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Yoovidhya: Red Bulls thailändische Väter

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Chalerm Yoovidhya und seine Frau Daranee
©Bild: IMAGO / Thomas Melzer
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Der thailändische Pharmaunternehmer Chaleo Yoovidhya erfand die Red Bull-Mixtur. Seine Familie, allen voran Sohn Chalerm Yoovidhya, ist Mehrheitseigentümer und entscheidet über die Zukunft von Red Bull.

Es war eine Geste besonderer Wertschätzung seitens des thailändischen Königshauses. Im Jahr 2012 ließ Prinzessin Soamsawali der Familie Yoovidhya königliches Wasser zukommen. Bei der Beerdigung von Clanchef Chaleo Yoovidhya diente es nach thai-buddhistischem Ritual zur wohlspendenden Begleitung der guten Gedanken nach dem Tod des Körpers. Es sind doch die Gedanken und deren Folgen, die dem buddhistischen Glauben nach ewig bleiben und zählen.

Die königliche Anekdote erzählt mehr als nur vom Respekt für das wirtschaftliche Lebenswerk des damals als drittreichster Thailänder verstorbenen 88-Jährigen. Chaleo Yoovidhya war neben seinem Unternehmertum, das seine Erben laut Forbes 2013 knapp acht Milliarden Dollar schwer machte, vor allem als hingebungsvoller Buddhist bekannt. In seinem Heimatdorf in der thailändischen Provinz Phichit rund 400 Kilometer nördlich von Bangkok wird er laut lokalen Zeitungsberichten noch heute der „bescheidene Milliardär“ genannt.

Gern wird dort die Geschichte erzählt, wie der Erfinder des Red-Bull-Extrakts von einem unerfahrenen Security am Betreten des Firmengeländes am Rande Bangkoks gehindert wurde. Der Neuling hatte wenig Chance in dem ärmlich gekleideten Mann, der auf einem klapprigen Fahrrad daherkam, den thailändischen Chef des Milliardenunternehmens zu erkennen. Tochter Suthirat Yoovidhya, 59, heute Managing Director im Familienunternehmen T.C. Pharmaceutical Industries, beschrieb den Vater in der „Bangkok Post“ einst übereinstimmend: „Er liebt das einfache Leben. Er trägt keinen Schmuck, keine Ringe und zeigt kein Zeichen von Reichtum. Er trägt nur eine alte Uhr. Er kauft nie Kleidung und trägt nicht gerne Geld bei sich.“

Erfolg schon vor Red Bull

Auch die Nachfahren leben zwar gut, würden aber nicht damit angeben, wird Yupana Wiwattanakantang, außerordentliche Professorin an der Business School der National University of Singapore zitiert. „Yoovidhya gab den Ton an, indem er bescheiden war“, sagt Wiwattanakantang.

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Der Patriarch, der als drittes von fünf Kindern auf einer Entenfarm im Dorf Baan Khao Chang aufwuchs, soll seine Freizeit bis zuletzt gerne dort verbracht haben. In den drei Jahrzehnten an der Spitze seines Unternehmens T.C. Pharmaceutical gab der Milliardär laut der thailändischen Tageszeitung „The Nation“ nie ein Interview.

Chaleo Yoovidhya war zehn Jahre alt, als er die Schule verließ, um den Eltern zur Hand zu gehen und verließ die Familie später, um in Bangkok ein besseres Leben zu suchen. Er arbeitete als Vertreter für Pharmafirmen, die das Antibiotikum Aureomycin vertrieben, und gründete mit dem erworbenen Know-how seine eigene Firma, TC-Mycin Limited Partnership. Mit dem Unternehmen importierte er vorerst Medikamente aus dem Ausland und begann später preiswertere Antibiotika unter dem Markennamen TC-Mycin herzustellen.

Im Alter von 23 Jahren gründete er die Distributionsfirma T.C. Pharmaceutical Industries. Knapp 20 Jahre später erfand er 1975 den Energydrink Krating Daeng, nachdem ihm die starke Nachfrage nach leistungssteigernden Getränken vor allem bei Arbeitern und Bus- und Taxifahrern aufgefallen war. Die „Bangkok Post“ beschreibt seinen rasanten Aufstieg, im Zuge dessen er binnen eines Jahres zur Nummer zwei am Energydrinks- Markt hinter dem japanischen Erzeugnis Lipovitan wurde: „Die Positionierung seines Produkts als billiges Getränk für arme Arbeiter gepaart mit vielen Gratisproben und aggressivem Marketing war sein Erfolgsgeheimnis.“

1982 traf Chaleo Yoovidhya Dietrich Mateschitz, der Krating Daeng als Red Bull für den Rest der Welt erstehen ließ und ein globales Milliardenimperium schuf. Der Rest ist jene Geschichte, in der 49 Prozent des Unternehmens Red Bull der Distribution & Marketing GmbH im Besitz des verstorbenen Dietrich Mateschitz gehörten, weiter 49 Prozent über die Holding TC Agro Trading mit Sitz in Hongkong der Familie Yoovidhya, sowie entscheidende zwei Prozent Chaleo Yoovidhyas Sohn, Chalerm Yoovidhya.

