Florian Teichtmeister stand 20 Jahre lang als Publikumsliebling auf Bühnen und war im Fernsehen zu sehen. Seine schauspielerische Karriere ist aber zu Ende. Er wurde wegen des Besitzes und der Herstellung von rund 76.000 Dateien mit Kindesmissbrauchsdarstellungen zu zwei Jahren bedingter Haft und einer ebenso bedingten Einweisung verurteilt. Der einstige Burgtheater-Star bleibt somit auf freiem Fuß, wird aber engmaschig kontrolliert und psychiatrisch behandelt. Das Urteil sorgt für Diskussionen.
Steckbrief Florian Teichtmeister
Name: Florian Teichtmeister
Geboren am: 4. November 1979 in Wien
Wohnort: Wien
Ausbildung: Max Reinhardt Seminar
Beruf: Schauspieler, Dozent
Schon im Februar 2023 sollte Florian Teichtmeister vor Gericht stehen. Auf diversen Datenträgern wurden abertausende Mediendateien mit Kindesmissbrauchdarstellungen gefunden. Der ursprünglich angesetzte Verhandlungstermin im Februar wurde wegen einer Erkrankung Florian Teichtmeisters abberaumt. Richter Stefan Apostol, der die Verhandlung leitete, ließ unterdessen weitere Ermittlungen vornehmen. Die Anklage wurde daraufhin vom Besitz der Daten auf die Herstellung eben jener ausgeweitet, da der einstige Burgtheater-Star zahlreiche davon bearbeitet hatte.
Florian Teichtmeister: Gerichtstermin am 5. September
Florian Teichtmeister zeigte sich am 5. September 2023 am Wiener Straflandesgericht umfassend geständig und bekannte sich zu allen Vorwürfen schuldig. "Niemand wusste von all dem", erklärte er. Anfang der 2000er-Jahre sei er "in eine ausgeprägte Pornografiesucht gekommen, die sich in einem langen Konsumverhalten geäußert hat". Infolge des Konsums von Drogen sei sein Unrechtsbewusstsein immer geringer geworden. Er habe "dazwischen Phasen der Helle und der Selbsterkenntnis, dass das falsch ist" gehabt, diese aber "weggedrückt". Er hätte damals Hilfe wahrscheinlich gar nicht angenommen, räumte der Angeklagte ein: "Die Vernunft war damals nicht stärker als die Krankheit und das Problem." Dabei habe er gewusst, dass er mit dem Beschaffen von Missbrauchsmaterial von Kindern - vor allem im Darknet - "meine Karriere gefährde".
Nach einer 40-minütigen Beratung des Schöffensenats wurde das Urteil verkündet. Florian Teichtmeister ist wegen Besitzes und Herstellung von zehntausenden Dateien mit Missbrauchsdarstellungen von Kindern und Jugendlichen zu zwei Jahren Haft verurteilt und in ein forensisch-therapeutisches Zentrum eingewiesen worden. Der einstige Burgtheater-Schauspieler bekam sowohl die Haftstrafe als auch die Unterbringung im Maßnahmenvollzug unter Setzung einer fünfjährigen Probezeit bedingt nachgesehen.
Florian Teichtmeister muss somit nicht ins Gefängnis, auch die Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum bleibt ihm erspart. Per Weisung wurden vom Gericht aber die Fortsetzung einer Psychotherapie und eine engmaschige fachpsychiatrische Behandlung angeordnet, mit deren Hilfe der einstige Star-Schauspieler seine Pädophilie sowie seine Internet-Nutzung in den Griff bekommen soll. Zudem muss er alle zwei Monate dem Gericht unaufgefordert nachweisen, dass er keinen Alkohol und keine Drogen konsumiert. Auch Bewährungshilfe wurde angeordnet.
Der Senat folgte damit den Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen Peter Hofmann, der sich für diese Maßnahmen ausgesprochen hatte. Teichtmeister nahm das Urteil an, Staatsanwältin Julia Kalmar gab demgegenüber keine Erklärung ab, das Urteil wardamit zunächst nicht rechtskräftig.
Teichtmeister: Das Urteil ist rechtskräftig
Einen Tag nach der Verhandlung, erklärte die Staatsanwaltschaft Wien, sie akzeptiere das Urteil. "Wir werden keine Rechtsmittel anmelden", teilte Behördensprecherin Nina Bussek gegenüber der APA mit. Damit ist das Urteil rechtskräftig.
Zufrieden mit der Entscheidung der Staatsanwaltschaft zeigte sich in einer ersten Reaktion Rudolf Mayer, neben Philipp Wolm einer der beiden Verteidiger Teichtmeisters. "Da das Urteil sowohl täter- als auch opfergerecht ist, ist der Rechtsmittelverzicht der Staatsanwaltschaft folgerichtig", sagte Mayer gegenüber der APA.
Teichtmeister-Urteil sorgt für Diskussionen
Das Urteil im Fall Teichtmeister sorgt innerhalb der Bevölkerung für heftige Diskussionen. Viele Kommentatoren aus der Politik- und Medien-Welt halten es für "zu mild", eine Diskussion um die Strafen für Sexualstraftäter wurde neu entfacht. Namhafte Expertinnen sehen in einer Anhebung der Strafen aber keinen Sinn.
