Kaiserin Elisabeth, auch bekannt als Sisi, umgibt bis heute eine mystische Aura. Wer war sie wirklich? Und wie wurde aus dem schüchternen Mädchen die selbstbewusste Ehefrau und Kaiserin?
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Steckbrief Kaiserin Elisabeth
Name: Kaiserin Elisabeth von Österreich; geboren als Elisabeth Amalie Eugenie von Wittelsbach, Herzogin in Bayern
Spitzname: Sisi
Geboren: 24. Dezember 1837
Geburtsort: München
Verstorben: 10. September 1898 in Genf
Ehepartner: Kaiser Franz Joseph I.
Eltern: Herzog Max Joseph in Bayern und Prinzessin Ludovika
Geschwister: Ludwig (1831-1920), Wilhelm (1832-1833), Helene (1834-1890), Karl (1839-1909), Marie (1841-1925), Mathilde (1843-1925), Sophie (1847-1897), Maximilian (1849-1893)
Kinder: Sophie (1855-1857), Gisela (1856-1932), Kronprinz Rudolf (1858-1889), Marie Valerie (1868-1924)
Elisabeth Amalie Eugenie wurde am 24. Dezember 1837 als viertes Kind von Herzog Max Joseph in Bayern und seiner Frau Ludovika Wilhelmine im Münchner "Palais Max" geboren. Ihre Eltern kannten sich von Kindesbeinen an und wurden verheiratet. Ihren Vater sah die kleine "Sisi", wie sie genannt wurde, nicht oft. Bereits kurz nach ihrer Geburt brach er zu einer mehrmonatigen Orientreise auf. Dafür war Mutter Ludovika stets für ihre insgesamt zehn Kinder (eines davon war eine Totgeburt) zur Stelle.
Franz Joseph: Liebe auf den ersten Blick
Elisabeth mangelte es an nichts - und dennoch war nicht davon auszugehen, dass sie einmal Kaiserin werden würde. Den Beginn dieser heute oftmals märchenhaft verklärten Geschichte stellt ein Aufenthalt in Ischl im Jahre 1853 dar. Kaiser Franz Joseph, für den es höchste Zeit war, eine passende Gemahlin zu finden, verliebte sich auf der Stelle in seine Cousine (Sisis Mutter Ludovika und ihre spätere Schwiegermutter Erzherzogin Sophie waren Schwestern, Anm.). Am 18. August, seinem 23. Geburtstag, machte er der damals 15-Jährigen einen Heiratsantrag, einen Tag später wurde offiziell die Verlobung verkündet.
Am 24. April 1854 heirateten Elisabeth und Franz Joseph. Ein knappes Jahr nach der Hochzeit brachte die damals 17-jährige Sisi ihr erstes Kind zur Welt. Auch wenn man auf einen männlichen Erben gehofft hatte, war Töchterchen Sophie der Stolz der Familie. Tragischerweise starb sie im Alter von zwei Jahren auf einer Reise durch Ungarn. Für Kaiserin Elisabeth der erste große Schicksalsschlag.
Elisabeth bekam mit Gisela, Rudolf und Marie Valerie drei weitere Kinder. Auch Kronprinz Rudolf starb vor seiner Mutter - ein weiterer Verlust, der der Kaiserin schwer zusetzte.
Sisis Leben abseits des Wiener Hofes
Schon zu Beginn ihrer Ehe hatte die damals sehr schüchterne und noch mitten in der Pubertät steckende Sisi Probleme, sich zu akklimatisieren. Die Kaiserin wurde immer kränklicher, weshalb sie zur Erholung zunächst nach Madeira und später nach Korfu reiste.
Mit den Jahren wurde Elisabeth zunehmend selbstbewusster. Das einst schüchterne Mädchen, das einen Kaiser geheiratet hatte, war zu einer entschlossenen Ehefrau auf Augenhöhe geworden. Dies gipfelte im Ultimatum, das sie ihrem Ehemann stellte. In einer handschriftlichen Mitteilung forderte sie die unumschränkte Vollmacht für Entscheidungen ihre eigene Person und ihre Kinder betreffend. Kaiser Franz Joseph stimmte zu.
Auch wenn die Ehe von Elisabeth und Franz Joseph im Gegensatz zu vielen anderen in der damaligen Zeit aus Liebe geschlossen wurde, entfernten sich die beiden mit den Jahren immer weiter voneinander. Sisi blieb ihrer Reiselust treu und verließ ihren Mann und den Wiener Hof immer wieder für längere Zeit. So ist es auch nicht verwunderlich, dass sie auch abseits der Heimat starb.
