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Was wurde aus Samuel Koch?

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Mutmacher - Was wurde aus Samuel Koch?
©Bild: Nancy Ebert
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Das "Geht nicht"-Motto von Samuel Koch bewundert seine Frau Sarah Koch. Dafür hat sie weniger Angst vor einem weißen Blatt als ihr Mann, der Tüftler. Zehn Jahre nach Samuel Kochs "Wetten, dass..?"- Unfall, hat das Paar ein Mutmachbuch für Kinder geschrieben. Das Gespräch

Hin und wieder braucht es zwei unterschiedliche Menschen, um eine gute Geschichte auf den Weg zu bringen. Die Harry-Potter-Anhängerin und den Bibel-Fan. Die Frau, die ihre Pläne auf einem Vision Board sammelt. Und den Mann, der lieber keine Pläne macht. Die Drauflosschreiberin und den, der jedes geschriebene Wort tagelang überdenkt. Samuel Koch zählt zu Letzteren.

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Das Schauspieler-Ehepaar erzählt im Kinderbuch vom Glauben an sich selbst © Nancy Ebert

Mit vereinten Kräften zum Autorenduo

Die Idee zu einem Kinderbuch hatte der 33-Jährige schon seit Jahren. Die Frage, wie der Protagonist einer ermutigenden Geschichte für die Kleinsten wohl sein müsse, begleitete ihn lange. Bis seine Frau, die 35-jährige Schauspielerin Sarah Koch, im Zuge der pandemiebedingten Pause einfach drauflosschrieb.

Im Kinderbuch "Das Kuscheltier-Kommando" bündelt das Paar seine Stärken. Statt ewig gemeinsam über einem leeren Blatt zu brüten, wie Sarah Koch sagt, ging sie ans Werk und formte mit einem Faible für "Tim Burtons kaputte Figuren" eine herrlich unperfekte Kuscheltierbande.

Danach ging es mit Samuel Kochs Akribie ans Feilen und Ausarbeiten und Überprüfen jedes einzelnen Wortes. Via Handy schickt sich das Paar Aufgaben. "Wer war in der Kindheit dein Held? Was war dir wichtig? Wir sind jeder zurück in sein Kinderzimmer gereist, um diese Geschichte zu finden", erzählt Sarah Koch.

Über das Buch

Das erste Bilderbuch von Samuel und Sarah Koch macht Vier-bis Sechsjährigen Mut. "Das Kuscheltier-Kommando. Eine Geschichte über wahre Stärke" erzählt vom Bären, der einen Arm verliert. Er lernt, dass in seiner Freundschaft mit Fred ganz andere Dinge wichtig sind. "Du bist einzigartig", lautet die Botschaft (Edel, € 15,50).

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 © Edel Kids Books

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Die Liebessprache finden

Davon, wie man aus scheinbar trennenden Eigenschaften gemeinsame Stärken macht, erzählt das Buch auch. Es ist ein Kunststück in Sachen Beziehung, das dem Ehepaar Koch in fünf Jahren Ehe wunderbar gelingt. Die beiden necken sich hin und wieder, wenn er seine Bibel an den Platz ihrer Harry-Potter-Bücher stellt. Und sie das Ganze flugs rückgängig macht. Doch sie haben ihre gemeinsame Sprache gefunden. "Es ist wichtig, die Liebessprache des anderen zu sprechen und zu verstehen", erklärt Koch im Gespräch.

So begann ihre Liebesgeschichte

Die beiden sind seit 2014 ein Paar. Sie trafen einander beim Dreh der Erfolgsserie "Sturm der Liebe". Sarah Koch, damals noch Timpe, spielte eine Fitnesstrainerin, die nach einem Reitunfall im Rollstuhl saß. Samuel Koch war in der Rolle eines Ex-Rennfahrers zu sehen, der im Rollstuhl saß.

Der Kunstturner hatte sich vier Jahre zuvor in der Fernsehshow "Wetten, dass..?"- kurz nach Beginn seines Schauspielstudiums - verletzt und ist seither vom Hals abwärts querschnittgelähmt. "Ich Holzkopf bin mit dem Kopf gegen ein Auto gerannt und habe mir viermal das Genick gebrochen.

