Das Sterbehaus Mozarts in Wien ist Schauplatz der neuen multimedialen Erlebniswelt "Mythos Mozart". Mittels hochmoderner Technik erleben die Besucherinnen und Besucher Mozart und sein Wien von 1791. Mehr als elf Millionen Euro wurden investiert.
Gleich zwölfmal hat er in Wien seine Koffer gepackt und ist umgezogen. Von der Singerstraße in ein Haus am Graben 17. Von hier in eine Wohnung in der Wipplingerstraße 19, irgendwann in die Domgasse 5 und zuletzt in die Rauhensteingasse 8. Hier, im "Kleinen Kayserhaus", wird sein Sohn Franz Xaver geboren. Hier komponierte er u. a. "Die Zauberflöte" und das "Requiem". Hier, in einem der sechs Zimmer, stirbt Wolfgang Amadeus Mozart am 5. Dezember 1791 mit 35 Jahren. Genau hier können sich seit Kurzem Besucherinnen und Besucher einmal mehr auf seine Spuren begeben. "Mythos Mozart" heißt die dazugehörige multimediale Zeitreise durch das Wien von 1791 und Mozarts Musik.
Wer ein Museum mit Schautafeln erwartet, wird eher nicht fündig. Wer sich hingegen eine knappe Stunde unterhalten will, kann getrost ein Eintrittsticket lösen - und davor auf der begrünten Dachterrasse im siebenten Stock den Panoramablick über das (echte) Wien genießen, bevor es - vielleicht auch ein paar Einkäufe später -für die bildgewaltige Multimediashow "Mythos Mozart" auf 1.500 Quadratmetern in das Untergeschoß geht. Denn untergebracht ist Wiens neueste Touristenattraktion im Luxuskaufhaus Steffl auf der Kärntner Straße. Das Sterbehaus wurde schon 1848 durch einen Neubau ersetzt. Im Jahr 1896 errichtete Otto Wagner zur Kärntner Straße hin für die Familie Neumann und ihre Herrenmodekette einen eleganten "Metropolitan Clothing Palace". Das Gebäude wurde kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs schwer beschädigt -und 1950 neuerlich durch einen Neubau ersetzt. Ebenjenes Haus, das seit 1961 den Namen "Steffl" trägt.
"Das Zimmer, wo Mozart gestorben ist, ist heute eine Konfektionsabteilung", erzählt Hans Schmid, Werbe-Urgestein, Eigentümer des Steffl, Investor und Ideengeber von "Mythos Mozart". Die Bademäntel und Nachthemden, die heute hier hängen, sollten schon einmal für das Andenken an Mozart weichen. Schließlich gibt es ja auch ein Geburtshaus von Mozart, wo jährlich Hunderttausende hinpilgern. Warum also nicht auch ein "Sterbehaus"?"Aber dann hatten wir Bedenken, dass Scharen von Japanern und Chinesen das ganze Kaufhaus und die Lifte blockieren, nur weil sie mal dort stehen wollen, wo Mozart gestorben ist", erzählt Schmid.
Kein Selbstläufer
Also wurde die Idee von "Mythos Mozart" geboren. "Mozart ist eine Weltmarke. Ihn gibt es millionenfach jeden Tag und in irgendeiner Form. Unsere Idee war, etwas ganz anderes zu wagen. Etwas Zukunftsorientiertes, Multimediales und Immersives. Etwas, das überrascht und wo man am Ende sagt: 'Das hätte ich mir nicht erwartet'", erklärt Geschäftsführer Hans Gasser. Eine 33 Monate (coronabedingte) lange Planungsund Konzeptionierungszeit, elf Monate Baumaßnahmen und mehr als elf Millionen Euro Investment liegen hinter Schmid und Gasser. Ob ihre Rechnung aufgeht, wird sich bald zeigen. Die selbst gelegte Latte nach dem Soft Opening im September 2022 liegt jedenfalls hoch: Weit über 200.000 Besucherinnen und Besucher jährlich werden angepeilt. Hauptzielgruppe sind Touristen aus Fernost. Sommer 2024 ist der Vollbetrieb und damit die Vollauslastung geplant. "Ein Selbstläufer ist so etwas nicht. Natürlich ist Salzburg die erste Mozartstadt. Aber Wien nimmt in seinem Leben auch einen besonderen Platz ein, weil er ja hier seine glücklichsten Jahre gehabt hat", zeigt sich Gasser zuversichtlich.
