Karina Sarkissova war bei "Dancing Stars" als Jurorin tätig. Ihr Sohn, Skirennläufer und TU-Student Gabriel Sarkissova, startet nun als Designer durch. Mit Ruhe, aber viel Fokus
Auf den ersten Blick haben sie wenig gemeinsam. Die meinungsstarke, offensiv erotische "Dancing Stars"-Jurorin, die im Rampenlicht aufblüht. Und ihr zurückhaltender Sohn, dessen stille Freundlichkeit man vorschnell als Schüchternheit auslegen könnte. Im Sommer wurde Gabriel Sarkissova 18 Jahre alt, genau halb so alt wie Mutter Karina. Die ebenso gefeierte wie kritisierte Balletttänzerin, die im ORF die tanzenden Promis beurteilt, gratulierte mit einem innigen Social-Media-Posting.
"Du bist das Beste, das mir im Leben passiert ist", schrieb Karina Sarkissova dem Sohn. Wortreich dankte sie auch dessen Vater Wolfgang Rudroff. Er habe den härteren Teil der Erziehungsarbeit erledigt und den Sohn zu einem stattlichen jungen Mann und Skirennläufer gemacht, so Sarkissova.
Gabriel war neun, als die Eltern sich trennten, und ist beim Vater aufgewachsen. Karina war damals Solotänzerin der Wiener Staatsoper. Der Vater brachte ihn ab dem sechsten Lebensjahr im Winter zweimal pro Woche zum abendlichen Skitraining auf dem Semmering. Am Wochenende arbeitete Gabriel Sarkissova zudem auf dem Kitzsteinhorn mit seinem Privattrainer Martin Auer, einem Lehrer der Schihauptschule Saalfelden. Freitags ging es mit dem Zug nach Zell am See, Sonntagabend retour. "Wenn ich beim Training auf dem Berg bin, vergesse ich jeden Stress. Dann ist mein Fokus nur noch, das Beste aus mir rauszuholen. Das ist meine andere Art von Entspannung, wobei es natürlich hartes Training ist. Ich liebe es", sagt er.
Seit dem 16. Lebensjahr fährt er aufgrund seiner Doppelstaatsbürgerschaft - Mutter Karina kam in Moskau zur Welt - im russischen Skiteam. "Ab diesem Alter beginnt der FIS-Bereich, und da sind die Plätze in Österreich begrenzt. Ich hätte aufhören müssen oder Rennen fahren, die mir keine Punkte bringen. Da habe ich die Chance, für Russland zu fahren, genutzt. Alles andere wäre kein professioneller Zugang gewesen", erklärt der Slalomfahrer.
Und erinnert in seiner zielorientierten Überzeugtheit doch an die Mutter: alles oder nichts. Der streut er auch reichlich Rosen: "Meine Mutter war sicher öfter bei meinen Skirennen als ich bei ihren Ballettaufführungen. Sie ist eine wunderbare Künstlerin. Unfassbar, wenn sie tanzt. Aber wenn ich jemand anderen sehe, schlafe ich ein. Oper und Ballett begeistern mich nicht wahnsinnig", stellt er beim Gespräch in der Wiener Traditionskonditorei Gerstner im ersten Bezirk fest.
Im gediegenen Ambiente des ehemaligen k. u. k. Hoflieferanten genießt er gerne kleine Auszeiten. Wo Klaviermusik die hohen Räume erfüllt und goldverzierte Stuckatur das Auge verwöhnt, scheint die Zeit still zu stehen. Getrost könnte man hier auch vergessen, dass die Mutter gerade genervt in ihrer Wohnung in Budapest ausharren muss.
Letzte Woche wurde Karina Sarkissova bei einem der mehrmals wöchentlich stattfindenden Routinechecks positiv auf Corona getestet. Nun muss das "Dancing Stars"-Finale ohne sie stattfinden. "Sie ist recht gereizt, wenn sie die Wohnung nicht verlassen darf", so der Sohn. "Die Infektion ist leider nicht symptomfrei, aber es geht ihr den Umständen entsprechend gut."
Es ist sieben Jahre her, dass Karina Sarkissova als Solotänzerin des ungarischen Nationalballetts nach Budapest zog. Seither pendelt sie zwischen Wien und der ungarischen Hauptstadt.
Mutter und Sohn-Routinen
"Wir sehen uns, so oft es geht, und das ist immer schön. Am liebsten gehen wir zusammen in unser Lieblingsrestaurant, das Strandcafé an der Alten Donau, weil es dort die besten Spareribs gibt", erzählt Gabriel.
Vor ihrem Abschied aus Wien hatte Karina Sarkissova mit Fotos für das Magazin "Penthouse" großes Aufsehen erregt. Weitere Schlagzeilen hatte die Geburt von Gabriels Halbbruder Lev, heute sieben, verursacht. Den Trubel um ihre Person und ihre oft vom Mainstream abweichenden Ansichten schien Karina stets zu genießen.
So tickt Gabriel Sarkissova
Gabriel beeindruckt anders. Er agiert umsichtig, formuliert vorsichtig und wirkt im Umgang mit anderen stets auf Höflichkeit bedacht. Es fällt angenehm auf, wenn ein 18-Jähriger bei Tisch fragt, ob es in Ordnung ist, kurz auf sein Handy zu schauen.