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 © Nancy Ebert

Seitdem war es nicht immer einfach. Aber möglich", schreibt er auf seiner Website. Koch hat seither drei Bestseller geschrieben, ist als Schauspieler aktiv und teilt seine Gedanken als Vortragender. Darüber hinaus meidet das Paar, das vor fünf Jahren eine dreitägige Traumhochzeit feierte, das Rampenlicht. Mit News führte man nun eines der raren Gespräche.

In einer Talksendung wurden Sie letzte Woche als Power- Couple bezeichnet. Das hat vor allem Sie, Herr Koch, sehr amüsiert. Warum eigentlich?
Samuel Koch: Wir haben danach noch sehr darüber gelacht. Was soll das denn überhaupt sein, ein Power-Couple? Wir sind ein Paar wie jedes andere, mit vielen Höhen und vielen Tiefen.

In Ihrem Kinderbuch verliert ein Teddybär einen Arm und baut danach mit der Roboterhand noch höhere Türme. Geht es Ihnen darum, vermeintliche Schwächen in Stärken zu verwandeln?
Samuel Koch: Wir haben lange damit gerungen, ob es diesen Roboterarm braucht. Denn die Erkenntnis ist ja, dass er auch ohne Arm liebenswert ist, weil er aus anderen Gründen geliebt wird. Man kann es auch so verstehen, dass man an jeder Beziehungskrise wächst und dieses Wachstum symbolisch abgebildet ist: Beide gehen stärker aus dieser Krise hervor.
Sarah Koch: Es geht auch um das Thema Hilfe annehmen: Samuel hat den Rollstuhl, mit dem er so viel mehr machen kann als ohne. Ich habe eine Brille auf der Nase, ohne die ich nicht gucken könnte. Wir haben viele Hilfsmittel im Alltag, und trotzdem fällt es vielen Menschen schwer, sich helfen zu lassen.

Was macht es denn so schwer, sich helfen zu lassen? Und wie lernt man es, Hilfe anzunehmen?
Sarah Koch: Hilfe annehmen bedeutet auch, Schwäche zuzugeben. Die Schwäche kann sein, dass man mal einen Fehler gemacht hat. Für mich habe ich deshalb die Bezeichnung adaptiert: Zu Fehlern sage ich jetzt Finder, denn durchs Fehlermachen findet man sich selbst und lernt sich besser kennen. Das schützt vor der Angst, Fehler zu machen. Es hilft, daran zu denken, dass es anderen Menschen meistens Freude macht, zu helfen.

Samuel Koch: Schwächen sind nicht schön. Sie haben damit zu tun, Kontrolle abzugeben und Sicherheit und Vertrauen abzugeben. Das wird in einer Gesellschaft, die nach Sicherheit strebt und in der man sich sehr egozentrisch um das eigene "Ich" dreht, immer schwieriger. Da etwas nach außen abzugeben, fällt schwer.

Sie sind auch als Redner tätig und halten rund 100 Vorträge im Jahr, Herr Koch. Gibt es eine Kernbotschaft, die Sie zu diesem Themenkreis vermitteln wollen?
Samuel Koch: überlegt.
Sarah Koch: Du wirst oft gefragt, wie du das geschafft hast. Und die Essenz für mich ist: nicht allein! Diese Botschaft gibst du zwischen den Zeilen weiter.

Samuel Koch: Mit einer universalen Antwort tu ich mir genauso schwer wie mit dem archaischen Begriff Botschaft. Nach meinen Auftritten gehe ich unter die Menschen und führe teilweise sehr intensive Gespräche. Das waren in den letzten Jahren bestimmt 7.000 Gespräche mit Menschen, die Schwierigkeiten haben. Dabei hat sich gezeigt, wie individuell wir Menschen sind. Was dem einen hilft, kann dem nächsten schon schaden.

Zu den Themen, die immer wichtiger werden, gehören die Klassiker wie Glaube, Dankbarkeit und Hoffnung. Und dann längst vergessen geglaubte Themen wie Langmut, Geduld, Versöhnung, Vergebung, Endlichkeitsbewusstsein. All dem liegt zugrunde, wie Sarah sagt, dass wir Fehler machen und nicht perfekt sind. Darin unterscheiden wir uns nicht. Darüber sollten wir uns einig sein. Wir sollten nicht an unserer Leistung gemessen werden, sondern an dem, was wir sind. Das ist genau die Erkenntnis des Bären im Buch. Im Englischen bezeichnet man Menschen nicht umsonst als " human beings" und nicht als "human doings".