Ermordung durch Luigi Lucheni
Kaiserin Elisabeth starb am 10. September 1898. Sie wurde während eines Aufenthalts in Genf vom italienischen Anarchisten Luigi Lucheni ermordet. Er stieß Sisi mit einer Feile mitten ins Herz. Sie wurde 60 Jahre alt.
News.at hat mit Martina Winkelhofer über Kaiserin Elisabeth gesprochen. Sie ist Autorin des Buches "Sisis Weg: Vom Mädchen zur Frau - Kaiserin Elisabeths erste Jahre am Wiener Hof"
Sisis Weg: Vom Mädchen zur Frau – Kaiserin Elisabeths erste Jahre am Wiener Hof | Die erste Biografie über das Privatleben von Sisi
Über Sisi wurde schon viel geschrieben. Was war Ihre Intention, sich mit ihren Anfangsjahren zu beschäftigen?
Sisi ist so etwas wie ein Lebensthema für mich. Schon als Kind hat mich die Geschichte dieser Kaiserin fasziniert. Als Historikerin habe ich mich erst spät, aber dann doch an das Thema herangewagt – einfach deshalb, weil mich die bisherigen Darstellungen nicht überzeugt haben und ich im Laufe meiner bisherigen Forschungen über den Wiener Hof und die Habsburgermonarchie im 19. Jahrhundert immer wieder auf Quellen gestoßen bin, die so gar nicht zu den Klischees rund um Sisi passten. Ich konnte auch die Überbetonung von Extremen rund um Sisi nie nachvollziehen. Sisi war in der Erzählung wirklich schon alles: Das einfache Landmädel, die tiefunglückliche Depressive, die durchgeknallte Egozentrikerin, die Esoterikerin, die Revoluzzerin, die Heilige, die Lichtgestalt. Das hat mein Interesse geweckt und ich habe mich auf die Suche nach der jungen Frau hinter dem Mythos begeben. Ich wollte beim Anfang beginnen. So bin ich bei der jungen Sisi gelandet.
Würden Sie sich selbst als Monarchistin bezeichnen? Fänden Sie es gut, wenn wir heute in Österreich noch bzw. wieder eine Monarchie hätten?
Nein, ich bin keine Monarchistin, sondern Wissenschaftlerin. Sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen und diese zu erforschen, heißt nicht, frühere Verhältnisse herbeizusehnen. Und zum Thema Monarchie: Dieses Buch ist zugeschlagen, die Geschichte der Monarchie als Regierungsform ist in Österreich auserzählt, schon seit mehr als 100 Jahren. Dennoch ist die Geschichte der Habsburgermonarchie Teil unseres kulturellen Erbes, das sich auf vielfältige Weise zeigt: In der weltlichen und sakralen Architektur, der Kunst und Kultur, selbst den österreichischen Tourismus kann man sich ohne die Geschichte der Habsburgermonarchie nicht vorstellen.
Auf Netflix sind zwei Sisi-Serien geplant. "The Empress" startet im Herbst 2022. Die Miniserie will "mehr in die Tiefe der Figuren" gehen, heißt es, und Sisis erste Monate am Hof beleuchten. Also ähnlich wie auch Sie in Ihrem Buch. Werden Sie sich das anschauen?
Auf jeden Fall! Ich freue mich schon sehr auf die Serien. Ich finde es immer spannend, wie Drehbuchautoren und Drehbuchautorinnen "ihre" Sisi zum Leben erwecken. Und natürlich freue ich mich auf die Performance der Schauspieler und Schauspielerinnen und bin schon gespannt, wie sie die kaiserliche Familie und ihre Umgebung darstellen.
Anm. der Redaktion: "The Empress" (dt. "Die Kaiserin") ist seit 29. September 2022 auf Netflix zu sehen.
Was halten sie von den "Sissi"-Filmen mit Romy Schneider?
