Die Europäische Zentralbank (EZB) ist für die Preisstabilität im Euro-Raum verantwortlich. Ihre Zinsentscheidungen haben Auswirkungen auf Bankgeschäfte, die Kreditzinsen von Häuslbauern und die Heizrechnung.
Was macht die EZB?
Die Europäische Zentralbank (EZB) ist die Währungsbehörde der Europäischen Währungsunion. Die EZB wurde 1998 gegründet, sitzt in Frankfurt am Main und bildet mit den nationalen Zentralbanken (NZB) der EU-Mitgliedsländer das Europäische System der Zentralbanken (ESZB).
Das Hauptziel der EZB besteht in der Herstellung von Preisstabilität innerhalb der Euro-Zone, das heißt mit ihrer Geldpolitik versucht die EZB die Preise möglichst stabil und die Inflation möglichst nahe an, aber unter zwei Prozent zu halten. Anders formuliert besteht die Rolle der EZB darin, Schwankungen des Geldwertes bzw. der Preise möglichst gering zu halten. Das soll Konsument:innen und Unternehmen die Planung von Konsum- und Investitionsentscheidungen erleichtern. Zudem verfolgt die EZB mit ihrer Geldpolitik das Ziel, die wirtschaftliche Entwicklung der Mitgliedsländer zu fördern. Das Hauptinstrument der EZB, um auf Inflation und Konjunktur Einfluss zu nehmen, ist die Erhöhung oder Senkung des Leitzinses.
Zu den weiteren Aufgaben der EZB gehört die Überwachung des europäischen Bankensystems, die Durchführung von Devisengeschäften, die Verwaltung der Währungsreserven der Mitgliedsländer und die Förderung des reibungslosen Zahlungsverkehrs. Die Ausgabe von Papiergeld durch die nationalen Zentralbanken muss durch die EZB genehmigt werden. Außerdem erstellt die EZB regelmäßig Statistiken und Bilanzen zur finanzwirtschaftlichen Entwicklung des Euroraums. Als supranationale Institution stellt die EZB eine eigene Rechtspersönlichkeit dar.
Die Aufgaben und Ziele der EZB wurden erstmals im Vertrag von Maastricht (1992) festgelegt und später im AEU-Vertrag konkretisiert. Eine Übersicht über die Aufgaben und Tätigkeitsbereiche der Zentralbank finden Sie hier.
Seit dem 18. März 2015 befindet sich der Sitz der EZB im Neubau der Europäischen Zentralbank im Frankfurter Stadtteil Ostend. Zuvor war die EZB im Frankfurter Eurotower untergebracht.
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Wann erhöht die EZB das nächste Mal die Zinsen?
Alle sechs Wochen findet eine Ratssitzung der Europäischen Zentralbank statt, in welcher geldpolitische Beschlüsse gefasst werden. Insbesondere seit dem russischen Angriff auf die Ukraine, den steigenden Energiepreisen und der hohen Inflation erregt das Treffen wieder vermehrt öffentliche Aufmerksamkeit. Im Juli 2022 hatte die EZB den Leitzins das erste Mal seit elf Jahren wieder angehoben. Bis Oktober 2023 erhöhte die EZB den Leitzins weitere zehn Mal. Dies geschah vor dem Hintergrund, dass die Inflation mit bis zu 10,6 Prozent (Oktober 2022) im Euroraum so hoch lag wie seit Jahrzehnten nicht. Ende Oktober entschied sich der EZB-Rat, die Zinserhöhung zunächst auszusetzen – zuvor wurde die Zinspolitik des Gremiums von verschiedenen Seiten zunehmend kritisiert.
Wie hoch ist der aktuelle Leitzins?
Der Leitzins ist das zentrale Instrument zur Steuerung der Geldpolitik. Damit werden die Zinssätze festgelegt, zu denen sich Kreditinstitute bei Zentralbanken Geld leihen können. Erhöht sich der Leitzins, wird es für Banken teurer, sich Geld zu beschaffen.
