Speichel ist super! Wie wir darauf kommen? Na sehen Sie mal, was Speichel alles kann! Und was passiert, wenn mit dessen Produktion nicht alles im Lot ist. Wussten Sie übrigens, dass man Speichel auch käuflich erwerben kann? Für medizinische Zwecke, versteht sich. Dr. Reinhard Gruber, Universitätsprofessor für orale Biologie an der MedUni Wien, stand News.at Rede und Antwort für alle Fragen, die wir rund um die fantastische Körperflüssigkeit hatten.
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Speichel ist super, weil ...
... er desinfiziert.
Nicht umsonst haben wir, als wir Kinder waren, diverse von Unfällen auf dem Spielplatz geschundene Körperteile mit Speichel benetzt. Wirkt die Körperflüssigkeit doch antibakteriell, antiviral und, als wäre das noch nicht genug, auch noch gegen Pilzbefall. Speichel, so könnte man sagen, ist eine Art natürliches Desinfektionsmittel, das obendrein die Wundheilung fördert.
... er die Wundheilung fördert.
Grausam, aber im Dienste der Forschung: Experimente an Ratten haben gezeigt, dass bei jenen Tieren, bei denen die Speicheldrüsen chirurgisch ausgeschaltet wurden, Wunden langsamer heilen. Tatsache ist auch, dass beim Menschen Wunden im Mund nicht nur wesentlich schneller heilen als auf der Haut, sondern dass sich hier auch weniger Narbengewebe bildet.
... er schmerzstillend wirkt.
Und wussten Sie, dass Speichel auch schmerzstillend wirkt? Das liegt daran, dass er ein Endorphin, also ein körpereigenes Opioid, enthält.
... er die Zähne schützt.
Ohne Speichel wäre es um unsere Zähne schlecht bestellt. Er sorgt nämlich für ein ph-neutrales Milieu im Mund. Das wiederum ist für den Erhalt des Zahnschmelzes wichtig. Denn: Bei einem zu hohen Säuregehalt wird der Schmelz angegriffen. Apropos Schmelz: Nach dem Essen bitte eine halbe Stunde mit dem Zähneputzen warten. Vor allem saure Lebensmittel weichen den Zahnschmelz auf. Wird umgehend geputzt, wird ein Teil der Schutzschicht entfernt.
... er uns erst richtig schmecken lässt.
Erst mit dem Speichel werden die Geschmacksstoffe unserer Nahrung auf der Zunge verteilt, wo wiederum die Geschmacksrezeptoren sitzen. Zudem ist Speichel ist eine hypoosmolare Lösung, soll heißen, Speichel besitzt weniger gelöste Teilchen als diverse andere Nahrungsmittel. Man geht davon aus, dass durch besagte Hypoosmolarität die Geschmacksstoffe noch intensiver zur Geltung kommen.
... er uns beim Essen hilft.
Speichel enthält eine muköse Substanz, sprich: Schleimstoffe. Sie sorgen dafür, dass wir unser Essen gut beißen und schließlich auch schlucken können. Außerdem verringern Sie die Reibung im Mund. Auf diese Weise werden die Schleimhaut und das Gewebe vor etwaigen kantigen Bestandteilen im Essen geschützt. Oder anders herum: Stellen Sie sich mal vor, wie es wäre, ohne Einfluss von Speichel ein Keks essen zu müssen.
... er uns beim Verdauen hilft.
Speichel enthält Amylasen. Amylasen fallen in die Gruppe der Enzyme. Ihre Aufgabe besteht darin, eine gewisse Art von Kohlenhydraten, genauer gesagt Polysaccharide wie z.B. Stärke zu spalten und abzubauen. Mit der Produktion des Enzyms im Speichel beginnt beim Menschen die Kohlenhydratverdauung. Man könnte auch sagen, die Verdauung beginnt im Mund.
Wussten Sie, ...
... wie viel Speichel wir täglich produzieren?
Täglich produzieren wir 0,5 bis 0,7 Liter Speichel. Hier spricht man vom sogenannten Ruhespeichel. Dann gibt es noch den stimulierten Speichel: Hunger regt die Speichelproduktion zusätzlich an. Ebenso mechanische Reize, wie etwa der Geruch, der einem in die Nase steigt, wenn man an einer Backhendlstation vorbeigeht. Oder der Biss in eine Zitrone. Letztes erhöht dem Experten zufolge die Speichelproduktion übrigens ums Zehnfache.
