Auch wenn die FPÖ nach dem Platzen der Regierung den Rückzug von den Schalthebeln der politischen Macht antreten musste, besetzen die Freiheitlichen weiter zahlreiche einflussreiche Posten - vor allem in der Wirtschaft: Die Ministersessel sind zwar geräumt, in staatlichen bzw. staatsnahen Unternehmen sitzen blaue Manager und Aufsichtsräte aber derzeit noch fest im Sattel. Seit dem Antreten der ÖVP-FPÖ-Regierung hat dort eineinhalb Jahre lang ein groß angelegtes Umfärben stattgefunden, das mittlerweile weitgehend abgeschlossen ist. Hochrangige Jobs, in denen Entscheidungen getroffen werden und bei denen wesentliche Informationen zusammenlaufen, wurden mit Parteigängern bzw. Vertrauensleuten besetzt.
Strippenzieher Hofer
Die Fäden gezogen haben für die Türkisen Finanzminister Hartwig Löger und für die Blauen der designierte neue FPÖ-Chef und Infrastrukturminister Norbert Hofer. Letzterer hatte in seinem Einflussbereich besonders rasch und konsequent begonnen, wichtige Positionen mit ihm genehmen Personen zu besetzen. Den Anfang machten dabei die ÖBB. Ende Februar 2018 wurde der Burschenschafter und schon lange zur FPÖ-Nomenklatura gehörende Arnold Schiefer Aufsichtsratschef der Staatsbahn. Er ersetzte dort Brigitte Ederer (SPÖ). Mit Schiefer zogen weitere blaue Vertreter in das Kontrollgremium ein: Ex-Verkehrsministerin Monika Forstinger, Hofers Generalsekretär im Ministerium, Andreas Reichhardt, die Ökonomin Barbara Kolm und der Wärmepumpen-Unternehmer Karl Ochsner.
Kolm, die zuletzt wegen Vorwürfen rund um Großspenden für die Konservativen im EU-Parlament (ACRE) in die Schlagzeilen geriet, ist auch Vizepräsidentin des Generalrats der Oesterreichischen Nationalbank. Ochser, Trauzeuge von Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, wiederum ist seit Kurzem auch stellvertretender Aufsichtsratschef der Österreichischen Beteiligungs AG. Also jener Konstruktion, über die wesentliche staatliche Beteiligungen wie OMV, Post, Telekom Austria oder Casinos Austria verwaltet werden. Ebenfalls ein blauer Vertrauensmann in der Beteiligungsgesellschaft ist Christian Ebner, Immobilienunternehmer und unter Schwarz-Blau I Kabinettschef von FPÖ-Minister Hubert Gorbach.
Seit 1. April ist Schiefer nun Finanzvorstand der ÖBB, und in dieser Funktion hat er gleich auch noch die bisherigen Personalagenden von Bahnchef Andreas Matthä übernommen. Neuer ÖBB-Oberaufseher ist seit April FPÖ-Urgestein Gilbert Trattner, der schon unter Jörg Haider zum Führungskreis der Partei gehörte. Den Blauen bei der Bahn zugerechnet werden auch Heinz Freunschlag und Schiefer-Vertraute Michaela Huber -beide im Personenverkehrsvorstand -sowie Martin Santer in der Geschäftsführung der ÖBB Business Competence Center GmbH. Trattners Tochter, die Steuerexpertin Cathrine Trattner, ist übrigens jüngst in den Aufsichtsrat von Österreichs größten Energiekonzern OMV eingezogen.
Riesige Investitionen
Bei der staatlichen Autobahnen-und Schnellstraßen AG, Asfinag, wiederum ist seit Februar Hartwig Hufnagl - zuletzt im Kabinett von Norbert Hofer und früher in dem von Minister Hubert Gorbach -im Vorstand. Aufsichtsratsvorsitzender der Asfinag ist Peter Franzmayr, Burschenschafter, Jurist und Magistratsdirektor in Wels.
Positionen in ÖBB und Asfinag sind auch insofern von Bedeutung, weil beide Unternehmen jedes Jahr riesige Aufträge - vor allem auch im Baugeschäft - vergeben: Die Bahn investierte etwa im Vorjahr rund 2,6 Milliarden Euro; bei der Asfinag sind es heuer 1,2 Milliarden. Auch wenn Infrastrukturminister Hofer beteuert, dass sich beide Unternehmen bei der Auftragsvergabe an die geltenden Ausschreibungsvorgaben und das Bestbieterprinzip halten, so ließen doch die Aussagen im Ibiza-Video zum Baukonzern Strabag in der Wirtschaft die Alarmglocken läuten.