Stand Ende Oktober 2023 liegt der Leitzins bei 4,5 Prozent. Das letzte Mal lag der Leitzins im Oktober 2000 so hoch wie derzeit, noch im März 2016 lag der Zins bei null Prozent. Mit der Leitzinsentwicklung versucht die EZB Einfluss auf die Inflation und die Konjunktur innerhalb der Währungsunion zu nehmen. Eine Erhöhung des Leitzinses kann beispielsweise dazu führen, dass Kredite teurer werden und dadurch die Inflation im Euro-Raum sinkt. Allerdings sind die Wechselwirkungen zwischen Leitzins, Geldpolitik und Konjunkturentwicklung komplex und nicht immer führt ein Zinsentscheid auch zum gewünschten Ergebnis.
Der EZB-Rat
Die Mitglieder der EZB finden sich im EZB-Rat zusammen. Dieser besteht aus den Präsidenten und Präsidentinnen der nationalen Zentralbanken des Euro-Raums und dem Direktorium der EZB. Das Direktorium besteht aus Präsident:in, Vizepräsident:in und vier weiteren Mitgliedern und ist mit der Führung der laufenden Geschäfte betraut. Direktoriumsmitglieder werden auf acht Jahre ernannt. Vertreter:innen der Mitgliedsländer sollen dabei nicht die nationalen Interessen ihres Landes, sondern die Interessen der EU als Ganzes repräsentieren. Für Österreich sitzt Robert Holzmann, der Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank, im EZB-Rat.
Der EZB-Rat erlässt Leitlinien und Beschlüsse zur Erfüllung der Aufgaben der EZB, legt die Geldpolitik der Währungsunion fest und ist für die Bankenaufsicht zuständig. Der EZB-Rat tagt in der Regel zweimal monatlich am Sitz der EZB in Frankfurt. Geldpolitische Beschlüsse, zum Beispiel die Erhöhung des Leitzinses, werden alle sechs Wochen gefasst. Die kommenden EZB-Ratssitzungen können Sie hier einsehen (englisch).
EZB-Präsidentin Christine Lagarde
Präsidentin der EZB ist die Politikerin und Juristin Christine Lagarde. Lagarde wurde am 1. Jänner 1956 in Paris geboren und steht seit November 2019 an der Spitze der Europäischen Zentralbank. Sie ist die erste Frau, die dieses Amt ausübt. Bis 2019 war sie Geschäftsführende Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF), zuvor bekleidete sie in Frankreich diverse Ministerinnenposten.
Woher kommt das Geld für die EZB?
Die EZB "gehört" den Zentralbanken der Mitgliedsstaaten. Die einzelnen nationalen Zentralbanken stellen Geld zur Verfügung, mit welchem die EZB ihre Aufgaben und Ziele verfolgt. Die Höhe des Beitrags einer nationalen Zentralbank hängt von der Bevölkerungszahl und der Wirtschaftsleistung eines Landes ab.
Was passiert, wenn die EZB Verluste macht?
Auf der Homepage der EZB befindet sich ein Satz, den man bei gewöhnlichen Banken so in der Regel nicht lesen würde: "Jegliche Gewinne oder Verluste sind Nebenerscheinungen." Die Zentralbank unterscheidet sich insofern von herkömmlichen Banken, als ihr Hauptziel kein wirtschaftliches, sondern ein politisches ist: Die EZB soll Preisstabilität herstellen, Gewinne zu erzielen ist nebensächlich (wenn auch nicht irrelevant). Zwischen 2012 und 2021 erzielten die EZB und die nationalen Zentralbanken des Euroraums 300 Milliarden Euro Gewinn. Macht die EZB Verluste, wie derzeit, kann sie auf diese Reserven zurückgreifen. Langfristig ist auch die EZB angehalten, nicht zu stark in die roten Zahlen zu kommen.