Die "Sissi"-Filme sind österreichisches Kulturgut. Abgesehen davon, dass die Filme handwerklich top gemacht sind und die Schauspieler zu den Größten ihrer Zunft gehörten, sind die "Sissi"-Filme selbst mittlerweile Teil unserer Geschichte. Wie alles muss man freilich auch diese Filme im Kontext ihrer Zeit betrachten. Mitte der Fünfzigerjahre war noch nicht die Zeit, um Kaiserin Elisabeth als selbstwirksame, emanzipierte Frau darzustellen – das hätte auch gar nicht dem Frauenbild dieser Zeit entsprochen. Die Rechte, die sich Kaiserin Elisabeth in ihrer einzigartigen Position als Frau eines mächtigen Monarchen im 19. Jahrhundert herausnehmen konnte, hätte sich keine Frau der Fünfzigerjahre herausnehmen können. Dazu darf man die Erwartung des damaligen Publikums nicht außer Acht lassen: Die Menschen gingen ins Kino, um den tristen Nachkriegsalltag zu vergessen, sich in eine schönere Vergangenheit zu flüchten, als alles vermeintlich einfacher war und sich am Ende in Wohlgefallen auflöste. Eine schwierige Frauengeschichte hätte damals niemand sehen wollen. Und ganz ehrlich: Gab es je eine entzückendere "Kaiserin" als Romy Schneider?
Welche Sisi-Verfilmung ist Ihrer Meinung nach die bisher realistischste?
Ganz klar die von Romy Schneider in späteren Jahren gespielte Elisabeth in Luchino Viscontis "Ludwig II." aus dem Jahr 1973. Wie Visconti – der ja dafür bekannt war, dass in seinen historischen Dramen punkto Kostüme und Requisite alles authentisch sein musste – die Ästhetik, die Kleidung, die Atmosphäre, die sozialen und familiären Hierarchien in Sisis Umgebung, etc. dargestellt hat: Das ist reinster Geschichtsunterricht.
Was macht Ihrer Meinung nach den Sisi-Mythos aus? Weshalb ist sie immer noch so populär?
Ganz abgesehen davon, dass Sisi immer noch die Aura der Märchenprinzessin umgibt und ihre Abbildungen – ob Fotografien oder Gemälde – zu ikonischen Bildern wurden, die jedem entgegenstrahlen, ist es wohl ihre berührende "coming of age"-Geschichte, die jede Generation aufs Neue fasziniert: Es geht um Wachstum und Reifung, um persönliche Entwicklung, um Selbstwirksamkeit und Emanzipation. Darum, sein Leben so zu gestalten, dass es zu den inneren Werten passt. Dass es in Sisis Leben aber nicht nur Erfolge und Befreiung, sondern auch Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit, Schmerz und Verlust gab, macht es halt auch sehr authentisch. Sisi Lebensgeschichte ist so gesehen universell.
Haben Sie bei der Recherche für das Buch Neues über Sisi erfahren, das sie überrascht hat? Wenn ja, was?
Mich hat doch sehr überrascht, wie sehr sich die blutjunge Sisi bemühte, sich in den Wiener Hof zu integrieren. Die Repräsentationspflichten waren enorm und auch körperlich anstrengend, aber sie hat alles tadellos erfüllt. Eine große Leistung für ein blutjunges Mädchen, dass extrem schüchtern, geradezu verschreckt war. Wir sprechen hier von anstrengenden mehrwöchigen Staatsreisen mit riesigem Gefolge, wo jede Minute durchgetaktet ist, man pro Stunde zig Würdenträger empfängt, von Diners mit hunderten Gästen bis spät in die Nacht. Das alles im zarten Teenageralter und den frühen Zwanzigern als Elisabeth entweder dauernd schwanger oder gerade erst frisch Mutter war. Das hat alles funktionierte bis zum tragischen Tod ihres ersten Kindes, der Sisi völlig aus der Bahn geworfen hat und sie vieles in Frage stellen ließ.
Sisis Kindheit und Jugend fand unter großem materiellen Reichtum statt, wie Sie in ihrem Buch schreiben. Sie lernte das Leben im Luxus also nicht erst nach ihrer Hochzeit mit Franz Joseph kennen. Welchen Bezug hatte Sisi zu Geld?
Sie hatte gar keinen Bezug zu Geld, woher hätte sie ihn auch haben sollen? Kaiserin Elisabeths Vater war einer der reichsten Männer Bayern, sein Privatvermögen war größer als das des Königs. Sisi wuchs in einer Umgebung auf, in der Geld keine Rolle spielte und in der man sich jeden auch noch so ausgefallen Wunsch erfüllte, der mit Geld zu erfüllen war und das setzte sich nach ihrer Heirat fort: Kaiser Franz Joseph, der sonst ein wachsames Auge auf die Finanzen hatte und bei sich selbst geradezu kleinbürgerlich sparsam war, erfüllte seiner geliebten "Engel-Sisi" jeden Wunsch, der mit Geld zu erfüllen war: Schlösser, Schmuck, die teuerste Mode, edelste Rennpferde, luxuriöse Reisen, Kunstwerke, usw.
