Na bitte. Geht doch. Spätestens dann, wenn sich die ersten Schneeflocken ankündigen, kommt Bewegung in dieses Land - und zur Abwechslung geht es aktuell nicht um Sitzheizung bei den Sesselliften angesichts der Energiekrise (ja, solche "Probleme" haben wir auch), vielmehr kommt Bewegung in den Arbeitsmarkt. Ein bisschen zumindest. In der vom Arbeitskräftemangel geplagten Hotellerie und Gastronomie sollen nämlich Asylberechtigte aus Ostösterreich demnächst dabei helfen, die Personalnot in Salzburgs Wintersportorten zu lindern.
Zwei vom Salzburger Arbeitsmarktservice initiierte Jobbörsen bringen Interessenten und Hoteliers an einen Tisch. Bis zu 40 Interessenten sollen es beim Mini-Jobevent in dieser Woche sein. 26.000 Asylberechtigte wurden dafür in Wien angeschrieben. Zumindest ein paar Dutzend von ihnen, so hofft man, können gleich im neuen (im ersten?) Job loslegen. Es ist ein Minitropfen auf einen heißen Stein. Es ist ein Minischritt in die richtige Richtung. Es ist ein durchschaubarer Schritt. Jetzt, wo die Erkenntnis sickert, dass der Arbeitskräftemangel in der Tourismuswirtschaft sich zu einem handfesten Problem ausweitet, sollen es also "die anderen" richten.
Jene, denen man es bisher von verschiedenen Stellen eher schwer als leicht gemacht hat, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Wie etwa jenem Afghanen mit längst passablem Deutsch und einer gut sitzenden Lederhose auf einer Tiroler Almhütte, für den seine Chefin in der Vergangenheit regelmäßig bitten und betteln musste. Zuletzt, damit er bleiben kann, wenn seine Lehre demnächst abgeschlossen ist. Er darf vorerst bleiben. Fördern, vor allem aber fordern: Nur so kann es funktionieren. Doch diese Beispiele sind rar. Das Potenzial wird bei Weitem nicht ausgeschöpft. Statt das Thema konstruktiv und ja, auch pragmatisch und nüchtern anzugehen, wird seitens der Politik und mit Blick auf Umfragewerte nach wie vor lieber Anti-Ausländer-Stimmung gemacht. Ein Zugang, der freilich auf Dauer und diesmal mit Blick auf die demografische Entwicklung und den Fachkräftemangel auf wackeligen Beinen steht.
Wohin die Reise geht, lässt sich nämlich derzeit in Deutschland beobachten, wo man schon jetzt und stärker als die meisten anderen Länder in Europa unter einem Fachkräftemangel leidet. Längst warnen Wirtschaftsforscher, dass das Land angesichts der Babyboomer, die in Pension gehen, am Beginn einer dramatischen Entwicklung am Arbeitsmarkt steht. Von einer "Schicksalsfrage" spricht der Bundesarbeitsminister. Um den Umbruch auszugleichen, braucht Deutschland 400.000 bis 500.000 Menschen am Arbeitsmarkt. Jedes Jahr. Das Thema Zuwanderung ist -neben besserer Ausbildung, Vereinbarkeit von Familie und Job und Anreizen, länger als bis 67 zu arbeiten -ein Punkt unter vielen, die dabei diskutiert werden. In Wirklichkeit wird Zuwanderung den größten Teil der Arbeitskräftelücke füllen müssen. Folglich soll u. a. das Einwanderungsrecht angepasst werden, um die Voraussetzungen zu verbessern, dass auch Geflüchtete und Asylsuchende arbeiten können. Erste Gesetze könnten Anfang kommenden Jahres auf den Weg gebracht werden.
Auch das sind Minitropfen auf einen heißen Stein. Minischritte in die richtige Richtung sind es aber auch.
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