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Man gönnt sich ja sonst nichts

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Reisen - Man gönnt sich ja sonst nichts
©Bild: Brandon Barré
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Trotz Teuerung und hoher Inflation boomen Urlaubsreisen - besonders exklusive, individuell abgestimmte und entsprechend teurere Angebote sind stark gefragt. Die Klientel für Luxusreisen zeigt sich von hohen Preisen und Klimadiskussion unbeeindruckt und reist, als gäbe es kein Morgen.

Eine Reise in ein exklusives Resort auf den Malediven, ein Aufenthalt in einem Luxushotel in Thailand oder Dubai, ein High-Class-Strandurlaub in Griechenland, eine Zugfahrt mit dem Orient-Express, eine Safari ins Okawango-Delta oder eine abenteuerliche Reise in die Arktis. Wer das Außergewöhnliche sucht und über das erforderliche Budget verfügt, dessen Urlaubsmöglichkeiten sind kaum Grenzen gesetzt. Und diese werden trotz aller Krisen auch genutzt, mehr als allgemein angenommen - ausgerechnet Luxusreisen boomen derzeit so stark wie nie zuvor. "Die Nachfrage nach hochwertigen Fernreisen oder nach Studienreisen ist enorm. Auch während der Pandemie hat es hier keine wirklichen Einbrüche gegeben", sagt Verkehrsbüro- und Ruefa-Vorständin Helga Freund.

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Im Abu Camp im Botswana eine Nacht unter dem Sternenhimmel zu verbringen, bleibt mit Sicherheit ein bleibendes Erlebnis - das sich die Gäste in dem luxuriösen Resort auch entsprechend viel kosten lassen © Dana Allen / www.photosafari-africa.com

Deutliche Steigerungen

Dass Luxus gefragt sei, würden auch die Buchungszahlen bestätigen: Ruefa hat für News erhoben, wie sich dieses Segment in den vergangenen Jahren entwickelt hat. Nämlich stetig nach oben. Demnach haben sich die Umsatzanteile von Luxusreisen bei der Verkehrsbüro-Tochter zwischen 2014 und 2022 zumindest verdoppelt - im Top-Segment von über 15.000 Euro pro Person und Reise ist der Anteil sogar von 2,2 auf 5,6 Prozent gestiegen.

Luxusprodukte sind heute zielgruppenspezifisch ausgestaltet. Und man gibt sich viel legerer

Auch Gregor Kadanka, Mondial-Chef und Obmann des Fachverbands Reisebüros, bestätigt die wachsende Nachfrage im für die Reiseveranstalter besonders attraktiven Luxussegment: "Insgesamt befindet sich die größte Nachfrage zwar weiterhin im mittleren Preissegment, aber an den Rändern nach unten und oben ist sie in den letzten Jahren überdurchschnittlich gewachsen." Claudia Janner-Moser, bei TUI für die Luxussparte Airtours verantwortlich, erklärt ebenfalls, dass hochklassige Reisen in den letzten drei Jahren extrem zugelegt haben. Generell gebe es nach drei Jahren Corona-Pandemie einen unheimlichen Nachholbedarf: "Die Leute konnten das Geld in den vergangenen Jahren nicht ausgeben, dafür geben sie jetzt Vollgas. Und im Topsegment spielt Geld ohnehin keine Rolle." Niedrige Zinsen und eine hohe Inflation würden dem in die Karten spielen, so Janner-Moser. Ein neuer Trend sei auch der Mehr-Generationen-Urlaub - Eltern, Kinder, Großeltern, die zusammen auf Urlaub fahren und sich dafür eine eigene Villa mit allen Drumherum mieten

Ein Fünfsternehotel mit goldenen Wasserhähnen reicht heute nicht mehr. Taylormade Travel ist gefragt

Die Zielgruppe ist breit gestreut - von Unternehmern, Topmanagern, Privatiers bis zur Generation der Erben, die sich etwas gönnen wollen und sich in der privilegierten Lage befinden, sich solche Reisen leisten zu können. Eine Klientel, die auch der Luxusreisen-Spezialisten HL Travel von der steirischen Provinz und einem Büro in Basel aus im Visier hat. "Wir organisieren viele maßgeschneiderte, gehobene Individualreisen. Manche Kunden buchen auch nur einen Privatjet bei uns - im Prinzip ist alles möglich" sagt Hl Travel-Chefin Melanie Frühwirt. Entsprechend ihrem Vermögen seien im Schnitt viele ältere Menschen, ab rund 65 Jahren darunter. "Die genießen dann, dass ihnen alles abgenommen wird", erzählt Frühwirt, die sich mit Weltreisen und Kreuzflügen laut eigenen Worten "ein sehr gutes Image bei dieser Klientel erarbeitet" hat.

