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Eine Pollenallergie kann Betroffenen ganz schön viel Lebensqualität rauben. "Der Schlaf wird schlechter, die Leistungsfähigkeit verringert sich, was sich auf die Konzentrationsfähigkeit auf der Arbeit oder in der Schule auswirkt", nennt die Allergologin Tanja Hildenbrand mögliche Auswirkungen.
All das passiert, weil das Immunsystem die winzig kleinen Pollen, die etwa Gräser oder Bäume als Blütenstaub absondern, als Gefahr deutet. Der Körper stößt also eine Reaktion an, die sie bekämpfen soll. Es kommt zur Ausschüttung des Botenstoffs Histamin, der für die lästigen Beschwerden sorgt.
Immerhin: Ganz ihrem Schicksal ergeben müssen sich Pollenallergiker und -allergikerinnen nicht. Denn sie können ein paar Dinge tun, um besser durch die Pollensaison zu kommen. 6 Tipps im Überblick:
Wer vermutet, Heuschnupfen zu haben, sollte einen Termin bei einem Allergologen oder einer Allergologin ausmachen, rät Hildenbrand. Bei der Diagnostik führt er oder sie in der Regel einen Prick-Test durch - bringt also Lösungen mit verschiedenen Allergenen in die Haut ein. Am Ende zeigt sich, ob sich der Verdacht auf eine Pollenallergie bestätigt. Und wenn ja, auf welche Pollen man genau allergisch reagiert.
"Es gibt in der Medizin einen goldenen Leitspruch: Die Diagnose kommt vor der Therapie", sagt Hildenbrand. Heißt: Die Beschwerden einer Pollenallergie lassen sich umso gezielter behandeln, wenn klar ist, welches Allergen die Reaktion auslöst.
Gut behandelte Symptome können auch Folgeproblemen vorbeugen. "Etwa Flüssigkeitsansammlungen hinter dem Trommelfell, die zu Hörproblemen führen können", erklärt die HNO-Ärztin.
Bleibt eine Pollenallergie hingegen unbehandelt, steigt das Risiko, dass weitere Allergien dazukommen - oder sich sogar ein allergisches Asthma mit Atemnot und Reizhusten entwickelt.
Auch wenn viele sich auf eigene Faust durch frei verkäufliche Präparate testen: Experten raten dazu, sich mit dem Arzt oder der Ärztin abzustimmen, um die Beschwerden zu lindern.
Diese zwei Medikamentengruppen sind am wichtigsten - man kann sie auch kombinieren:
Spielen sich die Beschwerden überwiegend in der Nase ab, sind cortisonhaltige Nasensprays die erste Wahl, so Hildenbrand. Sie wirken schließlich nur dort und mildern die Entzündungsreaktion ab, die hinter einer Allergie steckt.
"Die typischen Cortison-Nebenwirkungen sind nicht relevant, weil die Aufnahme in den Körper nur sehr, sehr gering ist", sagt Hildenbrand. Und: Anders als bei abschwellenden Nasensprays müsse man auf Dauer zudem keinen Gewöhnungseffekt und Schäden der Nasenschleimhaut befürchten.
Wichtig: Die Nasensprays sollte man kontinuierlich einnehmen, nicht nur an Tagen, an denen die Nase kitzelt und kribbelt. "Morgens und abends jeweils einen Sprühstoß, ist normalerweise die Dosierung", so Hildenbrand.
Wenn wegen der Pollenallergie auch die Augen tränen und jucken, sind hingegen Antihistaminika sinnvoll - meist in Form von Tabletten. Auch sie sollte man in der Allergie-Saison täglich einnehmen. Die Medikamente sorgen dafür, dass der Botenstoff Histamin nicht mehr andocken kann - das unterbindet die allergische Reaktion.
"Bei Antihistaminika war früher immer das Problem, dass sie sehr müde gemacht haben", so Hildenbrand. Bei neueren sei dies deutlich weniger der Fall.
Übrigens: Ergänzend zu antiallergischen Medikamenten können auch Nasenduschen mit einer isotonen Salzlösung Linderung bringen. "Sie helfen dabei, Pollen und übermäßigen Schleim aus der Nase zu spülen und die Nasenschleimhaut zu befeuchten", sagt Anja Schwalfenberg vom Deutschen Allergie- und Asthmabund (DAAB).
Klar, Pollen komplett aus dem Weg zu gehen, ist unmöglich. Dennoch können Pollenflugvorhersagen Allergikern helfen, etwa von der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst. So kann man etwa feststellen, ob die Pollen, auf die man reagiert, mittlerweile an Fahrt aufnehmen.
