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Ein Abszess ist eine Abwehrreaktion des Körpers auf eingedrungene Bakterien. Meist sind das Staphylokokken, wie sie häufig auf der Haut und in den Nasenhöhlen gesunder Menschen vorkommen. Gelangen sie in kleine Hautverletzungen und vermehren sich, können sie Infektionen und damit Abszesse auslösen.
Passiert das rund um die Haarwurzel, ist die Rede von einem Furunkel. Dabei handelt es sich also um "eine tiefe, eitrige Entzündung eines Haarfollikels und des umliegenden Gewebes", wie der Dermatologe und Venerologe Cord Sunderkötter erklärt. Ein Furunkel ist somit eine Unterform des Abszesses.
Nun kann man sich fragen: Wenn alle Menschen diese Bakterien auf sich tragen - wieso entwickeln manche von ihnen immer wieder eitrige Abszesse und andere nie?
Erst einmal gilt: Die Bakterien brauchen günstige Bedingungen, um sich vermehren zu können. "Zum Beispiel ein geschwächtes oder fehlgesteuertes Immunsystem, Vorerkrankungen wie Diabetes mellitus oder einfach schlechte hygienische Verhältnisse", so Cord Sunderkötter. Mitunter gibt es unter den Staphylokokken auch eine aggressivere Variante. PVL-positive Staphylokokken werden sie genannt.
Geht es um Furunkel, schafft im Sommer enge Kleidung, die an der Haut reibt, ein schwitziges Biotop für die Bakterien. Das kann schnell mal zum Verschluss des Haarfollikels führen - und somit zu einem Furunkel.
Mit diesen Maßnahmen kann man das Risiko verringern, dass sich Abszesse bilden:
- gute Körperhygiene,
- kleine Wunden sofort desinfizieren,
- bei sommerlichen Temperaturen lockere Kleidung tragen.
Diabetikerinnen und Diabetikern rät der Experte zudem zu einer guten Einstellung der Erkrankung mit regelmäßiger Blutzuckerkontrolle.
Männer mit einer Tendenz zu Furunkeln im Gesichtsbereich sollten sich lieber nass als trocken rasieren und die Haut im Anschluss gut desinfizieren.
Für Menschen, die immer wieder an Abszessen leiden, sind das eher wenig befriedigende Tipps. Sie sollten sich daher medizinischen Rat einholen, und untersuchen lassen, ob genetische Veranlagungen und Fehlregulationen der körpereigenen Entzündungsreaktionen vorliegen.
Verlässlich verhindern kann man Abszesse nicht immer. Mittlerweile gibt es Forschungsergebnisse, die vermuten lassen, dass Menschen unterschiedlich viele bestimmte antimikrobielle Moleküle erzeugen. Sie wirken auf der Haut wie körpereigene Antibiotika und verhindern damit Entzündungen.
"Finger weg und nicht daran herumdoktern", warnt eine deutsche Dermatologie-Professorin. Das Herumknibbeln an den Beulen kann dazu führen, dass die Bakterien ins Gewebe gedrückt werden, sich also weiter ausbreiten.
Tröstlich: Manche Furunkel und Abszesse heilen von selbst ab, indem sie reifen und aufbrechen, sodass der Eiter so von selbst abfließt. Unterstützen kann man diesen Vorgang mit warmen Umschlägen. Denn die Wärme fördert die Durchblutung und unterstützt das Immunsystem bei der Bekämpfung der Infektion.
"Auch die gute alte Zugsalbe mit dem Wirkstoff Ammoniumbituminosulfonat tut hier gute Dienste", sagt Silke Hofmann. Sie soll sprichwörtlich den Eiter aus dem entzündeten Gewebe ziehen.
Abszesse können durchaus auch gefährlich werden - wenn sie sich am Kopf befinden. "Vor allem, wenn es sich oberhalb der Oberlippe befindet, denn dann gibt es zwischen dem Abszess und dem Gehirn keine Lymphknoten mehr und es besteht die - wenn auch geringe - Gefahr von Hirnvenenthrombosen und Hirnhautentzündungen", so der eingangs zitierte Dermatologe.
Dann steht zeitnah der Gang zum Arzt an. Das gilt auch, wenn Fieber und Unwohlsein dazukommen. Je nach Schwere und Position der Entzündung können Antibiotika erforderlich sein.
"Größere oder schmerzhafte Abszesse und Furunkel erfordern möglicherweise sogar einen chirurgischen Eingriff", sagt Silke Hofmann. "Dann wird der Eiterherd unter sterilen Bedingungen und örtlicher Betäubung mit einem oder zwei kleinen Schnitten eröffnet und ausgeräumt." In manchen Fällen wird auch eine Drainage eingesetzt, um weiteren Eiteraustritt zu ermöglichen.
So unangenehm und unschön sie sind: Abszesse lassen sich gut behandeln.
Für Menschen, die immer wieder unter Abszessen leiden, kann es sinnvoll sein, einen Abstrich der Nasenschleimhaut oder eines Abszesses machen zu lassen, um zu überprüfen, welche Bakterien ihr Unwesen treiben.
Denn: "Die zunehmende Verbreitung von methicillinresistenten Staphylococcus aureus (MRSA) und von Toxin-bildenden Staphylokokken (PVL-Bildner) stellt eine Herausforderung dar", sagt die Dermatologin Silke Hofmann. Vor allem junge Patienten ohne weitere Risikofaktoren sollten das abklären lassen, so die Expertin.
Eine sogenannte Hautsanierung kann dabei helfen, dass diese Bakterien nicht wieder und wieder Abszesse verursachen. Sie besteht aus desinfizierenden Waschungen, Nasensalbe und Mundspülung.
Wichtig ist zudem, abzuklären, ob eine Akne inversa vorliegt. Bei dieser chronisch-entzündlichen Hauterkrankung, die wohl auf eine Fehlregulation des Immunsystems zurückgeht, bilden sich an bestimmten Hautstellen wie Achseln und Leisten immer wieder schmerzhafte Abszesse. Heilen kann man Akne inversa bisher nicht. Doch mit Medikamenten lassen sich die Symptome behandeln und den Verlauf der Erkrankung verlangsamen.
BERLIN - DEUTSCHLAND: FOTO: APA/APA/dpa/GSM/Jens Kalaene/Jens Kalaene
TÜBINGEN - DEUTSCHLAND: FOTO: APA/APA/dpa/gms/Marijan Murat/Marijan Murat