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Liebe(r) zu Dritt

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Dr. Monika Wogrolly
©Bild: Matt Observe/News
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Seit seiner Hochzeit hat Albert wechselnde Geliebte, die zuerst auf ihn warten und ihn nach einiger Zeit enttäuscht wieder verlassen. Mit Elke ist das anders. Sie stellt ihm ein Ultimatum. Und versteht nicht, was ihn überhaupt noch in seiner Ehe hält.

Dreiecksbeziehungen gab es schon immer. Wiederholt betonen Männer wie Albert in ihrer Psychotherapie, wie erstaunlich wenig sie überhaupt an ihrer Ehefrau anziehend finden würden. Häufig sind folgende Gründe fürs Fremdgehen und für ein Doppelleben schlagkräftig:

Die Rollenverteilung in „Heilige und Hure“ besagt, die Ehefrau sei sexuell nicht sonderlich begehrenswert. Und dass sie von Natur aus nie so richtig sein Typ gewesen sei. Die Wurzeln des „Heilige und Hure“-Dilemmas sind gesellschaftlich bedingt: Die Ehefrau soll keusch sein, damit garantiert ist, dass die Kinder auch wirklich von ihrem Ehemann sind. Unsere Gesellschaft ist auf eine exklusive Partnerschaft aufgebaut, die sinnlichen Gelüste werden auf einen anderen Schauplatz verlagert. Die Gattin wird zusehends erotisch unsichtbar und tritt – bei gemeinsamen Kindern – nur noch im Kontext der Mutterschaft in Erscheinung sowie als Sicherheit gebende Konstante. Sie kann seine Erwartungen nicht erfüllen und lässt ihn sexuell abkühlen. Oder ist ihrerseits wenig oder gar nicht an Sex interessiert. Allein der gemeinsame Lebensplan und die Finanzen halten die Partner zusammen.

Und Albert? Weiß nicht, was er will. Bei seiner Ehe sei längst die Luft draußen, sagt er. Prickelnd war es nie. Und er weiß auch nicht, warum er Ingrid heiratete. Das sei schon so lang her. Sie zu verlassen, war ihm nie in den Sinn gekommen. Auf die Frage nach Gemeinsamkeiten, die das Ehepaar zusammenhalten, reagiert der gute Mann wortkarg. Weshalb sind die beiden scheinbar auf Gedeih und Verderb ein Ehepaar, obwohl sie sich nichts mehr zu sagen und schon längst kein Liebesleben haben? Zu Elke empfinde er Liebe, da sie ihm visuell mehr entspreche, sexy und zudem deutlich jünger sei. Bei seiner Gattin seien es nur Freundschaft und Loyalität, so Albert. Wie bitte? Ein Liebesleben in der Ehe gab es bis vor zwanzig Jahren in gemeinsamen Urlauben, danach aber nicht mehr. Und mit Elke habe es sich mittlerweile ebenso – langsam aber sicher – mit Zärtlichkeiten und Sex aufgehört. Aber je mehr Druck sie durch ihren emotionalen Rückzug aufbaue, desto weniger Verlangen und Liebe verspüre er zu ihr.

Und nun die führenden Argumente, warum Männer in Love-Triangles sich nicht scheiden lassen:

  • Schuld. Er wolle nicht schuld sein. Wenn, dann müsse sie ihn verlassen.
  • Tugendhaftigkeit. Die Ehefrau könne nichts dafür und habe schon so viel ausgehalten, darum könne man nicht einfach Tschüss sagen.
  • Gemeinsame Kinder. Der Kontakt zu den Kindern werde bei einer Trennung von ihr aus Rache sabotiert oder doch empfindlich erschwert.
  • Das soziale Leben. Der drohende Verlust der Beziehung zu Freundinnen, Freunden, Nachbarn und Nachbarinnen ist ebenso ein häufiges Argument für die Aufrechterhaltung der Ehe.
  • Drohender Imageschaden. Man will nicht als skrupelloser Lebemann dastehen, der die treue Ehefrau aus primitiven Beweggründen sitzen lässt.
  • Finanzen. Schwer wiegen oftmals finanzielle Gründe und Verbindlichkeiten.

Häufig siegt wider Erwarten die Bequemlichkeit über die Liebe. Und Liebe zeigt sich aber doch auch in Beständigkeit, was Elke schmerzlich bewusst wird, als sich Albert von ihr abwendet, aber deswegen seiner Frau nicht mehr zuwendet. Sondern die Weichen zur nächsten Außenbeziehung stellt.

Seine Psychotherapie zeigt schließlich, dass er Erotik und Sexualität auf eine Frau in der Rolle der „Hure“ auslagert. Er kann dann jeweils wie auf eine parallele Bühne treten, ohne dass es zwischen beiden Wirklichkeiten unangenehme Überschneidungen gibt.

Ob Psychotherapie dagegen hilft? Klar. Denn wo ein Wille, da ein Weg. Nur bei Menschen wie Albert ändert sich nichts, so lange sie an ihrem Beziehungsmuster nichts ändern wollen. So lange keine Notwendigkeit besteht, Heilige und Hure koexistieren und keinen Stress bereiten. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann lieben Menschen wie Albert noch heute lieber zu dritt.

Haben Sie noch Fragen?
Schreiben Sie mir bitte: praxis  wogrollymonika.at

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