Exklusive Angebote

Doch was genau ist unter Luxus zu verstehen? "Luxus heißt, es muss etwas Besonderes sein", sagt Verkehrsbüro-Vorständin Freund: "Ein Fünfsternehotel mit goldenen Wasserhähnen sozusagen reicht heute nicht mehr." Stattdessen seien außergewöhnliche Erlebnisse, Besichtigungen oder extravagante Touren -beispielsweise im komfortablen Zelten im Oman -oder auch Meet-and-Greet-Begegnungen mit Stars oder Künstlern gefragt. Freund: "Das bedeutet Taylormade Travel, sprich maßgeschneiderte Reisen nach den jeweiligen individuellen Ansprüchen -beispielsweise mit einem Hubschrauberflug zur nächstgelegenen Insel oder ähnlichen Sonderwünschen."

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Die Präsidenten-Suite im Orient-Express kann sich sehen lassen © beigestellt

Und wo setzt man preislich die Grenze an? Vielleicht bei 8.000 bis 15.000 Euro für zwei Wochen für eine Person, wobei die Preisrange nach oben offen ist. Klar ist, dass etwa eine Reise in ein supertolles Fünfsternehaus wie etwa das Mandarin Orientral in Bangkok, um nur ein Beispiel zu nennen, oder eine exklusive Privatvilla mit eigenem Pool, Butlerservice und Koch eindeutig in die Kategorie Luxus fallen - und entsprechend teuer sind. Ein Reisebüromanager berichtet etwa von einem Trip eines vermögenden Wieners nach Nizza im Privatjet und allen Sonderwünschen drumherum wie eigenem Koch und Butler, der für eine Woche 80.000 Euro kostete. "Da habe ich mir die Rechnung interessehalber selbst angesehen, weil ich wissen wollte, wie man auf so eine Summe kommt ist", so der Touristiker.

Manche Kunden buchen auch nur einen Privatjet bei uns - im Prinzip ist alles möglich

Auch für Gregor Kadanka, Mondial-Chef und Obmann des Fachverbands Reisebüros, ist Luxus ein schwammiger Begriff. Luxus sei vor allem auch eine Frage der Abgrenzung: Das höherpreisige Segment beginnt für ihn bereits bei 3000 Euro pro Person und 10.000 Euro für eine Familie. Nach oben seien aber keine Grenzen gesetzt. "Da ist man dann schnell bei einem fünfstelligen Betrag für eine Woche."

Beispielsweise bei 79.000 Euro pro Person -ohne persönliche Nebenausgaben oder Teilnahme an fakultativen Ausflügen - für eine 26 Tage dauernde Weltreise im Privatjet: Ein mehr als 40.000 Kilometer langer Trip, der von den Azoren, über Kuba, Kolumbien, Chile, Osterinseln, Cook-Inseln, Australien, Indonesien bis Thailand führt -und bei der die rund 25 Teilnehmer in dem privaten und sehr komfortablen Flugzeug sogar von einem Privatkoch, einem Arzt und einem Butler begleitet werden, wie von HL Travel organisiert und im heuer im Frühjahr angeboten. Eine Reise, die binnen zwei Monaten ausverkauft war. "Das Geschäft ist voll angelaufen. Die Menschen wollen einfach wieder reisen."

Die Bandbreite für maßgeschneiderte Exklusivangebote sei enorm, so Frühwirt. Ganz kurze Reisen würden vielleicht bei 10.000 Euro pro Person beginnen, nach oben hin gebe es preislich eigentlich kein Limit. Es gebe genügend Kunden, die sich das leisten können und wollen, so Frühwirt: "Solche Reisen sind immer auch Momente, die den Teilnehmern nicht mehr genommen werden können. Das ist es, was zählt, die haben ja sonst schon so gut wie alles."

