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Thomas Brezina: Ein Liebesroman aus dem Leben

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©Bild: Ricardo Herrgott
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Seine ungewöhnliche Liebesgeschichte mit Ehemann Ivo inspirierte Thomas Brezina zum Roman "Liebesbrief an Unbekannt". Wie das Glück gelingt, hat er News erklärt.

Am Anfang war die Krise. Eine große Einsamkeit nach dem traurigen Ende einer 19 Jahre währenden Liebe zu einem Mann, der Partner, Freund und Verbündeter war. Über 40 Millionen verkaufte Bücher helfen da auch kaum weiter. Doch Bestsellerautor Thomas Brezina ist keiner, der aufgibt. An Krisen wachsen, lernen, weitergehen ist sein Lebensmotto. Immer wieder fand der 56-Jährige auf seinem Weg dadurch Menschen, die ihn in schweren Zeiten weiterbrachten.

So war es auch diesmal: Freunde rieten ihm, Briefe an einen fiktiven Partner der Zukunft zu schreiben. Dem Traumpartner der Zukunft vom Alltag berichten, Gedanken mit ihm teilen, Schönes und Anstrengendes berichten, so als wäre er da, war die Aufgabe. Brezinas Offenheit für Neues und sein unbändiger Wille zum freudigen Leben halfen ihm: Er versuchte, was auf den ersten Blick absurd klingt. Und fand die Liebe seines Lebens, seinen Mann, Ivo. News hat er exklusiv einen der Briefe aus dieser Zeit überlassen.

Mit dem aus Holland stammenden Künstler Ivo Brezina- Belajic ist er mittlerweile seit 2016 verheiratet und teilt mit ihm das Leben zwischen Wien und London. Fast unwirklich erscheint ihm heute, wenn er die alten Briefe liest, wie viele Details, die er sich damals ausmalte, mit Ivo wahr geworden sind. Deshalb gilt der Dank "für die wahrscheinlich schönste Zeit meines Lebens" in seinem neuen Buch auch ihm.

Brezina hat seine persönliche Erfahrung in seinem ersten Liebesroman, "Liebesbrief an Unbekannt", verarbeitet. Humorvoll und lebensnah beschreibt er darin die Geschichte der Österreicherin Emma, die das Leben in den englischen Küstenort Brighton spült, um sich von Pleiten in der Liebe und im Leben zu erholen. Um dem Traum vom Liebesglück näher zu kommen, beginnt sie - richtig -, Briefe an einen Unbekannten zu schreiben, und ein romantisches Verwirrspiel nimmt seinen Lauf. Warum der ungewöhnliche Liebestrick tatsächlich zum Ziel führt, erklärt Thomas Brezina im Gespräch in seinem Wiener Büro.

Herr Brezina, wie weit war der Weg zu Ihrem ersten Liebesroman?
Die Idee dazu trage ich schon seit Jahren in mir und sammle laufend Inspiration für Figuren. Die Figur Christkind haben wir erst spät bei einem Besuch mit meinem Manager in Brighton entdeckt: Da war dieser Mann mit Perücke, und wir wussten: Der muss ins Buch. Wenn ich schreibe, ziehe ich mich in London zurück und tue nichts außer schreiben, essen, hin und wieder spazieren gehen und drei-bis viermal täglich mit Ivo telefonieren. Da bin ich völlig vertieft in die Geschichte. Wenn ich fertig bin, ist es jedes Mal unendlich traurig, weil ich von den Figuren, die mir ans Herz gewachsen sind, Abschied nehmen muss.

Ist ein Liebesroman eine andere Herausforderung für Sie als Kinderbuch-Star?
Ich mache ja beides weiter, und der Kern bleibt gleich: Ich möchte Menschen mitberühren und ihnen etwas mitgeben, das ihr Leben schöner machen kann. Beim Schreiben stelle ich mir bei allen Büchern vor, dass ich Zuhörern eine Geschichte erzähle. Nur wenn sie gebannt hinhören, schreibe ich weiter. Komplizierte Sätze sind nicht wichtig, sondern die Bilder, die im Kopf entstehen. Ich finde, Lesen sollte nicht weh tun. Aber für Erwachsene zu schreiben, gibt mir natürlich inhaltlich Möglichkeiten, die ich genieße.