"Höhere Strafen bringen nichts", stellt die Wiener Strafrechtsprofessorin Katharina Beclin unter Verweis auf kriminologische Studien im Gespräch mit der APA fest. Das gelte im Speziellen bei Straftaten, hinter denen ein Suchtverhalten steht, wie es bei Konsumenten von Drogen oder Missbrauchsdarstellungen von Kindern der Fall sei. "Diese Menschen sind triebgesteuert", betont die Expertin. Sie seien daher kaum auf einer rationalen Ebene zu erreichen. Wichtiger wären vielmehr "bewusstseinsbildende Maßnahmen", die dazu beitragen, "dass Täter überführt und verurteilt werden können".
Es gehe jetzt auch darum, den Diskurs um Strafen für Sexualvergehen oder -verbrechen nicht weiter zu emotionalisieren. Florian Teichtmeister habe keine einzige Gewalthandlung vorgenommen, sondern sich das, was andere produziert haben, beschafft und gesammelt, betonte Beclin in diesem Zusammenhang. Primäres Ziel müsse es sein, die Hersteller und Vertreiber von Missbrauchsmaterial "zu erwischen".
"Es ist zwischen Hands On- und Hands Off-Delikten zu unterscheiden", meint Ingeborg Zerbes, Professorin für Strafrecht und Kriminologie an der Universität Wien gegenüber der APA. Sehr hohe Strafen für Täter, die sich nicht direkt an Kindern vergreifen, wären "vergleichsweise unverhältnismäßig", wenn man sie in Bezug zu unmittelbarem Kindesmissbrauch setzt, hält Zerbes im Gespräch fest. Forderungen nach höheren Strafen "bewirken nur eine Scheinprävention", sagt die Expertin, die sich dagegen ausspricht, allein aufgrund des Falls Teichtmeister die Gesetze zu ändern. "Anlassgesetzgebung lässt Sachlichkeit und kriminalpolitisches Augenmaß vermissen", warnte Zerbes.
Zunächst Ermittlungen wegen häuslicher Gewalt
Ursprünglich ermittelte die Staatsanwaltschaft Wien gegen Florian Teichtmeister wegen häuslicher Gewalt und eines Suchtmitteldelikts. Der Ermittlungsantrag wegen fortgesetzter, gegen seine damalige Lebensgefährtin gerichteter Gewaltausübung wurde aus Beweisgründen eingestellt. Hinsichtlich der Drogen trat die Anklagebehörde vorläufig von der Verfolgung zurück. Der Grund: Teichtmeister habe mit den Behörden sowie mit den Ärzten kooperiert. Zudem glaubt ihm die Staatsanwaltschaft, dass er das Suchtgift - trotz der großen Menge - nur zum Eigenkonsum verwendet hat, wie der Falter aus den Polizeiakten berichtet.
Fotos aus dem Darknet heruntergeladen
In weiterer Folge erlangten die Strafverfolgungsbehörden Kenntnis von Datenträgern mit sexuellen Darstellungen von Unmündigen und Minderjährigen. Teichtmeister soll die Fotos zwischen Februar 2008 und August 2021 aus dem Darknet heruntergeladen haben. Darüber hinaus wird davon berichtet, dass der Schauspieler an Drehorten Fotos von teils minderjährigen Darstellern gemacht und aus diesen - mit Sprechblasen mit pornografischen Inhalten versehen - Collagen angefertigt habe. Eines der Bilder habe seine Lebensgefährtin entdeckt und der Polizei gemeldet.
Gerüchte um den Besitz von Missbrauchsdarstellungen Unmündiger und Minderjähriger gab es schon länger. Nachdem das Burgtheater, an dem Teichtmeister zuletzt einen Vertrag hatte, im September 2021 über Medienberichte von den Vorwürfen erfuhr, habe man den Schauspieler zur Rede gestellt. Teichtmeister habe die Vorwürfe stets bestritten und als Racheakt seiner Ex-Lebensgefährtin abgetan. Nach Bekanntwerden der Affäre hat das Burgtheater Teichtmeister am 13. Jänner 2023 fristlos entlassen. Damit fand wohl auch seine schauspielerische Karriere ein Ende.
"Kinderpornografie"
Mit der Verwendung des Begriffs Kinderpornografie läuft man Gefahr, ein schweres Vergehen sprachlich zu verharmlosen. Unter Pornografie versteht man die explizite Darstellung einvernehmlicher sexueller Handlungen zwischen volljährigen Menschen. In diesem Sinne gibt es keine Kinderpornografie. Tatsächlich handelt es sich um Aufnahmen sexualisierter Gewalt an Kindern.
Die Definition der Begriffe "Pornografie" und "Kinderpornografie" ist dem Artikel "Kleines Glossar für die Berichterstattung über Pädokriminalität" des "Standard" entnommen.
Wer ist Florian Teichtmeister?
