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Taiwan: Von unberührter Natur bis zur Millionenstadt Taipeh

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Taipei Skyline, Taiwan

Taipei Skyline

©IMAGO / Panthermedia
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Bei Taiwan denkt jeder gleich an den bedrohlichen Konflikt mit China. Das ist schade. Denn die von westlichen Touristen noch unentdeckte Insel hat viel zu bieten: die moderne Hauptstadt Taipeh, einzigartige Natur, alte Kulturschätze und eine überaus gastfreundliche Bevölkerung.

Wenn es dunkel wird in Taipeh, beginnt die Zeit des Genusses. Die Händler rollen ihre Garküchen an den Platz und beginnen, frische Lebensmittel zu schneiden, zu frittieren und zu grillen. Ein exotischer Geruch überzieht die Gassen und immer mehr Menschen strömen herbei, um einem der beliebtesten Hobbys der Taiwanesen zu frönen: dem Essen.

Die Gassen der Nachtmärkte sind schmal und schon kurz nach dem Öffnen der Märkte voll. Sehr voll, genau genommen, doch nie unangenehm voll. Es gibt kein Gedränge oder Geschubse. Wer sich an einem der Stände etwas kaufen möchte, stellt sich an und wartet geduldig - zehn, 20 und bei den beliebtesten Garküchen sogar bis zu 45 Minuten. Besonders groß ist der Andrang bei jenen Ständen, die unlängst in einer der zahlreichen und äußerst beliebten Kochshows des Landes vorgekommen sind.

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Taiwan ist Asiens Vorreiter in Sachen Rechte für Homosexuelle. 2019 wurde hier die Ehe für alle eingeführt

 © Shutterstock.com

Die Auswahl an Speisen hier ist riesig: unterschiedlichstes gegrilltes oder frittiertes Fleisch, Meeresfrüchte, Pilze, Gemüse, Austernomelette, Früchte und Bubble Tea - jenes Getränk aus gesüßtem Grün- oder Schwarztee mit Milch und Perlen aus Tapioka, das in den 1980ern in Taiwan erfunden wurde.

Es macht Spaß, sich durchzukosten, durch die Gassen treiben zu lassen und in das quirlige Leben der Stadt einzutauchen. Einzig der Geruch des "stinkenden Tofus", der in einer Gewürzlake mehrere Monate fermentiert und anschließend frittiert wird, ist gewöhnungsbedürftig.

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Gegrilltes und Greifautomaten

Der älteste und gleichzeitig einer der beliebtesten Nachtmärkte ist der Shilin Night Market. Der Huaxi Street Night Market wiederum ist bekannt dafür, dass hier Schlangenfleisch und -blut angeboten werden. Ruhiger geht es hingegen am Ningxia Night Market zu, der kleiner und überschaubarer ist.

Doch egal auf welchem Markt, es gibt nicht ausschließlich Essen. In den Massagesalons werden entspannende Fußreflexzonen- und Nackenmassagen angeboten, kleine Modegeschäfte laden zum Stöbern ein. Zahlreich vorhanden sind auch die grell beleuchteten und laut beschallten Hallen mit Greifautomaten, die sich großer Beliebtheit erfreuen. Ein Versuch kostet zehn taiwanesische Dollar (rund 30 Cent). Zu gewinnen gibt es Nützliches (Taschentücher und Instantnudeln), Spielsachen (Stofftiere und Schlüsselanhänger) genauso wie iPhones und Airpods. Die Erfolgsquote hängt dabei vom Wert des möglichen Gewinns ab.

Die Nachtmärkte sind - so wie die gesamte Stadt - extrem sauber. Vielleicht liegt es daran, dass die Müllabfuhr an fünf Tagen pro Woche den Mist abholt. Dabei fährt das Müllauto laute, klassische Musik abspielend durch die Straßen. Die Menschen laufen dann mit ihren Mistsäcken herbei, um sie auf den Wagen zu werfen. Vielleicht sind es aber auch die hohen Strafen und die flächendeckende Videoüberwachung der Stadt, die davon abhalten, Müll einfach auf den Boden zu werfen.

Die Garküchen sind natürlich nicht die einzige Möglichkeit, sich in der Stadt zu verköstigen. Die unzähligen kleinen Lokale sind zwar von außen oft unscheinbar, doch innen modern und gemütlich. Oft sind sie auf eine Speise, wie Beef-Noodles, Hot Pot oder Ente, spezialisiert, die dann in Perfektion zubereitet wird. Kein Wunder also, dass die Küche Taiwans zu den besten der Welt gezählt wird.