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 © Nancy Ebert

Frau Koch, war dieser besondere Blick aufs Leben etwas, das Ihnen an Ihrem Mann besonders ins Auge gestochen ist, als Sie ihn zum ersten Mal getroffen haben?
Sarah Koch: Absolut. Ich bewundere seinen Glauben sehr. Ich denke tatsächlich, dass Samuel auch vor dem Unfall schon diese Einstellung, "geht nicht gibt's nicht", hatte. Das fand ich sehr bewundernswert, weil ich vom Naturell her dazu neige, mich Autoritäten unterzuordnen. Damit neckt er mich auch gerne. Er hat diesen Zugang: "Komm, wir gucken mal, was neben dem Mainstream ist, was es für Wege gibt." Da hat er mich mitgenommen.

"Du musst nur an dich glauben" ist ein Kernsatz Ihres Buches. Wie gelingt das denn? Welche Prägungen sind es, die Sie resilient machen?
Samuel Koch: Das ist eine Frage, die ich mir auch gestellt habe: Wird man resilient geboren oder kann man das im Lauf des Lebens lernen? Können Eltern etwas beitragen? Dazu habe ich neurobiologische Erkenntnisse und solche aus der Hirnforschung recherchiert. Ein Professor sagte mir, dass Märchen und Geschichten gerade für das heranwachsende Gehirn der Kinder wichtig sind. Sie können das Stressverhalten und das Beziehungsverhalten des späteren Erwachsenen prägen. Geschichten können ein Fundament generieren, das Vertrauen auf sich selbst, aber auch Vertrauen in andere schafft. Geschichten können ein Vertrauen darauf ausbilden, dass alles gut wird.

Sarah Koch: Mein Papa sagt oft, dass sich das Leben erst rückwärts verstehen lässt. Und es hilft doch auch tatsächlich, wenn man sich bewusst macht, was man eigentlich schon alles geschafft hat. Es hilft, sein Leben anzuschauen und anzuerkennen, was man alles schon gewuppt hat.

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Sarah Koch, vormals Timpe, als Schauspielerin in der TV-Serie "Um Himmels Willen" © Peter Bischoff/Getty Images

Es kann schwerfallen, sich auf die Schulter zu klopfen...
Sarah Koch: Ja, aber es relativiert auch jedes tiefe Loch, wenn man stehen bleibt und betrachtet, dass nach jedem Tief ein Hoch kam.
Samuel Koch: Ich maße mir nicht an, zu sagen, was für Eltern wichtig ist. Aber aus unserer Erfahrung und nach dem, was mir Hirnforscher sagten, braucht es irgendwann im Leben einen Menschen, der Kinder bedingungslos annimmt. Das kann auch ein Onkel, eine Oma oder ein Lehrer sein. Das finde ich spannend, wenn Neurobiologen plötzlich von Liebe sprechen, vom bedingungslosen Angenommen-Sein. Das ist etwas, das wir in unserer Kindheit erfahren haben.

Haben Sie Familienpläne?
Sarah Koch: Wir wünschen uns auf jeden Fall Kinder. Samuel sagt immer ganz süß, dass wir das Buch prophylaktisch geschrieben haben.
Samuel Koch: Ja, vorsorglich. Wir sind vorbereitet.

Ratschläge können auch Schläge sein, sagte Herr Koch einmal. Wie ist das gemeint?
Samuel Koch: Ratschläge können kontraproduktiv sein. Man kann damit Schaden anrichten. Als ich im Krankenhaus war, sagte man mir: "Du musst jetzt mit den anderen gemeinsam frühstücken oder mittagessen, um dich zu resozialisieren, damit du zurück ins Leben findest." Das war Teil der Rehabilitation. Ich habe aber gar kein Problem damit gehabt. Ich hatte das Geschenk, einen Besuchsplan machen zu müssen, um alle Besucher einzuordnen.

Ich war total froh, wenn ich mal zehn Minuten allein war. Mir ist das total wichtig, in der Stille zu sein. Ich habe darum gekämpft, nicht diesen Ratschlägen folgen zu müssen, die sogar im Programm eingebettet waren. Mir hat das gut getan, mich dort durchzusetzen. Ich weiß aber, dass es für meinen Zimmernachbarn, der sich sehr eingeigelt hat, gut war, diesen Schubs zu bekommen. Der hat das gebraucht, unter Leute zu kommen. Menschen sind verschieden. Diese Verschiedenheit sollte man bedenken, wenn man Ratschläge gibt.

