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Wer ist Bernhard Bonelli?

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Bernhard Bonelli

Bernhard Bonelli

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Gemeinsam mit wenigen anderen entwickelte Bernhard Bonelli einst die "türkise Idee" um Sebastian Kurz mit. Inzwischen ließ ihn der Ex-Kanzler zum zweiten Mal als Kabinettschef an der Regierungsspitze zurück. Wer ist der Mann, der seit 2017 im Hintergrund die Fäden zieht und gegen den die Staatsanwaltschaft wegen Falschaussage im U-Ausschuss ermittelt?

Steckbrief Bernhard Bonelli

  • Name: Bernhard Bonelli

  • Geboren am: 11. Jänner 1983 in Korneuburg, geboren als Bernhard Adamec

  • Ausbildung: Philosophiestudium an der Universität Wien, MBA-Abschluss der IESE Business School in Barcelona

  • Beruf: ÖVP-Politiker

  • Familienstand: verheiratet mit Natalie Maria Bonelli

  • Kinder: Vater von vier Kindern

Als Sebastian Kurz als Bundeskanzler zurücktrat und Alexander Schallenberg ihm ins Amt folgte, da fing es an: das öffentliche Rätselraten, wie viel Kurz nun in Schallenberg steckt. Ob dieser ein eigenes Profil, einen eigenen Weg und - vor allem - einen eigenen Stil entwickeln werde. Oder ob mit "Schalli", wie ihn der Wiener Zeitungsboulevard gleich am ersten Tag seiner Amtszeit verbal umarmte, lediglich der verlängerte Arm des Vorgängers am Wiener Ballhausplatz einzog. Ein Statthalter im Wortsinn mit Kurz als Schattenkanzler.

Dabei genügt zur Lösung des Rätsels eigentlich ein genauer Blick hinter die aus den TV-Nachrichten bekannten Tapetenund Flügeltüren. Dorthin, wo die Büros der Mitarbeiter der Regierungsspitze liegen. In einem dieser Büros des Kanzleramts arbeitet trotz seines jungen Alters von 38 Jahren einer, der als Mitglied des türkisen Kernund Gründungsteams gerade seinen fünften Regierungschef in Folge erlebt: Bernhard Bonelli, der Geschäftsführer der Kanzler.

Bonelli diente Sebastian Kurz als Kabinettschef. Als dieser den Amtssitz des Regierungschefs in Richtung des nahe gelegenen Parlaments verließ und Alexander Schallenberg das Staffelholz hinterließ, behielt auch Bonelli sein Büro neben dem Kanzlerzimmer.

Erst die Partei, dann das Kanzleramt

Dass Regierungschefs kommen und gehen, Bonelli aber bleibt, ist für den Kurz-Vertrauten inzwischen fast schon zur Routine geworden. Bereits zu Zeiten von Türkis-Blau hielt er als Kabinettschef alle Fäden (zunächst in stellvertretender Funktion) in der Hand. Nachdem das Ibiza-Video und ein erfolgreicher Misstrauensantrag im Parlament die Ära Kurz I jäh beendet hatten, verblieb Bonelli schon einmal an der Regierungsspitze. Wie immer im Hintergrund. Und zwar genau bei jenem Mann, für den er auch heute wieder die Geschäfte führt: Zur Zeit der Beamtenregierung mit der ehemaligen Verfassungsrichterin Brigitte Bierlein als Regierungschefin hielt Bonelli für die Türkisen vor Ort die Stellung, und zwar als Kabinettschef von Kanzleramts-und Außenminister Alexander Schallenberg.

Nach zwei Amtsperioden mit Sebastian Kurz, einer mit Brigitte Bierlein und aktuell mit Alexander Schallenberg war einst Christian Kern der fünfte Kanzler, unter dem Bonelli in einer Regierung diente. Damals noch als Redenschreiber und Kabinettsmitarbeiter von Außenminister Sebastian Kurz. Die gemeinsamen Ziele lauteten schon seinerzeit: zunächst die Partei übernehmen. Und dann das Kanzleramt.

Doch wer ist der Mann, den außerhalb der Wiener Politik-Blase kaum jemand kennt, auf dessen Schreibtisch oder Laptop jedoch alle wichtigen Entscheidungen der vergangenen Jahre mit vorbereitet wurden? Der in den auf dem Smartphone von Ex-ÖBAG-Vorstand Thomas Schmid gefundenen Chats nie so derb wie die anderen Beteiligten wurde. Und der dennoch auf Grund des Inhalts eben dieser Nachrichten als Beschuldigter im Visier der Staatsanwaltschaft steht.

