auch von jenen der Patientinnen und Patienten.
Anhand dieser Ergebnisse werden Lösungsvorschläge erarbeitet. Am Ende stehen Stakeholder Meetings, um die Empfehlungen zu diskutieren – und die Hoffnung, zu einem bewussteren Einsatz dieser Medikamente beizutragen.
Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 46/2024 erschienen.
Über die Expertin
Zur Forscherin Janina Kehr
Nach ihren Studien der Ethnologie und Politikwissenschaften an der Universität Göttingen und der University of California in Santa Cruz, wechselte die Forscherin an die Universität Berlin. In den USA begann sich Kehr mit Medizinanthropologie zu beschäftigen. Seit 2011 ist Kehr Professorin für Medizinanthropologie und globale Gesundheit an der Universität Wien.