Bei Sisis Eltern Ludovika und Max handelte es sich um keine wahre Liebe, sie führten getrennte Leben. Wie wurde Sisi davon geprägt?
Von der schwierigen Ehe ihrer Eltern und der Lieblosigkeit, die ihr Vater seiner Ehefrau entgegenbrachte, wurde Sisi weniger geprägt, als von den Strategien, die ihre Mutter im Lauf der Zeit als Reaktion auf ihre nicht immer leichte Situation entwickelte. Dass ein Vater in diesen Kreisen weder körperlich noch emotional anwesend war, war nichts Besonderes. Man darf hier keine Werte unserer Zeit als Vergleich heranziehen. Der abwesende Vater war nicht das Problem, das war zu dieser Zeit normal in königlichen Kreisen. Problematischer für Sisis Entwicklung war die Neigung der Mutter zum Rückzug. Herzogin Ludovika war eine herzensgute Frau, aber sie konnte mit schwierigen Situationen, mit Stress und emotionalen Belastungen überhaupt nicht umgehen. Vor allem aber neigte sie zu einer klassischen weiblichen Vermeidungstaktik dieser Zeit, die Sisi später wiederholen sollte: Die Flucht in Krankheit. Erst zu ihrer Lebensmitte änderte sich die Mutter, sie begann mehr in sich zu ruhen, wurden souveräner, gelassener. Interessanterweise startete dieser Prozess erst nach Sisis Emanzipation.
Elisabeths Mutter widmete ihren Kindern viel Zeit und Aufmerksamkeit. Das war in der damaligen Zeit nicht unbedingt die Norm in diesen Kreisen, oder?
Nein, das war damals wirklich nicht die Norm. Eine von Herzogin Ludovikas späteren Schwiegertöchter erzählte, Sisis Mutter wäre ein "ausgesprochenes Muttertier". Ludovika lebte in engem Kontakt mit ihren Kindern, die emotionale Bindung zu ihren acht Kindern war tief und sollte ein Leben lang nicht abreißen.
Kaiser Franz Joseph verliebte sich auf den ersten Blick in Sisi. Und wie war es bei ihr? War es auch bei ihr echte Liebe?
Es war Liebe, nur war es zu Beginn eine sehr stille, schüchterne Liebe von ihrer Seite. Während Franz Joseph, wie seine Mutter es formulierte, "brannte", über das ganze Gesicht gestrahlt hat, die ganze Welt umarmen wollte, hat Sisi ihm in ihrer schüchternen Art ihre Zuneigung gezeigt. Sie hat vor allem Sicherheit bei ihm gesucht. Franz Joseph war zu Beginn ihr Zufluchtsort in einer für sie beängstigenden Umgebung. Wenn er sich entfernt hat – etwa, weil zu mehrwöchigen Manövern fahren musste – ist für sie eine Welt zusammengebrochen und sie musste tagelang weinen. Erst später entwickelte sich eine reife Liebe auf Augenhöhe, die auf Respekt gründete und dem Anderen seine Freiheit und auch seine Eigenheiten ließ.
Sofort nach der Heirat stand Kaiserin Sisis Menstruation im Mittelpunkt. Wie groß war der Druck, einen Nachkommen zu "liefern"?
Wir können uns heute gar nicht mehr vorstellen, wie groß der Druck auf Frauen war, die direkte Thronfolge durch die Geburt eines Sohnes abzusichern. Die Frau eines regierenden Monarchen, die diese wichtigste Aufgabe nicht erfüllte, wurde zum Problem für die Dynastie – und das ließ man sie auch spüren. In Sisis Fall sah man bis zur Geburt des ersten Kindes besonders genau hin, denn zwei ihrer Tanten, die mit Königen verheiratet waren, konnten keine Kinder bekommen, weshalb die Krone an eine andere Linie ging. Ein schlimmeres Schicksal als Kinderlosigkeit gab es für die Frau eines regierenden Kaisers nicht.
Erzherzogin Sophie wird oftmals als "Schwiegermonster" beschrieben. Wie sehen Sie die Beziehung zwischen Sisi und ihr?