Man überlegt, wie sich das Leben mit dem Traumpartner anfühlen soll. Dann muss man vertrauen, dass das Richtige geschieht

Sie beschreiben in Ihrem ersten Liebesroman, "Liebesbrief an Unbekannt", wie man den Traummann durch Briefeschreiben findet. Sie haben Ihren Mann so kennengelernt. Warum funktioniert das?
Das liegt daran, dass wir und alles rund um uns Energie sind. Alles ist miteinander verbunden. In dem Moment, in dem ich beginne, jemandem zu schreiben, den ich mir in meinem Leben wünsche, wird mir klar, wie sich das Leben mit diesem Menschen anfühlen soll. Wenn ich das spüre, versetze ich meine Energie in eine positive Schwingung. Die strahle ich auch aus. Dazu muss man aber auch das Vertrauen haben, dass das Richtige geschehen wird.

Wie konkret darf man dann in seinen Vorstellungen vom Partner denn werden?
Man kann konkret werden, aber man darf nicht erwarten, dass es genauso kommt. Sich eine bestimmte Situation zu wünschen oder wie der Mensch sein soll, führt möglicherweise nicht zum Ziel. Es ist besser, sich zu überlegen, wie das Leben mit dem Partner aussehen soll. Dann muss man darauf vertrauen, dass sich der richtige Mensch für dieses beschriebene Gefühl findet. Denn das Gefühl ist es, das Menschen verbindet, die gemeinsame Schwingung und die gemeinsamen Werte. Wenn man das hat, können sich Interessen verändern, aber die gemeinsame Basis bleibt.

Ihre Protagonistin Emma bekommt den Rat: Die Liebe findet man, indem man sie nicht sucht. Stimmen Sie dem zu?
Eine krampfhafte Suche bringt nichts. Rausgehen sollte man aber schon, um dem Leben eine Chance zu geben. Wenn man im dunklen Zimmer wartet, wird der Märchenprinz nicht anklopfen.

Die Methode klingt anfangs leicht absurd. Haben Sie denn in der Zeit der Krise nach Ihrer Trennung sofort geglaubt, dass sie funktioniert?
Ich habe auch gezweifelt am Anfang. Aber mir ging es bald um etwas anderes als das schnelle Ergebnis. Schon das Aktivwerden hilft in einer Krise. Ich habe mich damals sehr einsam gefühlt, und davon zu träumen, wie es sein kann, hat mich beruhigt und getröstet. Natürlich habe ich wie Emma meine Gefühle in verschiedenste Männer, die ich kennengelernt habe, interpretiert: Der muss es sein. Passiert ist die Liebe erst in dem Moment, in dem ich nicht mehr gesucht habe.

Gibt es einen Zeitrahmen, in dem der "Brief-Trick" Erfolg hat?
Briefe soll man schreiben, solange es Spaß macht. Man kann auch wieder aufhören. Wichtig ist, für sich selbst das Beste zu tun. Wie Emma im Buch: Sie renoviert das Haus, wird offener und verzeihender. Ich habe es auch so gemacht: Mit 50 habe ich das Bedürfnis nach einer Veränderung gehabt. Ich wollte mir meinen Traum vom Leben am Meer erfüllen und bin nach Brighton gezogen. Dort war ich dreimal in der Woche schwimmen, habe mir gutes Essen gegönnt, Serien geschaut, die mir gefallen. Einfache Dinge. Nur wenn man sich selbst Gutes tut, strahlt man positive Schwingungen ins Leben aus. Und aus meiner Beobachtung sind erfolgreiche Beziehungen solche, in denen beide einander wollen, aber nicht brauchen.