... dass der Speichelfluss einen Tagesrhythmus hat?
Gott sei Dank! Denn sonst müssten wir unseren Polster wohl Morgen für Morgen in die Waschmaschine stecken. Wie nicht anders zu erwarten wird der Speichelfluss in der Nacht also reduziert. Daher ist das abendliche Zähneputzen auch so wichtig. Denn weniger Speichel in der Nacht bedeutet gleichzeitig weniger Schutz für die Zähne, wodurch wieder das Kariesrisiko steigt. "Die Bakterien beginnen, den Zucker abzubauen und Säuren zu bilden, die dann den Zahnschmelz auflösen", veranschaulicht Gruber. Am höchsten ist der Speichelfluss übrigens am Nachmittag.
... dass man zu viel Speichel produzieren kann?
Bei der sogenannten Hypersalivation produziert der Körper zu viel Speichel. Oder aber man ist nicht in der Lage, den Speichel zu schlucken. Beides führt zu vermehrtem Speichelfluss. In ersterem Fall kann man mit Botox Abhilfe schaffen. Durch Einspritzen des Nervengifts in die Speicheldrüse kann die übermäßige Speichelproduktion zurückgefahren werden.
... dass man zu wenig Speichel produzieren kann?
Von der Hyposalivation wiederum ist die Rede, wenn der Speichelfluss zu niedrig ist. Ursache können Krankheiten wie etwa Diabetes mellitus oder Aids sein. Ebenso können Medikamente die Speichelbildung beeinträchtigen. Es geht aber auch viel simpler. Vermutlich jeder, der schon mal vor einer großen Menge sprechen musste, kennt das Problem: Bei Nervosität fahren die Speicheldrüsen die Produktion herunter. Daher, erklärt der Experte, steht auch meist ein Glas Wasser auf dem Rednerpult. Was aber leider nur begrenzt hilft.
... was bei einem Mangel an Speichel passiert?
Nachdem nun klar ist, wofür alles wir Speichel brauchen, können Sie sich vielleicht vorstellen, was passiert, wenn der Körper zu wenig Speichel produziert. Am augenscheinlichsten sind wohl Probleme beim Sprechen, Kauen und Schlucken. Zudem wird die Mundschleimhaut leichter angegriffen. Immerhin fehlt es nun ja an der schützenden Schleimschicht. Das Infektionsrisiko steigt und damit die Wahrscheinlichkeit einer Entzündung der Mundhöhle. Dann wären da noch die Zähne, die auf den neutralisierenden Speichel angewiesen sind. Fehlt dieser, sind sie ein leichtes Opfer für Kariesbakterien.
... dass es Speichel zu kaufen gibt?
Was auf den ersten Blick halb so wild klingt, hat also weitreichende Folgen. So versucht man beispielsweise mit künstlichem Speichel Abhilfe zu schaffen. Die dem Speichel nachempfundene Flüssigkeit gibt es übrigens nicht nur zum Trinken, sondern auch in Sprayform.
Das spricht gegen häufiges Ausspucken
Was in China gang und gebe ist, ist für die anderen schlicht und ergreifend eine grausliche Unart. Die Rede ist vom mehr oder weniger intensiv betriebenen Ausspucken. Die Chinesen sind der Ansicht, häufiges Spucken hätte einen gesundheitlichen Mehrwert. Macht keinen Sinn, meint der Experte: "Das Schlucken des Speichels kann ja nicht schlecht sein. Sonst hätte die Evolution es anders geregelt." Zudem führt übermäßig häufiges Spucken zu einem nicht unbeträchtlichen Flüssigkeitsverlust, wie Gruber erklärt: "Wenn man den ganzen Speichel, den man generiert, ausspuckt, dann verliert man Hausnummer einen viertel, halben Liter Flüssigkeit pro Tag. Das ist gar nicht wenig." Warum also verschwenden, was unserer Gesundheit auf so vielfältige Weise zuträglich ist?!