Die Beziehung zwischen Kaiserin Elisabeth und Erzherzogin Sophie finde ich äußerst spannend. Beide waren starke Persönlichkeit, beide starteten am Wiener Hof unter schwierigen Bedingungen, beide entwickelten sich zu starken Frauen. Und wenn man ein bisschen gräbt, erkennt man, dass sich die beiden gar nicht so unähnlich waren. Man vergisst nur immer, dass zu jener Zeit, als die beiden aufeinandertrafen, ein sehr großes Gefälle zwischen ihnen bestand: Sisi war noch blutjung und noch völlig gefangen im Respekt vor Älteren, die Schwiegermutter in ihrer Lebensmitte und am Zenit ihrer persönlichen Entwicklung. Die eine verlangte nach mehr Autonomie, die andere konnte die Zügel nicht rechtzeitig loslassen. Dieses Ungleichgewicht musste austariert werden, daran führte kein Weg vorbei, und das lief nicht ohne Spannungen und häusliche Kämpfe ab. Aber "Schwiegermonster" war Sophie sicherlich keines. Sie wollte ihre Schwiegertochter auf dem aalglatten Parkett des Wiener Hofes davor schützen, auszurutschen und überschritt dabei oft persönliche Grenzen. Sisi musste ihren eigenen schmerzhaften Erfahrungen bei Hof machen. Ironischerweise beherzte die Kaiserin später unbewusst viele Ratschläge ihrer Schwiegermutter, wie etwa, dass sie einen großen Graben zwischen sich und der Hofgesellschaft zog und unnahbar wurde.
In Ihrem Buch erfahren wir, dass die junge Sisi sehr schüchtern gegenüber den Höflingen war, gerüchteweise soll sich das später ins Gegenteil verkehrt haben. Was ist da dran? War Sisi später tatsächlich so rüde zum Personal?
Wir müssen zwischen den klassischen Höflingen und dem Personal am Wiener Hof unterscheiden – in Sisis Fall ihr sogenanntes "Kammerpersonal", also alle Diener, Kammerfrauen und Kammermädchen, die ihr persönlich dienten. Was die Höflinge betraf, hatte Sisi, die allen in ihrer ersten Zeit an Wiener Hof mit rührender Offenheit und Freundlichkeit gegenübertrat, auf schmerzhafte Weise ihre Lektion gelernt: Sie misstraute später allen Höflingen, ließ sich nicht mehr manipulieren und hielt sich diese auch mit einer gehörigen Portion Arroganz vom Leib. Ihrem Personal gegenüber verhielt sich Sisi jedoch ganz anders: Sie schätzte die Mitglieder ihrer Kammer, kümmerte sich um deren Wohl, überschüttete das Personal mit Geschenken, förderte deren Familienmitglieder. Ihr persönlicher Hofstaat hielt Sisi auch bis zuletzt die Treue und trug sie geradezu durch alle Krisen. Das waren die Menschen, denen Sisi am Wiener Hof vertraute, nicht die Höflinge.
Ihr Buch endet mit Sisis Ultimatum an ihren Ehemann. Sie schreiben, Sie hätten auch den Kaiser mit neuen Augen betrachtet. War er aus heutiger Sicht ein "moderner Mann"?
Absolut. Ich würde – was seine Ehe und sein Engagement für seine Kinder betrifft – Kaiser Franz Joseph mit den ersten Männern, die in Karenz gingen, vergleichen: Man wunderte sich, fand es nicht passend, konnte sich boshafte Bemerkungen nicht verkneifen. Die Umgebung des Kaisers verstand nicht, dass er so auf die Befindlichkeiten seiner Frau einging. Man fand auch, dass er mehr den Herrn im Haus ausleben sollte. Die Kommentare in den Tagebüchern seiner Umgebung sind auch entlarvend: Man schrieb vom "armen", vom "geprüften" Kaiser, man bedauerte den Monarchen, der so ein Kreuz mit seiner eigenartigen Ehefrau hatte. Kaiser Franz Joseph selbst hat sich aber nie als "arm" empfunden. Er war bis zu Sisis Tod davon überzeugt, die wundervollste Frau der Welt zu haben.
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Da ich so viel Archivmaterial für mein Buchprojekt zusammengetragen und ausgewertet habe, hat sich der Piper Verlag entschlossen, meinem ersten Buch über die junge Sisi ein zweites anzuschließen.
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