Life ist trouble. Wenn man das akzeptiert, lebt es sich viel leichter

Sie haben sich in Brighton selbst gefunden, bevor Sie Ihren Mann gefunden haben?
Ja, ich habe zu einem anderen Lebensgefühl gefunden. Ivo habe ich ein halbes Jahr gekannt, bevor wir zusammengekommen sind. Wir haben uns wirklich gut verstanden, aber jeder hat vom anderen geglaubt, dass er nicht interessiert ist. Dann hat Ivo beschlossen, nach Yorkshire zu gehen und dort ein Bed-and-Breakfast-Hotel zu eröffnen. Ich war damals in einer Situation, in der ich blendend alleine zurechtkam. Kurz bevor er alles verkaufte, sagte Ivo: "Weißt du, einer der Gründe, warum ich wegziehe, ist, weil ich gehofft habe, einen neuen Partner zu finden, und das hat sich nicht erfüllt." Er war 16 Jahre verheiratet gewesen, und sein Partner war gestorben. "Mich hast du ja nie gefragt", habe ich darauf gesagt. Drei Tage später sind wir zusammengezogen.

Einer muss es ansprechen, das waren Sie.
Den Mut muss man haben. Jeder hat Angst vor Zurückweisung.

Die Angst muss man umarmen, sagen Sie in einem Ihrer Ratgeber. Wie klappt das?
Zwei Dinge: Man muss sich konkret fragen, worum es geht. Was fürchte ich, und was kann ich dagegen tun? Und man muss wissen, dass die Angst größer wird, wenn man sie ignoriert. Nur wenn man hinschaut, kann man sie schrumpfen. Das ist einfach, ich weiß. Ein Freund sagt oft: "Life is trouble." Wenn man das akzeptiert, lebt es sich viel leichter.

Und was braucht, es damit die Liebe gelingt?
Unendlich viel Geduld, Verständnis, und man muss besprechen: Was brauchst du, was brauchen wir, was brauche ich? Respekt, ein liebevoller Umgang, aber jedem seinen Weg. Meine Eltern waren so: Mein Vater hat, glaube ich, über vieles hinweggesehen, was ihn an meiner Mutter genervt hat. Dafür ist er jeden Samstag ins Kaffeehaus gegangen und hat Zeitungen gelesen. Für meine Mutter war das selbstverständlich. Und jede Beziehung ist Work in Progress, das muss einem bewusst sein, dass man wachsam bleiben sollte und im Gespräch.

Sie wirken stets fröhlich, dabei haben Sie eine schmerzhafte Trennung hinter sich, wie Sie im Klappentext zum Buch verraten. Das optimistische Leben ist aber schon Ihr Metier?
Deshalb kann ich ja so gut darüber schreiben, weil ich das Negative auch erlebt habe. Damit werde ich aber alleine fertig, und dann stelle ich bewusst das Positive in die Welt. Wenn ich etwas gelernt habe, dann rede ich darüber, das ist mein Prinzip, auch seit drei Jahren auf Facebook und Instagram. Ich will dem Gejammer dort etwas entgegensetzen.

Haben Sie ein Rezept gegen den Schmerz nach einem Scheitern?
Schmerz muss man zulassen. Wenn wir ihn vermeiden wollen, tut es doppelt weh. Das heißt nicht, dass man in Niedergeschlagenheit versinken soll. Man sollte sich eingestehen, dass es weh tut und dass das so sein darf: Schade, dass es so ist, ich habe es mir anders gewünscht. Dann kann ein heilender Prozess beginnen, das wirkt befreiend. Dann kann die nächste Frage kommen: Was will ich, dass jetzt geschieht? Was kann ich tun? Unsere Kraft liegt nur im Tun. Das kann aber auch bedeuten, einmal Ruhe zu geben.

Hilft es, sich diese Fragen laut zu stellen?
Das kann jeder handhaben, wie er möchte. Ich schreibe sie auf, ich führe auch Tagebuch. Das ist für mich wie Gespräche mit mir selbst.