Nicht schüchtern, vorsichtig

"Ich versuche, die Öffentlichkeit ganz bewusst zu meiden", sagt Bonelli bei einem Treffen hinter einer jener Flügeltüren des Kanzleramts, hinter die er normalerweise zur Arbeit flüchtet, wenn draußen die Kameras warten. Fragt man weiter, dann scheint sich der Mann, der bei Terminen der Regierungsspitze immer anwesend, aber stets nur im Hintergrund wahrzunehmen ist, zu öffnen. Dann erzählt er von seinem Verhältnis zu Sebastian Kurz, der sein Trauzeuge ist und den er auch heute noch manchmal versehentlich "Bundeskanzler" nennt. Er berichtet dann, wie er Kurz einst kennenlernte (im Rahmen einer Fahrgemeinschaft nach Alpbach). Wie sie sich die Arbeit teilen (der eine im Rampenlicht, der andere im Schatten dahinter). Und wie er seine Rolle in der Regierung sieht (als kleines Rad).

Da verwundert es nicht, dass Bonelli die Funktionsbeschreibung "geschäftsführender Bundeskanzler" für die News-Titelgeschichte als "stark übertrieben" bezeichnet. Der Vater von vier Kindern, der noch heute in seinem Geburtsort Korneuburg lebt, wirkt auf den ersten Blick sogar etwas menschenscheu. Ein Bild, das vielleicht auch deshalb entsteht, weil Ex-Kanzler Sebastian Kurz genau das Gegenteil ist. Oder zumindest so wahrgenommen wird, wenn Publikum anwesend ist.

Doch Bonelli ist nicht wirklich schüchtern. Er ist nur zurückhaltend und vorsichtig. Wenn er in seinem gewohnten Umfeld, also hinter den Flügeltüren des Kanzleramts, an Konferenztischen, die vor raumhohen Wandspiegeln stehen, in ein Gespräch verwickelt wird, dann erzählt er nach kurzer Aufwärmphase auch mit Selbstbewusstsein von seiner Arbeit.

Mitschöpfer der türkisen Idee

Von der Koordinierung der Kanzler-Termine, der Abstimmung innerhalb einer Regierung, von schwierigen Verhandlungen, vom Management der Covid-Pandemie, während der bei ihm alle Zahlen aus Bund, Ländern und Nachbarstaaten zusammenliefen. Und letztlich auch davon, dass er sich in der Funktion des Kabinettschefs schwer bis gar nicht ersetzbar gemacht hat. Insbesondere für die "türkise Idee", wie Bonelli sagt, "die ich hier mithelfe, mit dem ÖVP-Regierungsteam und den Kabinetten weiterzuführen". Geschäftsführender Bundeskanzler also, da bestehen -außer bei Bonelli selbst -kaum Zweifel.

Seine fast schon intime Nähe zur türkisen Idee ist es auch, die den stets höflich auftretenden Philosophen gemeinsam mit seinem damaligen Chef in die Nähe des Strafrechts rückte.

Mitte Mai wurde öffentlich, dass die Wirtschafts-und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) Sebastian Kurz und Bernhard Bonelli in einem Ermittlungsverfahren wegen falscher Zeugenaussage als Beschuldigte führt. Beiden wird vorgeworfen, Abgeordneten im "Ibiza"-Untersuchungsausschuss nicht die Wahrheit gesagt zu haben.

Ermittlungen wegen U-Ausschuss

Dies alles im Zusammenhang mit der Frage, ob und, wenn überhaupt, wie intensiv das Bundeskanzleramt in die Bestellung des zurückgetretenen Alleinvorstands der Staatsholding ÖBAG, Thomas Schmid, eingebunden war. Und wer den Aufsichtsrat bestellte, der Schmid schließlich zum Chef machte. Vereinfacht gesagt: ob der türkise Teil der Bundesregierung unsachlichen Postenschacher betrieb.

Während sich die kritischen Augen der Medienöffentlichkeit verständlicherweise in der Berichterstattung dem ungleich prominenteren Bundeskanzler widmeten, blieb Bonelli auch in dieser Angelegenheit dezent im Hintergrund. Bis heute.

All das, obwohl in von ihm versendeten Kurznachrichten und in der von ihm protokollierten Aussage vor dem U-Ausschuss weniger Interpretationsspielraum gegeben scheint als bei Sebastian Kurz. Dem "lieben Hartwig" (Anm.: Finanzminister Löger) schrieb Bonelli unter anderem, "dass mit der ÖBAG alles auf Schiene" und "mit Sebastian" abgestimmt sei. An Thomas Schmid hingegen erging eine bemerkenswerte iMessage zur späteren Aufsichtsrätin Susanne Höllinger. Schmid wird nachgesagt, er hätte sich mit Hilfe der Türkisen den Aufsichtsrat, der ihn bestimmte, selbst ausgesucht. Also schrieb Bonelli: "Ich treff mich mit Höllinger." Und weiter: "Wenn wir alle drei ein gutes Gefühl haben, machen wir für sie einen Termin mit Sebastian, ok?" (Siehe Faksimile unten.)

