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Wolfgang Rosam: „Diese Bedingungen halte ich für inakzeptabel“

Aktualisiert
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8 min

©Ian Ehm
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Wolfgang Rosam, Herausgeber des Wein-, Kulinarik- und Reise-Guides Falstaff kritisiert die öffentliche Förderung des Guide Michelin als Wettbewerbsbenachteiligung. Man müsse schon Licht und Schatten sehen, mahnt er.

Sie haben bereits vor einem Jahr Kritik daran geübt, wie der Guide Michelin in Österreich empfangen wird – mit einer öffentlichen Förderung finanziert über die Österreich Werbung und acht beteiligte Landestourismusorganisationen. Sogar eine Klage haben Sie in Erwägung gezogen. Wie ist der Status quo? 

Wolfgang Rosam: Meine Meinung hat sich nicht geändert. Ich finde es gut, dass der Guide Michelin wieder nach Österreich kommt, weil er internationale Wahrnehmung mit sich bringt. Im Schulterschluss mit Gault&Miliau, mit dem wir im Mitbewerb stehen, haben wir aber klar Kritik am Vorgehen geäußert. Wie kann es in einem Markt mit zwei gut verankerten Restaurants-Guides, die beide gedruckte Bewertungen veröffentlichen – Falstaff und Gault&Millau –, sein, dass ein Dritter, Guide Michelin, ins Land kommt, alles nur online abwickelt und dafür eine jährliche Tourismusförderung von umgerechnet rund 600.000 Euro bekommt? Während wir als heimische Restaurantguides mit vollem Unternehmerrisiko Aufbauarbeit geleistet und keine Förderung bekommen haben? Hier wird mit zweierlei Maß gemessen. Das halte ich für inakzeptabel. 

Die Praxis von Förderungen, um die Sterne-Tester ins Land zu holen, ist nicht neu, sondern in manchen anderen Ländern Usus. 

Rosam: Wir kennen das aus Kroatien, Bulgarien und Slowenien, ja. Das sind aber kleine Länder, die man mit dem Tourismusland Österreich und unserer Gastronomie nicht vergleichen kann. Eher vergleiche ich Österreich in seiner touristischen Bedeutung mit der Schweiz, wo der Guide Michelin nie staatliche Förderungen bekommen würde. Immerhin entspringt er einem Milliardenkonzern. Das wurde schlecht verhandelt.  

Für Restaurantbetreiber und Hoteliers wird es teurer werden. Es wird beinhart abgeworben werden
Wolfgang Rosam

Was wurde aus Ihren Überlegungen, mit Klagen gegen dieses Vorgehen anzutreten?

Rosam: Wir haben uns betreffend der Zulässigkeit dieser Beihilfe für einen Marktteilnehmer innerhalb der EU juristisch erkundigt. Zu dieser außerordentlichen Tourismusförderung gibt es einen Parlamentsbeschluss, dem alle Parteien zugestimmt haben, damit haben sie sich gesetzlich abgesichert. Juristisch mag es in Ordnung sein, moralisch ist es das im fairen Wettbewerb nicht. Weder Falstaff noch Gault&Millau bekommen einen Cent Förderung für ihre Restaurantbewertungen und gedruckten Guides. Wir hätten die EU-Wettbewerbsbehörde bemühen können, dann hätten wir womöglich erreicht, dass der Guide Michelin nicht nach Österreich kommt und wären die Spielverderber mit dem Kainsmal auf der Stirn gewesen. Das war nicht unser Ziel. Wir wollen, dass der Guide Michelin nach Österreich kommt, nur die Bedingungen sind nicht akzeptabel. Zumal auf unsere jahrzehntelange Vorarbeit und die des Gault&Millau zurückgegriffen wird. Nun wird ein Milliardenkonzern mit garantierten 1,8 Millionen Euro binnen drei Jahren belohnt. Ich freue mich trotzdem, dass der Guide Michelin nach Östereich kommt, denn für die Köche ist er die weltweite Währung und für Östereichs internationale Wahrnehmung wichtig. Zudem ist jeder Wettbewerb positiv.