Erfolgreiche Beziehungen sind solche, in denen beide einander wollen, aber nicht brauchen

Vor drei Jahren haben Sie zum ersten Mal öffentlich über Ihre Ehe gesprochen. Was hat damals den Ausschlag dazu gegeben?
Die Zeit war einfach reif. Ich habe eine Adoptivgroßmutter in Tirol, die 81 Jahre alt ist, sehr katholisch und konservativ, das meine ich im besten Sinn! Als sie erfahren hat, dass ich einen Mann als Partner habe, hat sie bei jedem Telefonat als Erstes gefragt: Wie geht es dem Ivo? Sie wollte mir zeigen, dass es okay ist. Da war mir klar: Wenn sie das kann, kann das jeder.

Hatten Sie noch Zweifel, in diesem Roman viel von Ihrer persönlichen Geschichte preiszugeben?
Ich gebe nur das von mir preis, von dem ich glaube, dass es jemand anderem hilfreich sein kann. Das ist die Regel.

Das tun Sie auch in Ihren Ratgebern. Warum ist Ihnen Helfen so wichtig?
Es geht mir darum weiterzugeben, was mir geholfen hat. Ich will keine Ratschläge erteilen, sondern erzählen, was ich gelernt habe.

Nicht jeder hat das Talent, Krisen als Chance zu begreifen. Wer oder was hat Ihren Weg zu dieser Einstellung geebnet?
Das war zum einen mein Vater, der immer Wege gesucht hat, das Leben für sich und andere positiv zu gestalten. Zum anderen gab es eine Zeit am Anfang meiner Schriftstellerlaufbahn, in der ich nach außen wahnsinnig erfolgreich war und im Inneren todunglücklich. Damals habe ich mich gefragt, wie das sein kann, und begonnen, mir und anderen Fragen zu stellen. Ich habe mir Menschen gesucht, von denen ich lernen kann, und gesehen, dass man etwas tun muss, um Freude am Leben zu haben. Das muss man lernen.

Warum waren Sie ausgerechnet im ersten beruflichen Hoch unglücklich?
Weil mit dem Erfolg zwar die begeisterten Kinder da waren, aber auch die Unsicherheit beim Blick in die Zukunft. Es gab auch heftige Kritiker, die meine Bücher schrecklich gefunden haben. Um in dieser Situation Stabilität zu finden, muss man etwas für sich tun.

Nach mehreren Ratgeberbüchern und Ihrem ersten Liebesroman: Welches bleibt Ihre wichtigste Lebenslehre?
Niemals aufgeben. Man kann sich immer fragen: Was kann mir in diesem Moment gerade Freude bereiten? Auch wenn es nur ein Funken Freude ist. Wir müssen uns selbst Freude bereiten, damit wir anderen Freude machen können. Das ist eine Wechselwirkung. Nicht falsch verstehen: Selbstlosigkeit ist wichtig, aber wir müssen zuerst auf uns selbst schauen. Ein indischer Arzt hat mir gesagt, wir sollen uns jeden Morgen fragen, was wir tun können, um uns so mit Freude anzufüllen, dass wir überfließen, um sie an andere zu verteilen.

Dieser Beitrag erschien ursprünglich im News 46/2019.

Begeistern und begleiten - nie belehren. Das ist das Motto von Thomas Brezinas Werk, das mittlerweile über 550 Kinderbücher und neuerdings auch Ratgeber und Romane für Erwachsene umfasst (u. a. "Blödsinn gibt's nicht. Wie wir Kinder fürs Leben begeistern","Tu es einfach und glaub daran"). Mit "Liebesbrief an Unbekannt"* (Edition a) schrieb er seinen ersten Liebesroman, der auf eigenen Erfahrungen basiert. Darin sucht Emma den Traummann, indem sie Briefe an einen fiktiven Partner schreibt. Und plötzlich liegt Antwort im Postkasten.

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