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Dreikampf im Großformat

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Sechs der noch zwölf österreichischen Tageszeitungen kommen aus Wien. Die drei großformatigen teilen nationalen Anspruch mit regionaler Leserschieflage. „Kurier“ und „Standard“ haben neue Chefs, die „Presse“ erscheint in neuem Gewand

Als Ihr Kolumnist Anfang der 1980er-Jahre begann, seinen Berufstraum zu erproben, gab es 18 Tageszeitungen in Österreich – neun unabhängige, acht Parteiblätter und eine im Besitz der Republik. Von ihnen existiert heute nur noch die Hälfte. Weder Staat noch ÖVP, SPÖ und KPÖ konnten ihre Titel halten. Doch mit dem „Standard“ (1988) und den Gratismedien „Heute“ (2004) und „oe24“ bzw. „Österreich“ (2006) kamen drei neue hinzu. Die Hälfte des überlebenden Dutzends hat ihren Sitz in Wien. In Vorarlberg erscheinen „VN“ und „Neue“, die „Kleine“ versorgt Steiermark und Kärnten, „Tiroler Tageszeitung“, „Salzburger Nachrichten“ und „OÖN“ ihre namensgebenden Länder. Niederösterreich und das Burgenland werden tagesaktuell seit jeher von Wien kolonialisiert.

In dieser Schieflage entsteht für die Metropol-Titel ein vertrackter Wettbewerb. Die Kost-Nix-Postillen stehen vor allem in Konkurrenz zum Kauf-Kleinformat „Krone“. Sie sind Regionalblätter Ost wie längst auch der „Kurier“, der derart drei Viertel seiner Gesamtreichweite erzielt. Trotz ebenfalls nationalen Inhaltsanspruchs haben hier auch die anderen großformatigen Mitbewerber „Presse“ (58 Prozent) und „Standard“ (53 Prozent) ihre weit überproportionale Leserbasis. Lediglich die „Krone“ unterschreitet infolge ihrer starken Bundeslandredaktionen sogar knapp den Bevölkerungsanteil (44 Prozent) der Ostregion. Das wiederum bewirkt eine noch heftigere Konkurrenz zwischen „Kurier“, „Standard“ und „Presse“ um den Rest vom Leser-Kuchen. Die drei geben sich in diesem April sehr unterschiedlich neuen Schwung.

Beim „Kurier“ hat im März Martin Gebhart Martina Salomon als Chefredakteurin abgelöst, die nun Herausgeberin ist, während ihr Nachfolger unter Geschäftsführer Richard Grasl den Abbau von 40 Stellen verkraften muss. Er verbindet das seit 9. April mit einer Strategie „Digital First“. Sie bedeutet, dass ein Gros der Journalisten plattformneutral liefert – zeitlich unter dem Online-Tempodiktat, während Printspezialisten aus dem „Best Of“ eine Zeitung basteln. Diesen extrem schwierig zu bewältigenden redaktionellen Kulturbruch erprobt schon länger die „Kleine“ unter Hubert Patterer.

Unterdessen ist im „Standard“ Gerold Riedmann auf Martin Kotynek als Chefredakteur gefolgt. Der frühere „VN“-Macher gilt als Ausnahmekombi von journalistischer und Management-Kompetenz. Es gibt weniger Zweifel, dass er den Sprung vom Ländle in die Hauptstadt bewältigt, als Fragen, ob das von Mitbesitzer Alexander Mitteräcker propagierte Geschäftsmodell des Blattes aufgehen kann. Nur die Vorarlberger Zeitungen haben weniger Verkaufsauflage als der „Standard“. Aber er ist neben dem ORF und den Gratisblättern der einzige Titel, der online keine Bezahlschranke errichtet hat.

Ein nahezu konträres Konzept verfolgt unterdessen die „Presse“, deren Geschäftsführer Herwig Langanger mittlerweile zum Vorstand des Mutterkonzerns Styria (auch „Kleine“) zählt. Sie hat digital eine harte Paywall aufgebaut. Das beschert ihr im Netz zwar deutlich weniger tägliche Nutzer (125.000) als „Standard“ (445.000) und „Kurier“ (285.000), doch den stärksten prozentuellen Zuwachs im Jahresvergleich. Der 2023 als Nachfolger von Rainer Nowak installierte Chefredakteur Florian Asamer führt das auf eine Umstellung im Workflow zurück: Die Redaktion startet alles eine Stunde früher – um 5 Uhr mit der Online-Beschickung, um 9 Uhr mit der ersten Konferenz zum digitalen Inhalt. Ungewöhnlicher ist allerdings das aktuelle Investment in die Printausgabe: „Presse“ und „Presse am Sonntag“ erscheinen ab dem letzten April-Wochenende runderneuert auf Papier.

Der Relaunch macht das 1993 vom deutlich größeren Rheinischen zum Berliner Format umgestiegene Traditionsblatt noch etwas eleganter. Es bleibt bei der unter Chefredakteur Michael Fleischhacker 2003 eingeführte Monothematik der Titelseite. Dort steht aber nun – wie bisher nur bei der seit 2009 bestehenden Sonntagsausgabe – ein nicht unbedingt dazugehörender Leitartikel. Die „Presse am Sonntag“ hingegen wird noch plakativer: Ein Foto mit integriertem Titel, darunter vier kleine Anrisse. Es wirkt wie die Vergrößerung der „Kleinen“, als diese ihre Aufmachung noch konsequent in Richtung Tagesmagazin orientierte. Dazu kommen zahlreiche kleine inhaltliche Neuerungen – vom Mini-Fact-Check „Stimmt das?“ bis zur Worterklärung „Sprachlabor“.

Die „Presse“ setzt also auf jene Ausgabe, die ihr immer noch am meisten bringt: Papier und E-Paper. In diesem Vergleich liegt sie mit 65.000 zu 55.000 verkauften Exemplaren vor „Standard“ und hinter „Kurier“ (105.000). Als dieser sich 2000 erstmals der Auflagenkontrolle unterzog, hatte er aber noch viel größeren Vorsprung – mit 186.000 Stück vor der „Presse“ (78.000) und dem „Standard“ (66.000).

Österreichs älteste Tageszeitung (1848) glaubt an ihre Zukunft als Luxus-Vintage-Produkt neben dem ohnehin bestehenden Zwang zur Digitalisierung. Die Renaissance von Vinyl im Tonträgersektor und der Boom des gedruckten Buchs via TikTok sind starke Indizien, dass diese Wette aufgehen könnte.

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