"Natürlich polarisiert meine Mutter, weil sie ihre Meinung sagt. Öffentlichkeit ist eben ein wichtiger Teil ihres Lebens und es müssen sie auch nicht alle mögen. Mir persönlich war ihre Medienpräsenz immer egal. Wenn wir zusammen sind, ist sie einfach meine Mutter ", sagt Gabriel.
Ein Job ist nicht genug
Er selbst habe mit öffentlichen Auftritten wenig am Hut, meint Gabriel Sarkissova. Eine Ausnahme sei, wenn es helfe, seine Arbeit bekannt zu machen. "Ich hatte nie ein Problem damit, in den Medien aufzutauchen, weil es nur kurze Erwähnungen waren.
Aber mir ist es nicht wichtig, in der Öffentlichkeit zu stehen. Wenn ich auf meine Mode aufmerksam machen kann, ist das etwas anderes, dann ist es Teil meiner Arbeit", erklärt der Neodesigner.
Der junge Mann fährt nicht nur Ski, sondern begründet derzeit sein eigenes Modelabel. Wobei hier erwähnt werden muss, dass er hauptberuflich eigentlich Bauingenieurwesen an der Technischen Universität Wien studiert. "Ja, ich bin ausgelastet", kommentiert der Vielbeschäftigte.
Das ist für Gabriel wirklich wichtig
Sein Vater, ein Bauunternehmer, inspirierte den Junior zum Studium. Bei einigen Praktika sammelte er bereits Erfahrungen aus erster Hand. "Die Matura ist nicht ausreichend, um ein gutes Leben zu führen. Sollte es irgendwann so weit kommen, wäre es gut, gewappnet zu sein, um die Firma übernehmen zu können", so Sarkissova. Sein Ziel ist das nicht."Plan A ist die Selbstständigkeit", sagt er. Es ist sein Modelabel, das ihn unabhängig machen soll.
Feilen am Lebenstraum
Neben Studium und Skileidenschaft steckt der 18-Jährige jede freie Minute in sein Fashionlabel Iryz. "Es soll die nächste Generation von High-Fashion-Streetwear werden", beschreibt er.
Dabei orientiert er sich an bei Teenagern beliebten Marken wie Supreme oder Off-White. "Ich liebe Mode und feiere diesen Stil. Es macht mir Spaß, zu designen", sagt er.
Seit einem Jahr arbeitet er mit seinem besten Freund Clemens intensiv an Marketingideen und am Image der Marke. Sweater, Hoodies und T-Shirts, fair produziert, sind Kern der Modeidee. "Es soll keine 08/15-Marke werden, sondern ein Label mit einer Geschichte", so Sarkissova.
Das Lebensziel, das er damit erreichen möchte, ist, sein eigener Chef zu sein. "Das meine ich mit Selbstständigkeit. Ich möchte nicht eingeschränkt sein, indem ich jemand anderes Ideen umsetzen muss.
Mir gefällt es, meine eigenen Ideen zu verwirklichen, so habe ich 100 Prozent Kontrolle darüber, was ich mache", beschreibt er seine Vorstellung. Er kenne viele junge Menschen, die Ideen hätten, sie aber nicht umsetzen würden, erzählt er. Sarkissova: "Ich bin kein mutiger Mensch. Ich habe auch Respekt davor, dass es nicht klappen könnte. Aber jetzt sind wir in dem Alter, wo wir ausprobieren können, unsere Träume zu verwirklichen. Wenn es nicht klappt, haben wir noch zig Jahre, um einen anderen Weg zu gehen."
Mehr als ein Hobby
Die Website für Iryz hat er übrigens selbst programmiert. Die Fähigkeit hat er sich im Alter von zwölf Jahren selbst angeeignet. "Damals haben in meiner Klasse alle 'Minecraft' gespielt. Mein Freund und ich haben dann begonnen, einen Server aufzubauen, mit dem Hintergedanken, dass dann viele Leute darauf spielen", erinnert er sich und lacht.
"Danach habe ich weitergemacht mit Web-Development, HTML, Javascript Das habe ich mir damals in den Kopf gesetzt und es einfach gemacht. Wenn ich mich für etwas sehr interessiere, kann man mich nicht aufhalten."
So beschreibt er seine Mama
Mit diesem Satz erinnert er freilich an Mutter Karina. Als extrem lockeren Menschen, der viele Dinge nicht so ernst nimmt, beschreibt Gabriel sie. Und als "Zuhause". Dass sich die Mutter via Instagram gerne in sexy Posen zeigt, sieht der große Sohn entspannt: "Das ist die Art, in der sie sich präsentierten möchte, und ich werde sie nicht aufhalten, dies zu tun."
Der Fels in der Brandung: Sein Vater
Den Vater umreißt Gabriel Sarkissova als starken Mann mit zähem Durchsetzungsvermögen und Ausdauer. "Ich habe ihm viel zu verdanken und bin froh, dass ich mich auf ihn verlassen kann." Man hat eine Ahnung vom Stolz der Eltern auf diesen Spross.
Dieser Artikel erschien ursprünglich in der News Ausgabe Nr. 48/20