Gaza-Kämpfe dauern während Bemühungen um Feuerpause an

von Gaza-Kämpfe dauern während Bemühungen um Feuerpause an © Bild: APA/APA/AFP/MAHMUD HAMS

Sinwar will Garantie für Kriegsende (Archivbild)

Während der Bemühungen um einen neuen Deal zwischen Israel und der Hamas gehen die Angriffe und Kämpfe im Gaza-Krieg weiter. Die israelische Armee teilte am Donnerstag mit, Kampfjets und Artillerie hätten am Vortag im zentralen Abschnitt des Gazastreifens "bewaffnete Terroristen, Terror-Infrastruktur und Tunneleingänge angegriffen". Zuvor sei es zu mehreren Angriffen auf israelische Soldaten gekommen.

Ein Abschussgerät für Mörsergranaten sei zerstört worden. Mehrere bewaffnete Kämpfer seien getötet worden.

Der israelische Verteidigungsminister Yoav Gallant telefonierte nach Angaben einer Sprecherin unterdessen mit seinem amerikanischen Amtskollegen Lloyd Austin. Dabei sei es um "operative Entwicklungen" im Norden und Süden Israels gegangen sowie um die Bemühungen zur Freilassung weiterer Geiseln in der Gewalt der islamistischen Hamas.

Gallant informierte Austin demnach auch über Vorbereitungen auf zukünftige Einsätze im Gazastreifen. Israel hat angekündigt, mit einem umstrittenen Militäreinsatz in der Stadt Rafah im Süden des Küstenstreifens voranzuschreiten, sollte es keine baldige Einigung auf eine Feuerpause und Freilassung von Geiseln im Gegenzug für palästinensische Häftlinge geben. Außerdem sei es um humanitäre Hilfe für die Not leidende Bevölkerung im Gazastreifen und die Öffnung weiterer Übergänge gegangen. Die Hilfslieferungen waren zuletzt deutlich angestiegen, die USA fordern aber eine weitere Erhöhung.

Auslöser des Gaza-Krieges war das beispiellose Massaker mit rund 1.200 Toten, das Terroristen der Hamas und anderer militanter Palästinenser-Organisationen am 7. Oktober vergangenen Jahres in Israel verübten. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive. Angesichts der hohen Zahl ziviler Opfer und der katastrophalen Lage im Gazastreifen ist Israel international unter Druck geraten.

Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde sind seit Beginn des Gaza-Krieges 34.596 Menschen im Gazastreifen getötet und mehr als 77.800 weitere verletzt worden. Die Zahlen, die nicht zwischen Kämpfern und Zivilisten unterscheiden, lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

Der Anführer der Hamas im umkämpften Gazastreifen, Yahya al-Sinwar, sieht das jüngste Verhandlungsangebot für einen Feuerpausen- und Geiseldeal einem Medienbericht zufolge skeptisch. Es handle sich nicht um ein Angebot der ägyptischen Vermittler, sondern um ein israelisches "in amerikanischem Gewand", das eine Reihe von Fallstricken enthalte, sagte eine dem Hamas-Anführer nahestehende Quelle dem israelischen Fernsehsender Channel 12 am Mittwochabend.

So enthalte der gegenwärtige Entwurf keine Garantie, dass der Krieg beendet wird, hieß es. Im Rahmen von Vermittlungsbemühungen in Kairo war der Hamas ein Vorschlag für eine Feuerpause im Gegenzug für die Freilassung von Geiseln unterbreitet worden. Eine Antwort steht noch aus. Die Islamistenorganisation bestand bisher auf einem Ende des Krieges, was Israel aber ablehnt.

Der im Libanon ansässige Hamas-Vertreter Osama Hamdan sagte dem von der pro-iranischen Schiitenmiliz Hisbollah im Libanon kontrollierten Fernsehsender Al-Manar: "Unsere Position zum aktuellen Verhandlungspapier ist negativ", wie die "Times of Israel" in der Nacht auf Donnerstag berichtete. Laut der Pressestelle der Hamas bedeutet dies jedoch keinen Abbruch der Verhandlungen. Der Zeitung zufolge wollte die Organisation in den nächsten Stunden eine Antwort auf den jüngsten Vorschlag vorlegen.

Äußerungen von Hamas-Führern im Exil sollten nicht als offizielle Positionen der Organisation betrachtet werden, sagte der Vertraute Sinwars Channel 12. Der Gaza-Anführer verlasse sich bei seinen Entscheidungen nur noch auf zwei enge Gefolgsleute, die den Gazastreifen auf seinen Befehl hin vor dem Terrorüberfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober vergangenen Jahres verlassen hätten. Der "Times of Israel" zufolge hatte es in jüngster Zeit Äußerungen von Hamas-Führern im Exil gegeben, die ein Abkommen für eine Waffenruhe im Gazastreifen befürworteten.

Die Hamas schickt jedenfalls in Kürze eine Delegation für weitere Verhandlungen nach Kairo. Sie werde bald nach Ägypten aufbrechen, teilte die Hamas mit. Hamas-Polit-Chef Ismail Haniyyeh bekräftigt eine "positive Haltung" bei der Prüfung des aktuellen Vorschlags für eine Feuerpause.

Das israelische Kriegskabinett will noch am Donnerstag über den Vorschlag für eine Waffenruhe im Gazastreifen beraten. Auch über die Aussichten für einen Militäreinsatz im Süden des Palästinensergebiets, wo viele Flüchtlinge vor den Kämpfen andernorts Schutz gesucht haben, solle gesprochen werden, teilte ein Regierungsvertreter mit. Das Kriegskabinett unter der Leitung von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu soll demnach um 17.30 Uhr (Ortszeit 18.30 Uhr) zusammenkommen. Anschließend solle das erweiterte Sicherheitskabinett beraten. Israel veröffentlicht in der Regel keine Informationen über die Sitzungen der beiden Gremien.

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz und Netanyahu telefonierten nach Angaben eines Regierungssprechers in Berlin am Donnerstag und sprachen über Möglichkeiten, wie ein Waffenstillstand im Gazastreifen zu erreichen wäre. Zudem hätten beide die Bemühungen zur Freilassung aller Geiseln sowie Verbesserungen der humanitären Lage für die palästinensische Zivilbevölkerung im Gazastreifen erörtert.

Unterdessen haben palästinensische Sicherheitskräfte nach Angaben eines Sprechers im Westjordanland einen bewaffneten Mann getötet. Der Vorfall ereignete sich demnach in dem Ort Tulkarm. Eine Patrouille sei dort unter Beschuss geraten und habe daraufhin das Feuer erwidert. Dabei sei der Bewaffnete getroffen worden.

Während es bei Razzien israelischer Soldaten im besetzten Westjordanland immer wieder Tote gibt, passiert dies bei innerpalästinensischen Auseinandersetzungen nur selten. Palästinensische Sicherheitskräfte und Bewaffnete liefern sich zwar immer wieder Schusswechsel, selten kommt dabei jedoch jemand ums Leben. Eine lokale Miliz mit Verbindungen zu der radikalislamischen Gruppe Islamischer Jihad erklärte, bei dem Getöteten handle es sich um eines ihrer Mitglieder. Er sei auf verräterische Weise in seinem Auto ins Visier genommen worden. "Dieses Verbrechen ist genauso wie jedes Attentat der israelischen Spezialkräfte."