Sie feiern bald Ihren fünften Hochzeitstag. Was haben Sie voneinander gelernt?
Sarah Koch: Ich finde wichtig, die Vergangenheit des anderen zu begreifen. Wir haben uns angeguckt, wo der andere herkommt, seine Familie und meine mit allen Stärken und Schwächen. Wie ich schnell etwas aufschreibe, während Samuel sich viel Zeit nimmt und in die Tiefe geht. Genau die Dinge, die einen manchmal in den Wahnsinn treiben, wenn man so unterschiedlich ist. Wenn man dort hinsieht, erkennt man, was der andere braucht, und kann denken: "Lass mich das auch mal versuchen!"

Samuel Koch: Wir sind zwar beide deutschsprachig aufgewachsen, aber ich glaube, mit seinen Prägungen spricht doch jeder in einer Beziehung eine andere Sprache. Es ist wichtig, die Liebessprache des anderen zu sprechen und zu verstehen. Sarah hat mich etwas gelehrt, für das ich mir selten Zeit nehme: mich mittags hinzusetzen und ein kitschig-spießiges Kaffeekränzchen zu machen. Oder einen Sonntagsspaziergang. Sie ist total gut darin, die Natur zu genießen und den Sternenhimmel. Sie kann dieses Innehalten und Sichbesinnen und plant das auch fix ein. Ich mache ja lieber keine Pläne. Aber durch sie habe ich gelernt, Pläne zu machen, beruflich und privat. Zu oft hat man für die schönen Dinge keine Zeit, dann muss man sie sich nehmen!
Sarah Koch: und auch verstehen, dass der andere das braucht, um in seine Kraft zu kommen.

Ein spannender Punkt in Ihrem Buch ist, als den Bären das Gefühl, nicht mehr gut genug für seinen Freund zu sein, mehr trifft als der Verlust seines Armes. Wiegt das Gefühl, für andere nicht zu genügen, tatsächlich schwerer, als was man mit sich selbst ausmachen muss?

Samuel Koch: Wichtig war uns, ein witziges Kinderbuch zu schreiben und nicht mit der moralischen Keule zu kommen. Aber natürlich wollten wir nichts Belangloses schreiben. Martin Buber sagt: "Alles wirkliche Leben ist Begegnung." Sobald wir einander begegnen, wird eine Wahrnehmung messbar und skalierbar. Ich denke, wir machen das viel zu viel: Immer guckt man, wie man dem anderen gefällt, wie man ins System passt. Man passt sich zu viel an, statt mit sich selbst klarzukommen. Andererseits bleibt die Frage, für wen es sich lohnt, zu leben, wenn nicht mit anderen Menschen?

Ratgeberliteratur funktioniert oft so, dass es ein Vorbild gibt, und wenn ich es genauso mache, wird mir ein gutes Leben versprochen. Ratgeber funktionieren also von außen nach innen. Aber die wirkliche Inspiration muss umgekehrt stattfinden, von innen nach außen. Ich kann Dinge anschauen, aber dann muss ich meine Lösungswege finden. Der Bär stellt fest, dass es nicht der Arm war, der seine Beziehung ausgemacht hat. Das Leben ist reichhaltiger als dieser Arm. Zu diesem Schluss muss er selbst kommen.

Sie zeigen sich nur selten öffentlich. Ist das eine Folge der Beurteilung von außen, der man als Schauspieler ausgesetzt ist?
Sarah Koch: Man entwickelt langsam ein dickes Fell, aber mich nimmt jede böse Nachricht noch immer mit. Wir wollen unseren privaten Raum schützen und nicht alles teilen. Öffentlichkeit gehört zum Job, aber wir müssen nicht alle bis ins Schlafzimmer mitnehmen.

Samuel Koch: Wir haben ja zwei Jahre lang in Fernsehserien stattgefunden, da gibt man viel von sich preis. Als Gegenpol ist es wichtig, dass man sich einen privaten Teil bewahrt. Aber mit dem Kinderbuch nach draußen gehen zu können, freut uns natürlich. Tut Gutes und sprecht darüber, heißt es, und das tun wir jetzt.

Der Beitrag erschien ursprünglich in der News-Ausgabe 11/2021.

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