"Man ist viel besser gewappnet, kann etwa überlegen: Sollte ich jetzt schon unterstützend meine antiallergischen Medikamente einnehmen?", sagt Schwalfenberg. Und wer Sport treiben möchte, kann etwa überlegen, das Training nach drinnen zu verlegen.
An Tagen mit hoher Pollenbelastung können Allergiker sich zusätzlich schützen, "etwa mit Kopfbedeckungen oder schön dicht abschließenden Sonnenbrillen für die Augen", so Schwalfenberg. Das verhindert, dass man Pollen im Haar nach Hause trägt oder diese ins Auge gelangen.
Zudem kann ein Begleiter aus Pandemie-Zeiten an Tagen mit starkem Pollenflug Erleichterung bringen: ein Mund-Nasen-Schutz.
Geht es ums Lüften mit Pollenallergie, ist oft zu lesen: auf dem Land eher in den Abendstunden, in der Stadt lieber morgens. "Pauschal lässt sich das aber gar nicht sagen", sagt Schwalfenberg.
Denn bei der Pollenbelastung kann es immer Schwankungen geben, bedingt etwa durch das Wetter. Ein dicker, anhaltender Regenschauer, wäscht viele Pollen aus der Luft. Ein kurzer Nieselregen kann hingegen dazu führen, dass eher mehr Pollen durch die Luft fliegen.
Natürlich spielt auch eine Rolle, welche Bäume in der Umgebung stehen. Im Zweifel gilt also: ausprobieren, was beim Lüften funktioniert - und was nicht.
Weiterer Tipp: Ein Pollenschutzgitter vor dem Fenster können Schwalfenberg zufolge einen Großteil der Pollen abhalten. Da das feine Maschengewebe den Luftaustausch hemmt, sollte man dann aber etwas länger lüften.
Nicht einmal nachts im Bett hat man seine Ruhe! Pollenallergiker kennen das zu gut - und können mit kleinen Tricks für etwas bessere Nachtruhe sorgen. Schwalfenberg nennt dazu zwei Ideen.
Erstens: Am Abend die Haare waschen, wenn man tagsüber draußen unterwegs war. "Sonst nimmt man die Pollen mit auf das Kopfkissen. Dann dreht man sich ein paar Mal und plötzlich sind sie im Auge und es gibt eine Reaktion."
Zweitens: Die Kleidung, die man tagsüber getragen hat, nicht im Schlafzimmer ausziehen. Besser: im Flur oder "da, wo die Waschmaschine steht, sodass man die Kleidung vielleicht direkt mit einem Kurzwaschprogramm spülen kann."
Medikamente lindern die Symptome, Verhaltenstipps bringen Erleichterung im Alltag: An der Wurzel packen lässt sich eine Pollenallergie jedoch nur mit einer spezifischen Immuntherapie, auch als Hyposensibilisierung bekannt.
Das Prinzip: "Dem Körper werden geringe Dosen des Allergens zugeführt, wodurch die Immunantwort verändert werden soll", erklärt Hildenbrand. Die Therapie dauert normalerweise drei Jahren, in seltenen Fällen auch länger.
Immuntherapie mit Spritzen (subkutan): "Dabei wird das Allergen unter die Haut gespritzt und später wird in gewissen Abständen diese Spritze wiederholt", sagt Hildenbrand.
Immuntherapie mit Tabletten oder Tropfen (sublingual): Dabei wird das Allergen in Form von Tabletten oder Tropfen unter die Zunge gegeben. "Vorteil ist, dass der Patient oder die Patientin das selbstständig zu Hause machen kann", erklärt die Medizinerin. "Was aber gleichzeitig auch der Nachteil ist: Man muss an die tägliche Einnahme denken."
Komplette Symptomfreiheit dürfen Allergikerinnen und Allergiker zwar nicht immer erwarten, dennoch zeigt die Therapie bei vielen Erfolge. Die Beschwerden bessern sich deutlich, es sind weniger oder gar keine Medikamente mehr nötig. "Bei den Pollen, gerade bei Gräsern, gibt es sehr gute Studien, dass die spezifische Immuntherapie sehr gut wirksam ist, sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen", so Hildenbrand.
BERLIN - DEUTSCHLAND: FOTO: APA/APA/dpa/gms/Zacharie Scheurer/Zacharie Scheurer
WEYHE - DEUTSCHLAND: FOTO: APA/APA/dpa/gms/Christin Klose/Christin Klose
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