Lockerer und individueller

Auch habe sich das Bild von Luxus im Vergleich zur Vergangenheit grundlegend geändert, sagt Kadanka: In Spitzenhotels oder auf Kreuzfahrten sei das früher eine steife Angelegenheit gewesen und die Menschen seien mit Abendkleid und im Anzug mit Krawatte beim Essen gesessen. Heute wolle das kaum noch jemand, da will man es besonders in den Urlaubsdestinationen viel legerer. "Die Qualität ist hoch geblieben und vielleicht sogar noch größer geworden, gleichzeitig gibt man sich viel lockerer und legerer.

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Auch nicht gerade günstig: Ein Dinner zu zweit auf einer Malediven-Insel © Österreichisches Verkehrsbüro AG

Der Wunsch nach Individualität habe stark zugenommen, sagt auch Janner-Moser: "Jeder will alles genau so, wie er es sich vorgestellt hat." Deshalb gebe es mittlerweile auch sogenannte Travel Designer, die die Reise exakt auf die jeweiligen Kunden abstimmen. Individuelle Safaritouren in Kleingruppen beispielsweise sind derzeit sehr im Trend, oder auch Viereinhalb- bis Sechssternehotels mit jeglichem Komfort.

Die Leute konnten das Geld in den letzten Jahren nicht ausgeben. Dafür geben sie jetzt Vollgas

Topdestinationen im Winter sind auf der Langstrecke die Malediven - mittlerweile eine Ganzjahresdestination - und der indische Ozean, also Mauritius oder die Seychellen. Das Angebot werde immer größer: auf den Malediven etwa habe die Anzahl der Hotelinseln binnen zehn Jahren von 120 auf mehr als 180 zugelegt, die allen möglichen Komfort bieten. "Da wird unheimlich viel investiert." Während der Pandemie seien die Malediven aufgrund ihrer abgeschiedenen Lage und geringer Auflagen überhaupt der Renner gewesen, auch jetzt seien sie sehr stark gebucht. Thailand komme gerade wieder zurück. Eine stark nachgefragte Destination sei auch Dubai, wo es mit dem Atlantis The Royal gar ein Sechssternehotel gebe. "Das spielt wirklich alle Stücke."

Im Sommer sei Griechenland der Favorit, wo sich in den vergangenen Jahren luxusmäßig viel getan habe und es tolle neue Hotels gebe. Auch die Türkei habe wieder zugelegt - nicht nur bei Pauschal-, sondern auch bei Luxusurlaubern. Und in Spanien seien es vor allem die Balearen - also Mallorca und Ibiza. TUI hat auch eine eigene Luxus-Cruise-Abteilung, die elf verschiedene Linien anbiete - spezielle Schiffe, Yachten, Eisbrecher und Expeditionsschiffe. "Arktis und Antarktis sind extrem gefragt - da ist der gesuchte Wow-Effekt garantiert."

Preis und Leistung

Apropos Preise: Auch wenn für Luxusreisen viel ausgegeben wird, schauen die Kunden doch auch auf das Geld, sagt Freund: "Die Preissensibilität ist in allen Bereichen größer geworden. Das Preis-Leistungsverhältnis muss auch bzw. sogar besonders im Topsegment stimmen." Mondial-Chef Kadanka: "Luxusprodukte sind heute abseits der klassischen High- Class-Angebote wesentlich ausdifferenzierter und zielgruppenspezifischer ausgestaltet: Das Angebot ist heute viel breiter geworden und bedarf entsprechend ausgiebiger Beratung und das nützt den Reisebüros." Denn dafür brauche es ein spezielles Know-how. Mondial etwa sei immer schon im gehobenen Segment tätig gewesen und könne den Kunden Erfahrungsberichte aus erster Hand anbieten. Und das sei genau, was diese möchten. "Die wollen wissen, welche Insel und welches Zimmer für sie richtig ist", so Kadanka. Standardmäßig buchbare Angebote gebe es in dem Segment nicht.

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Eine Kreuzfahrt in die Arktis ist alles andere als eine alltägliche Urlaubsreise und kostet daher auch weit mehr als eine normale Schiffsreise © HLC

Heiße Klimadiskussion

Doch inwieweit passen solche Reisen zur aktuellen Klimadiskussion? Immerhin sind Ferndestinationen ohne Flugzeug nicht zu erreichen - des Öfteren wird sogar ein Privatjet gebucht.