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 © News

"Wahrheitsgemäß beantwortet"

Auf den ersten Blick klingt das alles nicht danach, als ob das Kanzleramt keinen politisch geprägten Einfluss auf die Bestellung des ÖBAG-Aufsichtsrates (und damit der Wahl von Thomas Schmid) gehabt hätte. Doch Bonelli wäre nicht Bonelli, hätte er nicht auch dafür eine Erklärung. Er selbst beschreibt sich nämlich als einen, der die wichtigen Details sieht. Gelernt hat er das bei den Unternehmensberatern der Boston Consulting Group (BCG), für die er vor seinem Wechsel zu Sebastian Kurz ins Außenministerium tätig war. Genau so ein entscheidendes Detail ist für ihn, wie er die Fragen im U-Ausschuss, den er als "politisches Verhör" empfand, verstande, und wie er seine Antworten darauf gemeint hat. Die Fragen, sagt er heute, hätten seiner Wahrnehmung nach auf die formale Zuständigkeit der Aufsichtsratsbestellung abgezielt. Und diese "habe ich wahrheitsgemäß mit dem Verweis auf die Zuständigkeit des Finanzministeriums beantwortet." Vereinfacht und zusammengefasst will Bonelli damit sagen: Die gegen ihn und Sebastian Kurz erhobenen Vorwürfe der Staatsanwaltshaft sind haltlos.

Lob und Kritik

So hart sich die politischen Mitbewerber derzeit am inneren Kreis der Türkisen abarbeiten, so erstaunlich differenziert beschreiben dieselben Personen aus der Anonymität heraus die Qualitäten des stillen, aber starken Manns im Kanzleramt.

Als ein "echtes Arbeitstier, das nie die Fassung verliert", beschreibt ihn eine Frau aus den Reihen eines der letzten beiden Koalitionspartner. Ein Mann, der ganz ähnlich wie Bonelli ebenfalls seit einiger Zeit schon im Hintergrund für seine Partei arbeitet, nimmt ihn so wahr: "Bei schwierigen Themen, bei denen wir uns uneins waren, griff er, während sich die anderen stritten, zu seinem Tablet-PC, machte sich ein paar Notizen, stand anschießend auf, las sie vor und sagte:,Ist es das, worauf wir uns bisher einigen konnten?' Mit ihm ging selbst in festgefahrenen Situationen immer etwas weiter."

Wirtschaftsliberal, wertkonservativ

Was alle, mit denen wir sprachen und die mit Bernhard Bonelli gearbeitet haben, eint, ist die Einschätzung, dass er "integraler Bestandteil des Systems Kurz" sei. Der nun zum zweiten Mal gestürzte Ex-Kanzler hätte an Bonelli nicht nur Aufträge weitergegeben, sondern umgekehrt auch getan, was dieser ihm vorschlug. Es sei sehr wahrscheinlich, dass das unter Neo-Bundeskanzler Schallenberg genauso sei.

Vor allem die harte Sozialpolitik der türkisen ÖVP trage demnach eindeutig die Handschrift des ehemaligen Unternehmensberaters, den manche in Wirtschaftsfragen als neoliberal beschreiben. Gesellschaftspolitisch hingegen verorten ihn Wegbegleiter und Konkurrenten als konservativ und vor allem katholisch.

Lionell Messi und U2

Das hat mehrere Gründe. Zum einen den, dass der gebürtige Bernhard Adamec in die als strenggläubig geltende Familie Bonelli einheiratete. Dazu kommt die Tatsache, dass Bonelli seinen Master of Business Administration (MBA) an der IESE Business School in Barcelona erwarb, einem Ableger der Universität von Navarra, die auf eine Initiative des erzkonservativen Opus Dei zurückgeht.

Trotzdem: Obwohl selbst katholisch, ist es Bonelli wichtig, festzustellen, dass er mit dem strengen "Werk Gottes" keine Berührungspunkte habe. Wenn schon, dann begeistern ihn Menschen, die nicht gerade für ihren konservativen Lebensstil bekannt sind. Rockstar Bono von U2 ist so einer. Oder Fußballer Lionel Messi, dessen Vornamen Bonelli sogar in die Geburtsurkunde seines Sohnes schreiben ließ.

Bonellis Fußballleidenschaft ist übrigens eines der ganz wenigen Dinge, die der heimliche Kanzler tatsächlich öffentlich zu Schau stellt: Messis Ex-Klub FC Barcelona ist der einzige Account, dem Bonelli auf Twitter folgt.

Dieser Beitrag ist ursprünglich in der Printausgabe von News (42/2021) erschienen.

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