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Im Yehliu Geopark im Norden Taiwans sind beeindruckende Steinformationen zu sehen. Die durch Erosion entstandenen "Candle Rocks" ähneln einem Teelicht

 © Shutterstock.com

Taipehs Teehäuser

Taipeh ist eine grell beleuchtete und betriebsame Stadt, die von Mopeds dominiert wird. Für die Fahrer der rund 20 Millionen Roller auf der Insel wurden mittlerweile sogar eigene Spuren eingerichtet, sodass sie sich nicht mehr hupend und gefährlich durch die stehenden Autokolonnen durchschlängeln müssen.

Taipeh ist aber genauso eine grüne, weitläufige und hügelige Stadt. Das wird bei einer Fahrt mit der Gondel auf den Maokong deutlich. Es ist keine Seilbahnfahrt wie in Österreich, die gerade auf einen Berg hinauf- und wieder hinunterführt. Die Maokong-Seilbahn führt vielmehr über 4,3 Kilometer bergauf und bergab, mit einer Kurve und Aussteigemöglichkeiten beim Zoo sowie beim Zhinan-Tempel, mitten ins ehemals größte Teeanbaugebiet Taipehs. Heute ist es vor allem Erholungsgebiet mit zahlreichen Teehäusern mit wunderschöner Aussicht auf die Großstadt.

Eine Besonderheit sind die Glasbodengondeln. Sie bieten während der Fahrt einen einzigartigen Blick von oben auf den darunter liegenden dichten Wald.

Der naturbelassene Osten Taiwans

Zwei Drittel der Gesamtfläche Taiwans sind von bewaldeten Bergen bedeckt. 100 Gipfel davon sind höher als 3.000 Meter. Der Yushan, der Jadeberg, ragt sogar 3.952 Meter empor.

Vor allem der naturbelassene und nicht so dicht besiedelte Osten der Insel ist von dieser gebirgigen Landschaft geprägt. Hier gibt es nur wenige größere Städte, sodass es kaum vorstellbar ist, dass auf der gerade einmal 36.200 Quadratkilometer umfassenden Insel mehr als 23 Millionen Menschen leben.

Im Osten nahe der Stadt Hualien liegt auch der Taroko-Nationalpark, eine der beliebtesten Sehenswürdigkeiten Taiwans.

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Die Taroko-Schlucht mit ihren Wänden aus Marmor zählt zu den beliebtesten Sehenswürdigkeiten Taiwans

 © iStockphoto.com

Der türkisblaue Liwu-Fluss schnitt eine beeindruckende Schlucht in die Marmorfelswände. Zahlreiche Pfade und Hängebrücken führen durch den Nationalpark. Auf einigen der Wege herrscht Helmpflicht, da es immer wieder zu Steinschlägen kommt. All diese Routen sind gut ausgebaut, aber stark frequentiert.

Taiwans Ureinwohner

Namensgeber der Taroko-Schlucht sind die Truku, einer jener indigenen Stämme, die Taiwan schon vor Tausenden Jahren besiedelten. Lange wurden die indigenen Völker der Insel diskriminiert und unterdrückt. Erst in den 1980ern, als Taiwan sich von einer Diktatur in eine Demokratie verwandelte, erhielten die Ureinwohner zunehmend Rechte.

Heute sind 16 indigene Stämme, der rund 2,4 Prozent der Gesamtbevölkerung Taiwans angehören, offiziell anerkannt. Sie leben meist in kleinen Dörfern, die Arbeitslosigkeit unter ihnen ist nach wie vor höher als unter der restlichen Bevölkerung. Doch mittlerweile ist es möglich, tiefer in ihre traditionelle Lebensweise einzutauchen. So gibt es von Indigenen geführte Gästehäuser zum Übernachten und Restaurants, wie das Dageeli Tribe Restaurant nahe dem Ausgang der Taroko-Schlucht. Hier wird Kunsthandwerk gefertigt und es werden typische Speisen serviert.

Zu den Spezialitäten zählen gebratene Wildschweinhaxe und Bambusreis-Klebreis, der in einem mit Bananenblättern verschlossenem Bambusrohr gegart wird. Auf diese Weise konnten ihn die Ureinwohner als fertige Nahrung mit auf die Jagd nehmen. Zum Öffnen wird das Bambusrohr dann so lange fest gegen einen Stein geschlagen, bis es in zwei Teile bricht.