Laut Ruefa-Chefin Freund ist das natürlich ein Thema - vor allem was Nachhaltigkeit betrifft, sowohl für das Unternehmen als auch die Kunden. In Sachen Nachhaltigkeit habe Ruefa ein eigenes Projekt "Green Travel" gestartet, bei dem man sich z. B. mit der CO2-Bilanz einer bestimmten Reise auseinandersetze.

Es würden von den Luxusreise-Kunden auch Privatjets gebucht, in der Relation zum gesamten Reiseaufkommen sei das aber nicht so ein großes Thema, sagt Freund: "In solchen Fällen beraten wir die Kunden aber auch über Alternativen, die es für bestimmte Reisen zum Privatjet gibt. Die Letztentscheidung trifft aber klarerweise der Kunde." Auf die Frage, ob die Kunden freiwillig auf das Fliegen verzichteten, wenn es Alternativen gebe, sagt Freund, das sei "mal so und mal so". Was die Nachhaltigkeit vor Ort betreffe, würden auch die Kunden darauf achten: "Die schauen, dass schonend mit den Ressourcen umgegangen wird oder dass regionale Bio-Produkte verwendet werden. Auch ist vegane Küche immer mehr gefragt", so Freund: "Die Sensibilität für das Thema ist auf jeden Fall da."

Wenn ich es will, mache ich es. Niemand verzichtet wegen der CO2-Bilanz auf das Fliegen

Janner-Moser erklärt, dass das "kontroverse" Thema von TUI wichtig genommen werde. Der Konzern habe sich dem Thema verschrieben und zahlreiche Programme dazu installiert. Auch in zahlreichen angebotenen Hotels widme man sich der Nachhaltigkeit - versuche beispielsweise Plastik zu vermeiden, Wasser aufzubereiten und Energie einzusparen. Man sei sich bewusst, dass Kreuzfahrten diesbezüglich im Fokus stünden und auch das Fliegen, insbesondere mit Privatjets. Da sei im Übrigen die Nachfrage ebenfalls gestiegen - speziell bei Safaris.

Ähnlich Luxusreisen-Veranstalterin Frühwirt: Man lege natürlich großen Wert auf Nachhaltigkeit und sehe dies auch als Verpflichtung den Menschen gegenüber. Auf das Flugzeug verzichten wollen aber weder sie noch ihre Kunden. "Aber wir produzieren keine Massen und fliegen immer mit voller Auslastung."

Tourismusforscher Peter Zellmann, für den das starke Wachstum bei Luxusreisen keine Überraschung ist - weil es nach Corona einen großen Nachholbedarf vor allem auch bei Fernreisen gebe, sagt, dass sich das obere Einkommensdrittel einfach den Urlaub gönnen wolle. Diese von Inflation und Teuerung unbeeindruckte Klientel sei für Luxusreisen relevant: "Man leistet sich das, weil man es kann."

Der Urlaub sei eine hochemotionale Angelegenheit und nach Weihnachten für die meisten Menschen die zweitwichtigste Zeit im Jahr. "Da wird dann alles andere hintangestellt, auch Klimaschutz-oder Umweltüberlegungen oder die Frage des persönlichen CO2-Abdrucks. Ganz nach dem Motto: ,Man gönnt sich ja sonst nichts'", so Zellmann. Die meisten Menschen seien zwar durchwegs umweltbewusst, würden Müll trennen, mit den Öffis fahren usw., aber wenn es um den Urlaub geht, dann fangen sie damit nur wenig an - da spielen dann solche Überlegungen keine Rolle. Das gelte im Besonderen auch für das Verreisen mit dem Flugzeug oder auf Kreuzfahrten: "Wenn ich es will, dann mache ich es", sagt der Tourismusforscher: "Niemand wird wegen der CO2-Bilanz auf das Fliegen verzichten." Auch sei die Berichterstattung über den Klimawandel sehr abstrakt und für den Einzelnen und seine speziellen Bedürfnisse ziemlich weit weg, so der Tourismusforscher: "Ein Flug- oder Kreuzfahrt-Shaming gibt es in der Regel deshalb nicht."

Dieser Beitrag erschien ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 25+26/2023.

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