Als das "Motto" vor 42 Jahren erstmals die Pforten der Sünde öffnete, war Tom Sampl noch nicht geboren, vermutlich nicht einmal angedacht. Franz Thell, legendärer Szenewirt und Pionier der Wiener Schwulenszene, erfand damals mit dem Lokal einen besonderen Ort: Versteckt in der Rüdigergasse im fünften Bezirk durfte dort "jeder so sein, wie er wollte", weiß Tom Sampl aus Erzählungen seines Vorvorgängers, mit dem er sich oft austauschte, bevor dieser 2013 starb.
Vom Kellner zum Chef
Ein entscheidendes Jahr für das "Motto" und den im salzburgischen Radstadt geborenen Sampl, der in aller Stille zum neuen Eigentümer des Szenewirtshauses avancierte. Zehn Jahre davor hatte er dort als Kellner neben dem Jus- und Wirtschaftsstudium angeheuert. "Dass ich das Lokal übernehme, war nie mein Plan", sagt der 31-Jährige. Sampls ehemaliger Chef Bernd Schlacher hatte die Institution Anfang der 1990er-Jahre gekauft, darauf sein Gastro-Imperium "Motto Group" und den jungen Sampl als Nachfolger aufgebaut.
Nach einem Intermezzo in Schladming, wo Sampl mit seiner Familie den Betrieb "Wintergarten" führte, kehrte er neu motiviert zurück zur "Motto"-Familie. Bald suchte der umtriebige Salzburger wieder Veränderung, doch die wurde ihm verwehrt: "Ich wollte ins Blaue fahren, nach Spanien und Südamerika. Einen Tag vor der Abreise hat mir Bernd seine Nachfolge angeboten."
Chef mit besonnenem Wesen
Als Sampl das Ruder des Schlacher- Schiffs übernahm, wusste er um die Größe der Fußabdrücke von "Motto-Franzi" Thell und Schlacher: "Das ,Motto' lebt von einem Inhaber, der Spaß an der Arbeit hat, sie mit Liebe macht und als Gastgeber auftritt. Ich führe es in Bernd Schlachers Sinn weiter." Das macht Sampl, seinem besonnenen Wesen entsprechend, sehr behutsam, wie er auch den Umbau des Restaurants betreibt. "Die Legende schwingt immer mit. Man muss Veränderungen sehr sanft vornehmen. Wenn man brachial reinfährt, kann zu viel kaputt gehen.
Deshalb wird an gewissen Ritualen nicht gerüttelt. Die Gäste dürfen auch weiterhin auf einen Wirt zählen, der mit ihnen feiert, "auch gerne länger". Das erfordert "einen geduldigen Partner" und Auszeiten, "um nicht die Freude an der Arbeit zu verlieren". Die scheint intakt und bleibt das Stammkapital des Tom Sampl.
Food-Tipps: Was man im Motto essen sollte
Das Essen im "Motto" wechselt saisonal bedingt regelmäßig. Einige Klassiker bleiben aber stets auf der Karte. Würden sie nicht mehr angeboten werden, wäre eine Rebellion bei den zahlreichen Stammgästen, zu denen übrigens auch Conchita Wurst zählt, vorprogrammiert. Diese fünf "Motto"-Klassiker müssen Sie zumindest einmal probiert haben:
- Überbackene Schinkenfleckerln mit grünem Salat
- Motto Filetspitzen mit Rösti
- Gebackener Emmentaler mit Sauce Tartare und Preiselbeeren
- Beef Tatar mit Kapern, Zwiebeln und dem selbstgebackenen Brot "La Marianne"
- Variation von Nougat- und Erdbeerknödel
Extra-Tipps aus der News-Redaktion: Das hervorragende Carpaccio vom Rind mit Basilikumpesto sollte man sich ebenfalls nicht entgehen lassen. Absolut fabelhaft ist zudem auch der "Motto"-Tafelspitz mit Rösti, Apfelkren und Schnittlauchsauce. Davor auf jeden Fall einen Zitronen-Thymian-Prosecco ordern und im Anschluss auf "Villemade Petillant naturel Bulle blanche", ein in Frankreich aktuell besonders beliebter Schaumwein, umsteigen. Wer sich in Partylaune trinken will, dem sei nach dem Essen ein Wechsel an die Bar geraten, an der man den Cranberry-Drink "Betty Ford" ordern kann. Achtung, der Name ist hier Programm!
So sieht das Motto nach dem Umbau aus
Der Umbau des Lokals ist mehr als gelungen. Tom Sampl hat in Zusammenarbeit mit der Designerin Laura Karasinksi und dem Architekten Gerd Zehetner einen spannenden Mix aus 40 Jahren "Motto" aufs Parkett gelegt. Unser Highlight: Der liebevoll gestaltete Gastgarten und die überlebensgroßen Wandgemälde. Sehenswert!
Öffnungszeiten
Montag bis Donnerstag und Sonntag: 18.00 – 2.00 Uhr
Freitag und Samstag: 18.00 – 4.00 Uhr
Schönbrunnerstraße 30 / Rüdigergasse 1
1050 Wien