Am 4. November 1979 als Sohn eines Notars und einer Tierärztin geboren, wuchs Florian Teichmeister mit einem sieben Jahre jüngeren Bruder in Wien auf. Bescheidenheit und humanistische Werte seien in seinem Elternhaus wichtig gewesen, sagte er in einem 2012 mit dem "Kurier" geführten Interview. Schon als Kind habe er sich schauspielerisch betätigt: Er war im Schultheater des Albertus-Magnus-Gymnasiums aktiv. Später besuchte er das Max-Reinhardt-Seminar in Wien, wo er 2012 selbst einen Lehrauftrag für Rollengestaltung erhielt.
Theater-Engagements
Florian Teichtmeister studierte unter anderem beim österreichischen Schauspieler und Theaterregisseur Karlheinz Hackl und dem Pantomimen und Autor Samy Molcho. Bereits während seines Studiums trat er an mehreren Bühnen in Österreich auf, etwa am Wiener Volkstheater. Ab 2005 war er Ensemblemitglied des Theaters in der Josefstadt. Seit 2019/20 zählte er zum Ensemble des Wiener Burgtheaters. Als Alfred in Ödön von Horvaths "Geschichten aus dem Wiener Wald" oder als Mozart in "Amadeus" war Florian Teichtmeister auch bei den Salzburger Festspielen vertreten.
Persönlich bezeichnete sich der Schauspieler in einem Interview mit der "Presse" einst als "Möchtegern-Punk". Als politische Figur befinde er sich immer in einem Zustand der Revolte oder Unterwerfung. Im Zweifel wehre er sich und verkünde laut seine Meinung, unabhängig davon, wie die Reaktionen ausfallen.
Florian Teichtmeister in Film und Fernsehen
Auch im heimischen Fernsehen war Teichtmeister oft zu sehen. So spielte er Hauptrollen in "SOKO Kitzbühel", trat im "Tatort" und bei "Kommissar Rex" auf. Seit 2016 war er als der rollstuhlgebundene Major Peter Palfinger in der ORF-Serie "Die Toten von Salzburg" zu sehen (Anm.: In einem ersten Bericht über seine strafbaren Handlungen auf krone.at durfte Teichtmeisters Name nicht genannt werden, er wurde "Peter P." genannt, mutmaßlich in Anlehnung an diese Rolle.) Bis zur gerichtlichen Klärung der Vorwürfe wird der ORF Serien und Filme, an denen Florian Teichtmeister mitgewirkt hat, nicht mehr ausstrahlen.
Ebenso präsent war Florian Teichtmeister in den vergangenen Jahren im Kino. So trat er etwa im "Fall des Lemming" und in Sebastian Brauneis' Debüt "Zauberer" auf. (Letzterer distanzierte sich bereits 2021 von Florian Teichtmeister und sagte in Interviews nach Bekanntwerden des Namens im Zusammenhang mit den Vorwürfen, dass "jedem in der Branche“"klar gewesen sei, "um wen es geht".) Zuletzt sah man Teichtmeister in Ruth Maders Glaubensthriller "Serviam - Ich will dienen", wo er den Vater einer Zwölfjährigen spielte, sowie in Marie Kreutzers hochgelobter Sisi-Parabel, dem österreichischem Oscar-Kandidaten "Corsage", worin er Kaiser Franz Joseph verkörpert. (Anm.: Die Dreharbeiten wurden im Juli 2021, also kurz vor dem ersten Bekanntwerden der Straftat in der Branche, beendet.)
Debatte um Sisi-Film "Corsage" bei Oscars
Nach der Veröffentlichung von Teichtmeisters Namen zeigt sich Regisseurin Marie Kreutzer "schockiert": Sie sei "traurig und wütend, dass ein feministischer Film, an dem mehr als 300 Menschen aus ganz Europa jahrelang gearbeitet haben, durch die grauenvollen Handlungen einer Person so beschmutzt und beschädigt wird." Man könne aber nicht in seine Mitmenschen hineinschauen, so die Regisseuren weiter. Der Film bleibt trotz der Vorwürfe Österreichs Kandidat für den Auslandsoscar 2023, denn "Teichtmeister ist nicht 'Corsage'", befand etwa Alexander Dumreicher-Ivanceanu, Obmann des Fachverbands für die Musik- und Filmwirtschaft.
Burgtheater: Keine Schuld laut Gutachten
Das Burgtheater habe laut einem Gutachten, das von Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) beauftragt wurde, korrekt gehandelt. In dem Gutachten kommt Arbeitsrechtsexpertin Sieglinde Gahleitner zu dem Schluss, dass die Führungspersonen im Bundestheaterkonzern sich keiner Pflichtverletzungen im Umgang mit der Causa schuldig gemacht hätten. Festgehalten wird allerdings, dass "im Ermessen allerdings weitere Schritte gesetzt werden hätten können und insbesondere Optimierungsmöglichkeiten bei Dokumentation und Begleitung existiert hätten, die in Zukunft genutzt werden sollten". Der Fall Teichtmeister wird aber dennoch noch eine längere Aufarbeitung nach sich ziehen.