Bewegte Geschichte Taiwans

Die Geschichte Taiwans ist komplex und vielschichtig. Zunächst von Ureinwohnern besiedelt, im 16. Jahrhundert von Portugiesen und Niederländern kolonialisiert, kam die Insel Ende des 17. Jahrhunderts unter die Kontrolle des chinesischen Festlands.

1895, nach der Niederlage im ersten chinesisch-japanischen Krieg, musste China die Insel an Japan abtreten. Diese Herrschaft endete wiederum mit Japans Niederlage im Zweiten Weltkrieg.

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Mit über 670.000 Werken beherbergt das National Palace Museum die größte und wertvollste Sammlung chinesischer Kunstschätze der vergangenen 5.000 Jahre. 15.000 davon sind öffentlich auf mehreren Ebenen ausgestellt

 © Shutterstock.com

Später tobte auf dem chinesischen Festland ein Bürgerkrieg, der 1949 mit dem Sieg der Kommunisten über die herrschende Kuomintang und der Gründung der Volksrepublik China endete. Der Führer der Kuomintang, Chiang Kai-shek, floh daraufhin mit zwei Millionen Chinesen vom Festland nach Taiwan und errichtete dort seine eigene Diktatur. Dabei brachte er jene wertvollen Kunstschätze mit, die heute im eindrucksvollen National Palace Museum auf mehreren Ebenen besichtigt werden können.

Marktführer bei Nanochips

In den vergangenen Jahrzehnten entwickelte sich Taiwan zu einer der politisch stabilsten Demokratien Asiens. Seither schwelt allerdings auch der Konflikt zwischen der Volksrepublik China und Taiwan, der sich gerade in den vergangenen Monaten weiter verschärfte.

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Der Bergort Jiufen wuchs während des Goldrauschs in der Zeit, in der Taiwan unter japanischer Herrschaft stand, rasch. Als das Bergwerk 1971 geschlossen wurde, verlor Jiufen an Bedeutung. Heute ist es mit seiner historischen Straße ein beliebtes Ausflugsziel

 © iStockphoto.com

Doch selbst an Tagen, an denen das chinesische Militär seine Stärke vor den Küsten Taiwans mit Kriegsschiffen und Kampffl ugzeugen demonstriert, ist davon auf der Insel selbst kaum etwas zu bemerken. Und obwohl niemand einen Angriff ausschließt, Angst, so wird beteuert, hätte hier kaum jemand. Das liege vor allem an der Elektronikindustrie. Schließlich wird jeder zweite weltweit verbaute Mikrochip in Taiwan produziert. Von den High-End-Chips stellt der taiwanesische Hersteller TSMC sogar 92 Prozent des globalen Bedarfs her. Sollte es zu einem Ausfall der Produktion durch einen Krieg kommen, hätte dies gravierende Folgen für die Weltwirtschaft, lautet die Argumentation.

So läuft das Leben in Taiwan weiter wie immer. Und sobald es dunkel wird, strömen Tausende auf die Nachtmärkte, um sich bei den beliebtesten Garküchen geduldig anzustellen und gemeinsam zu essen.

Tipps für den Taiwan-Aufenthalt

Unkompliziert und freundlich. Taiwan ist von Österreich aus leicht zu erreichen. Mit Eva Air und China Airlines fliegen gleich zwei Fluglinien mehrmals wöchentlich von Wien nach Taipeh. Visum ist keines erforderlich. Für eine Rundreise mindestens zwei Wochen einplanen. Die beste Reisezeit ist Frühling und Herbst.

Englischsprachiger Guide. Taiwan ist ein Land mit äußerst niedriger Kriminalitätsrate und durchaus individuell bereisbar. Wer einen besseren Einblick bekommen möchte, sollte sich einen Guide nehmen. Die taiwanesische Agentur Topology stellt Privatreisen mit englischsprachigem Guide nach den Wünschen der Reisenden zusammen.

Übernachten. Das Shangri-La Far Eastern in Taipei verfügt über einen Rooftop-Pool und Zimmer mit Aussicht auf den Taipei 101. Einzigartig ist die Lage des Silks Place Taroko Mitten in der Schlucht. Auch hier gibt es einen Pool sowie mehrere Whirlpools mit unterschiedlichen Temperaturen mit Blick in die Schlucht und auf die Berge.

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 © Christine Lugmayr

Mein Tipp. Entspannter als auf Taipehs Nachtmärkten geht es auf dem Dongdamen Night Market in Hualien an der Ostküste Taiwans zu. Rund 400 Händler bieten hier ihre Speisen und Waren an

Dieser Beitrag erschien ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 16/2023.

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