Immer wieder fragt sich die Frau mit dem sanften Blick und der ruhigen Stimme, was mit ihr wohl passiert wäre, wenn sie das umfassende Schweigen in der eigenen Familie nicht gebrochen hätte. Heute ist Friderica Magdalena Wächter-Stanfel, 43, als Malerin und Lebensberaterin erfolgreich. Doch unmittelbar nach der Matura verfiel sie in eine tiefe Depression, war ein Jahr lang völlig handlungsunfähig. Heute ist sie zutiefst davon überzeugt: Ihre schwere Krankheit hatte mit der Rolle ihrer eigenen Großeltern Otto und Charlotte Wächter im Dritten Reich zu tun: Er trug als Gouverneur von Krakau und Galizien die Gräuel, die an der jüdischen Bevölkerung verübt wurden, vollumfänglich mit. Sie gab in all dem Elend die in Saus und Braus lebende Gesellschaftsdame.
Doch von alldem, sagt Wächter-Stanfel, habe sie bis vor fünf Jahren nicht explizit gewusst. Erst die Nachforschungen des britischen Rechtsprofessors Philippe Sands, der die Verbrechen und die Flucht ihres Großvaters im Rahmen einer Kino- Dokumentation und nun eines Buches aufarbeitete, hätten ihr so richtig die Augen geöffnet.
Diffuse Ahnungen und Befürchtungen seien zwar da gewesen, aber nichts Konkretes, nichts, was sie hätte aufarbeiten können. Nun erzählt sie erstmals, was das große Schweigen mit ihr und ihrer Familie machte. Und plädiert eindringlich für einen offeneren Umgang Österreichs mit seiner historischen Schuld.
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