Der neue Clan-Chef

Als Chef von TC Agro Trading und Inhaber der entscheidenden zwei Prozent gilt Chalerm Yoovidhya nun als wichtige Größe für die Zukunft von Red Bull. Laut Forbes beträgt das Familienvermögen fast 27 Milliarden Dollar, was den Clan – Chalerm hat elf Geschwister – aktuell zur zweitreichsten Familie Thailands macht.

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Chalerm Yoovidhya

 © imago images/Motorsport Images

Das 72-jährige Familienoberhaupt Chalerm Yoovidhya ist außerdem mit seiner Firma Cavallino Motors offizieller Ferrari-Importeur des Landes, gilt als Immobilien-Tycoon, betreibt Luxushotels, Restaurants und mit Siam Winery ein potentes Spirituosenunternehmen.

Nicht erst seit dem Skandal um seinen Sohn Vorayuth gelten Chalerm und seine Frau Daranee Yoovidhya als überaus öffentlichkeitsscheu. Nach einem Verkehrsdelikt, das 2012 einen Polizisten als Todesopfer forderte, entzog sich Vorayuth den Behörden. Eine Anklage wurde mehrmals geändert und soll 2027 verjähren.

Chalerm Yoovidhya, der nach einem längeren Aufenthalt in Großbritannien in Bangkok wohnt, gab wie sein medienscheuer Vater selbst in lokalen Medien nie längere Interviews.

Der ambitionierte Bruder

Ambitionierter und deutlicher in seinem Ehrgeiz gibt sich Chalerms jüngerer Bruder Saravoot Yoovidhya. Als CEO des Familienunternehmens T.C. Pharmaceutical Industries mit Firmensitz in Bangkok verantwortet er den asiatischen Getränkemarkt. In der Firma haben weitere vier Geschwister – Suthirat, Nucharee, Jiravat und Pranadda Yoovidhya – Leitungsfunktionen.

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Saravoot Yoovidhya verantwortet als CEO der T.C. Pharmaceutical ndustries das Asiengeschäft. Bis 2024 plant er ein Wachstum auf 2,4 Milliarden Jahresumsatz

 © IMAGO/PanoramiC

Das Unternehmen nannte erst im August ehrgeizige Wachstumspläne. Mit Plänen für Investitionen in Höhe von 340 Millionen Dollar in Thailand und im Ausland will Saravoot Yoovidhya den Jahresumsatz innerhalb von T.C. Pharmaceutical Industries binnen drei Jahren auf 2,4 Milliarden verdoppeln. Zu den insgesamt 13 Märkten, in die der Food & Beverageriese vertreibt, zählt auch China. Nach Beilegung eines jahrelangen Rechtestreits entsteht dort aktuell eine gigantische Fabrik zur Herstellung von Red Bull.

Die „Bangkok Post“ berichtet vom Bau eines Firmensitzes, der in China jährlich über 1,4 Milliarden Dosen abfüllen soll. Auf der Webseite von T.C. Pharmaceutical Industries liest sich das Ziel so: „Mit dem neuen Ziel „Energizing a Better World for All“ möchte die TCP Group einen positiven Einfluss auf die Welt für alle Menschen haben. Im Rahmen dieses neuen Ziels werden die drei Schlüsselstrategien ,Erfüllen, Wachsen, Fürsorge‘ in allen Märkten einheitlich umgesetzt, um dieses neue Ziel mit Leben zu erfüllen.“

Ein Mindset der Gründer

Im Dorf des Gründers des Milliardenunternehmens bleibt das alte Leben vorherrschend. Jenes, in dem man vom „bescheidenen Milliardär“ spricht. Man hat ihn in guter Erinnerung, denn er war da, als man ihn brauchte. Der thailändische Red-Bull-Gründervater Chaleo Yoovidhya ließ dort einen buddhistischen Tempel errichten. Nach einer großen Überschwemmung im Jahr 2011 sorgte er dafür, dass beschädigte Häuser wieder neu aufgebaut wurden. Von Stipendien, die er für einheimische Kinder stiftete, ist in lokalen Medien zu lesen und von Arbeitsplätzen, die er für Generationen von Dorfbewohnern in seinen Red-Bull-Fabriken schuf.

„Er war vom Glück gesegnet, weil er zu teilen wusste“, wird ein Dorfbewohner zitiert. Auch seine Nachfahren würden regelmäßig spenden, auch wenn man sie selten zu Gesicht bekäme, berichtete die britische Presse anlässlich des Todes des Familienoberhauptes 2012. Beim Lokalaugenschein im Heimatdorf erzählte man der „Daily Mail“ von Paketen mit lebenswichtigen Dingen, die die Familie Yoovidhya während der Überschwemmung an jede Familie im Dorf verteilt hatte. Sie enthielt eine Taschenlampe, Reis, Lebensmittelkonserven und medizinische Hilfsmittel.

Es sind Geschichten, die in thailändischen Zeitungen nicht den Weg in die Schlagzeilen gefunden hatten. Und es drängt sich der Gedanke einer Ähnlichkeiten im Mindset der Urväter auf, die Red Bull zum Erfolg führen sollten.

Es war im Jahr 2014, als Didi Mateschitz im Interview mit der APA sagte: „Beliebtheitswerte sind nebensächlich. Uns geht es bei allem, was wir tun, um die Sinnhaftigkeit, auch wenn sie sich vielleicht erst im Nachhinein bestätigt.“

Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 43/2022 erschienen.

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