Einfach von Wien aus zu erreichen und mit zahlreichen architektonischen Highlights ist eine Reise nach Brünn eine entspannte Alternative zu Prag.
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Entspannte Alternative zu Prag
Die zweitgrößte Stadt Tschechiens, zu Beginn des 20. Jahrhunderts auch als Vorstadt Wiens bezeichnet, ist ein Geheimtipp: Mit weniger mittelalterlichen Sehenswürdigkeiten als Prag erinnert sie architektonisch an das Ringstraßen-Wien und ist zugleich jung – rund ein Viertel der 400.000 Einwohner sind Studierende –, modern und chic, aber auch kulturaffin und traditionell.
Im Vergleich zur goldenen Stadt ist Brünn vor allem wesentlich entspannter und nicht von Touristen überlaufen. Markante klassische Sehenswürdigkeiten sind etwa der Krautmarkt im Zentrum mit seinem barocken Parnass-Brunnen von Johann Bernhard Fischer von Erlach, das aus dem 13. Jahrhundert stammende Alte Rathaus mit dem Portal von Baumeister Anton Pilgram, die St.-Peter-und-Paul-Kathedrale auf dem Petrov-Hügel oder die über der City thronende Burg Spielberg.
Wo Klassik auf Moderne trifft
Der lebhafteste Brünner Platz ist der Náměstí Svobody (Freiheitsplatz) mit zahlreichen Lokalen und interessanten Gebäuden wie dem Haus der Herren von Leipa im Renaissancestil, dem Palais Klein mit markanten gusseisernen Erkern, dem Haus der Vier Bengel, das vier Riesen auf ihren Schultern zu tragen scheinen, oder der funktionalistischen Fassade der Mährischen Bank.
Auffällig ist auch die sogenannte Zeitmaschine, ein Menhir aus schwarzem Granit, aus dem täglich um elf Uhr eine Glaskugel rollt. Das Kunstgewerbemuseum der Mährischen Galerie unterhalb der Burg Spielberg wiederum fungiert als Schaufenster tschechischen Designs.
Unterirdische Welten
Spannend geht es in Brünn auch unter der Erde zu: z. B. im Labyrinth unter dem Krautmarkt oder in den drei ehemaligen Brünner Wasserspeichern „Žlutý kopec“ aus den Jahren 1874, 1894 und 1917. Die drei gigantischen unterirdischen Hallen stehen unter Denkmalschutz und sind zur Gänze erst seit März 2024 zugänglich. Optik und Echo in den Tanks sind unglaublich. Eine schaurige Attraktion ist das zweitgrößte Beinhaus Europas unter der St.-Jakobs-Kirche.
Architektonische Highlights
Das architektonische Glanzlicht Brünns ist die in die Unesco-Weltkulturerbe-Liste aufgenommene Villa Tugendhat. Das funktionalistische Gebäude des Textilindustriellen-Ehepaars Grete und Fritz Tugendhat wurde 1929 bis 1930 vom weltberühmten Architekten Mies van der Rohe entworfen. Erstmalig in der damaligen tschechoslowakischen Architektur wurde in einem Privathaus eine tragende Stahlkonstruktion verwendet, die von Stahlpfeilern mit einem Kreuzgrundriss getragen wurde.
Das Innere ist aus Materialien wie Onyx aus Nordmarokko, italienischem Travertin oder südostasiatischen Holzfurnieren wie Palisander, Zebrano und Makassar-Ebenholz gestaltet. Absolut einzigartig für die damalige Zeit war die technische Ausstattung: Maschinenraum, Warmluftheizung, elektrisch versenkbare Frontfenster und Küchenaufzug. Die Kosten des 1.250 Quadratmeter großen Hauses waren enorm. Eine Dauerausstellung informiert über Architekten, Bauherren und das Leben der jüdischen Familie bis 1938, als sie sich entschloss, das Land zu verlassen – lange konnte sie sich ihrer Villa nicht erfreuen.
Sehenswert ist auch die angrenzende, 1903 vom Fabrikanten Moritz Fuhrmann mit dem Architekten Alexander Neumann erbaute, Villa Löw-Beer, die der Unternehmer (und Vater von Grete Tugendhat) Alfred Löw-Beer 1913 kaufte. Ebenso wie die 1862 vom Brünner Architekten Josef Arnold errichtete Villa Arnold. Sie ist die zweitälteste Villa in dem Viertel, das ab den Sechzigerjahren des 19. Jahrhunderts an den Hängen von Brünn-Schwarzfeld entstand.
Reichlich Komfort und Kulinarik
Als Unterkunft empfiehlt sich das beim Bahnhof am Zugang zur Altstadt strategisch günstig gelegene Grandhotel Brno, in dem einst schon Kaiser Franz Joseph I. oder der Erfinder Thomas Alva Edison nächtigten und das gediegenen Komfort zu einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis bietet. Kulinarisch spielt Brünn alle Stücke – von traditionell im U Caipla bis zu trendy im Element, im Kohout na Víně, im Atelier oder im Skøg.