Aufwendiges Multimediaspektakel
Immersive Ausstellungen mit aufwendigen Installationen, viel Musik und übergroßen Projektionen erfreuen sich nicht nur in Österreich immer größerer Beliebtheit. Die Idee dahinter: Bilder, Personen oder Ereignisse sollen nicht wie in einem Museum üblich betrachtet, sondern multimedial und mit (fast) allen Sinnen erlebt werden. Das Multimediaspektakel "Van Gogh - The Immersive Experience" beispielsweise begeisterte weltweit bereits über 2,5 Millionen Besucher u. a. in Paris, Barcelona, Brüssel und Berlin. Die Schau "Monets Garten", die ebenfalls in mehreren europäischen Städten zu sehen war und auch in der Wiener Marx Halle Station machte, ist aufgrund der hohen Nachfrage gleich zweimal in die Verlängerung gegangen und wurde schließlich von "Viva Frida Kahlo" abgelöst. Seit Mitte Oktober ist die Grabkammer von "Tutanchamun" multimedial geöffnet. Umgekehrt könnte "Mythos Mozart" irgendwann auf Tour gehen. Anfragen gibt es bereits. Der Aufwand, der für die multimediale Erlebniswelt im Steffl betrieben wurde, ist jedenfalls enorm. "Es ist sehr viel spezielle Technik verbaut. Wir haben zum Beispiel einen Raum mit 1.500 digitalen Kerzen von einem Londoner Lichtdesigner, der schon für Bentley und Swarovski gearbeitet hat", verrät Gasser. Die Musik für "Mythos Mozart" wurde von Studentinnen und Studenten der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien an verschiedenen Orten neu eingespielt - etwa in der historischen Wiener Hofmusikkapelle oder dem barocken Schlosstheater Schönbrunn. "Man kann das alles viel einfacher, viel flacher machen", sagt Hans Schmid. "Man kann die Musik aus der Konserve nehmen. Aber wir hatten einen anderen Anspruch." Als künstlerischer Leiter fungiert Superstar Rolando Villazon. Aber auch eine Kunsthistorikerin hatte bei dem Projekt ein gehöriges Wort mitzureden. "Es war uns wichtig, mit Partnern, Künstlern und Institutionen zusammenzuarbeiten, die mit höchster Reputation Mozart vertreten."
Und da ist noch die Sache mit den fünf Kirchenbänken in dem Raum mit den 1.500 Kerzen. Diese standen nämlich bis vor Kurzem noch auf dem Dachboden vom Stephansdom. "Ich habe den Toni Faber gefragt, ob er eine Idee hat, wo wir Kirchenbänke zum Sitzen bekommen. Und er meinte, er hätte welche. Das sind Kirchenbänke, die in den 50er-Jahren rausgerissen und im Dachboden vom Steffl gelagert wurden", erzählt Gasser. Auch der Dompfarrer trägt höchstpersönlich seinen Teil zum Mythos Mozart bei. Er hat für Ausstellung die lateinische Totenmesse eingesprochen.
Mozart mit allen Sinnen [Tickets]
Mitten im Herzen von Wien, genau an jenem Ort, wo Wolfgang Amadeus Mozart 1791 starb, lädt heute eine Multimediashow auf 1.500 Quadratmetern ein, Mozart und sein Wien im Jahr 1791 zu erleben.
Vorabbuchung. Die Ausstellung im Untergeschoß vom Kaufhaus Steffl hat Montag bis Freitag von zehn bis 20 Uhr und Samstag bzw. Sonntag von zehn bis 18 Uhr geöffnet. Das Vollpreisticket kostet 19 Euro, Kinder unter sechs Jahren zahlen keinen Eintritt. Es wird empfohlen, im Voraus online ein Zeitfenster für den Besuch zu buchen. Spontane Besuche ohne Vorbuchung sind je nach Auslastung aber ebenfalls möglich. www.mythos-mozart.com
Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 48/2023 erschienen.