Die Austro Control, die für Österreichs Luftfahrt zuständig ist, wird seit Jahresbeginn von Axel Schwarz geleitet, der früher Hofers Fluglehrer war. Bis dato war er dort Vorstandskollege von Valerie Hackl, die jetzt als Ministerin ins neue Regierungsteam geholt wurde. Ebenfalls auf einem blauen Ticket im Kontrollgremium der Luftfahrtgesellschaft sitzen der Jurist Werner Walch, der bereits unter Schwarz-Blau im Aufsichtsrat war, sowie Katharina Levina-Rabl, Anwältin und Ehefrau des Welser FPÖ-Bürgermeisters Andreas Rabl. Auch Kathrin Glock sitzt im Aufsichtsrat.
Vertreter im Staatsfunk
Eine Premiere hat es unter Türkis-Blau ebenfalls im ORF gegeben. Der Stiftungsrat der öffentlich-rechtlichen Medienorgel wird erstmals in der Geschichte von einem Freiheitlichen geleitet: Norbert Steger soll als Ex-Parteichef die Interessen der FPÖ wahren. Ebenfalls für die Blauen im Stiftungsrat vertreten ist Markus Braun, Sigma-Investment-Eigentümer und Obmann von Austria in Motion -jenem ominösen Verein, der dieser Tage wegen möglicher Spenden für die FPÖ rund um das Ibiza- Skandalvideo Bekanntheit erlangte. Ebenso Gerhard Anderl, Georg Watschinger, Investmentexperte Franz Maurer, Voest Alpine-Managerin Claudia Hasenörl und Barbara Nepp. Letztere ist die Frau des neuen Wiener FPÖ-Chefs Dominik Nepp. Siggi Neuschitzer wurde seinerzeit von BZÖ/FPK nominiert (und seitdem vom Land Kärnten immer verlängert).
Franz Maurer ist zudem Mitglied des Generalrats der Nationalbank. In deren neues Direktorium sollen noch heuer Ex-Weltbankdirektor Robert Holzmann und der Burschenschafter und Ex-Wiener Stadtrat Eduard Schock auf einem FPÖ-Ticket einziehen. Da dies erst für Juli bzw. September vorgesehen ist, ist offen, ob das tatsächlich auch so geschieht. Es ist aber davon auszugehen, da beide vom Ministerrat bestellt und vom Bundespräsidenten per Dekret ernannt wurden. Fix im Generalrat sitzt dagegen bereits Peter Sidlo, Ex-Sigma-Geschäftsführer, FPÖ-Bezirksrat in Wien und seit Kurzem Vorstand der Casinos Austria. Dies, obwohl es Zweifel an seiner Qualifikation gegeben haben soll. Einen Karriereschritt nach oben hat auch Achim Kaspar geschafft: Früher beim Ring Freiheitlicher Jugend, war er zuletzt Chef von Cisco Österreich und ist jetzt Vorstand beim Stromkonzern Verbund.
Und auch im Bildungsbereich ist die Nähe zu Blau immer wieder anzutreffen: So zogen etwa im Vorjahr die Burschenschafter Reinald Riedl und Alois Gruber in den Unirat in Wien bzw. Graz ein. Und mit Verwaltungsrechtler Andreas Hauer wurde 2018 ebenfalls ein Burschenschafter zum Verfassungsrichter bestellt.
Ablösen schwierig und teuer
Ob und wie lange sich all die blauen Entscheidungsträger in ihren Funktionen halten werden, hängt auch von der jeweiligen Position ab. Aufsichtsräte in hundertprozentig staatlichen Unternehmen wie etwa bei den ÖBB können durch die Hauptversammlung (via Ministeriumsbeamte) relativ leicht abberufen werden; bei börsennotierten Unternehmen wird es schon schwieriger und auch teurer. Denn da muss eine Aktionärsversammlung einberufen werden, die Kosten verursacht, und es müssen auch sachliche Gründe für den Austausch vorgebracht werden.
Die ORF-Stiftungsräte wiederum sind zwar auf vier Jahre bestellt; die Mitglieder, die von der Bundesregierung nominiert wurden, können von einer neuen Regierung aber wieder durch andere Personen ersetzt werden. Besonders im Fokus könnte da wohl der Vorsitzende Norbert Steger stehen, der in den vergangenen Monaten mit umstrittenen Aussagen zur Redaktion für Aufregung sorgte.
Vorzeitige Abberufungen von Vorständen in Unternehmen dagegen sind dagegen wesentlich schwieriger und vor allem teurer. Denn in so einem Fall müssten - abgesehen von der ganz offensichtlichen Umfärbungsoptik -die laufenden, hoch dotierten Verträge ausbezahlt werden. So etwas ist zwar in der Vergangenheit immer wieder mal geschehen; in Zeiten, in denen aber überall gespart werden muss, dürfte das bei den Steuerzahlern und Wählern eher schlecht ankommen.
Der Beitrag ist ursprünglich in der Printausgabe von News (Nr. 21/2019) erschienen.