Auch in der Spitzengastronomie hat der wirtschaftliche Druck zugenommen. Selbst mit Sterne-Auszeichnung  braucht man, so ist zu hören, viel Geschick, um ein Restaurant rentabel führen zu können. Welche Beobachtungen machen Sie diesbezüglich?

Rosam: Das wirtschaftliche Problem der Auslastung sehe ich in der Spitzengastronomie nicht. Die Top-Restaurants sind alle ausgebucht. Auch in Paris habe ich das vor Kurzem erlebt: Mit einem Vorlauf von zwei Wochen war es nur in einem von zehn Drei-Sterne-Restaurants, im Le Gabriel, möglich, einen Tisch für zwei Personen zu bekommen. Die Spitzengastronomie hat kein Auslastungsproblem, aber ein Kostenproblem und ein Personalproblem, weil Wareneinsatz und die Personalkosten hoch sind. Ich finde die Spitzengastronomie in Österreich auch zu billig, wenn man sie mit internationalen Maßstäben vergleicht. In Paris kosten sieben Gänge 398 Euro, ein vergleichbares Abendessen in Österreich liegt bei 180 Euro. Wir essen in der heimischen Spitzengastronomie vergleichsweise günstig. Systemgastronomie, auch jene auf Top-Niveau wie Plachutta oder Fabios, hat in meinen Augen auch kein wirtschaftliches Problem. Betroffen sind eher mittelständische Gastronomiebetriebe, vor allem jene in nicht zentraler Lage.

Ich hoffe für die Gastronomie, dass dies mit mehr Umsatz und höheren Preisen auszugleichen ist, damit alle zufrieden sind. Aber man muss schon Licht und Schatten, beides, sehen.
Wolfgang Rosam

Was kann der Guide Michelin diesbezüglich für die Branche verändern?

Rosam: Natürlich ist er ein Turbo, vor allem für neue Betriebe, da genügt schon ein Stern. Drei Sterne andererseits bedeuten wahnsinnig großen Stress. Der Einzige in Wien mit drei Sternen, Juan Amador, ist immer ausgebucht und hat zu 90 Prozent internationales Publikum. 

International scheint eine Beheimatung in Hotels für die Spitzengastronomie immer wichtiger. Wie beurteilen Sie diesen Trend?

Rosam: Natürlich ist das international längst Usus, weil sich daraus die Möglichkeit einer Mischkalkulation mit den Zimmerpreisen ergibt. Acht von zehn Drei-Sterne-Restaurants in Paris sind in Hotels angesiedelt. Die Tendenz gibt es auch in Wien, zum Beispiel im Boutique-Luxushotel The Amauris mit dem ausgezeichneten Restaurant Glasswing, mit Sicherheit auch ein Sterne-ambitioniertes Lokal. In Wien ist diese Entwicklung im Entstehen, in den ländlichen Tourismusgebieten wie am Arlberg in Lech sind bereits fast alle Spitzenrestaurants in Hotels, anders wäre es schwer machbar.

Was erwarten Sie langfristig für Österreichs Gastronomie? Welche Auswirkungen werden Sterne-Bewertungen auf die Branche haben?

Rosam: Der bestehende Personalmangel im Service und in der Küche wird dadurch sicher nicht gelöst, sondern hochgeschraubt. Wenn ein Koch oder eine Köchin einen oder mehrere Sterne bekommt, wird er oder sie für das Unternehmen teurer. Ganz schnell werden Angebote, auch aus dem Ausland, kommen. Es wird beinhart abgeworben. Der Hotelier oder Restaurantbesitzer hat dann eine Spitzenkraft mit zwei Sternen verloren. Bei aller Freude ist das natürlich auch eine Hypothek und ein zusätzlicher Stress für Restaurantbetreiber und Hoteliers.

Hat es auch positive Folgen, wenn Bewegung in den Markt kommt?

Rosam: Das liegt im Auge des Betrachters. Natürlich ist es auch positiv, aber für Hoteliers und Restaurantbetreiber wird es auch teurer, das garantiere ich. Gleichzeitig hoffe ich für die Gastronomie, dass dies mit mehr Umsatz und höheren Preisen auszugleichen ist, damit alle zufrieden sind. Aber man muss schon Licht und Schatten, beides, sehen

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