Insgesamt sind 265 Gläubiger und 127 Beschäftigte von der Pleite zweier Gesellschaften betroffen.
Es hatte sich in den vergangenen Wochen und Monaten bereits abgezeichnet, seit heute, Mittwoch, ist es fix: Das Trachtenunternehmen Gössl muss Insolvenz anmelden. Von der Pleite betroffen sind zwei Gesellschaften: die Produktionsgesellschaft Gössl GmbH und die Handelsgesellschaft Gössl Gwand GmbH. Wie der Kreditschutzverband KSV1870 heute informierte, belaufen sich die Verbindlichkeiten auf insgesamt 13,6 Millionen Euro (Gössl GmbH mit 9,6 Millionen Euro und Gössl Gwand GmbH mit 4 Millionen Euro).
Für beide Gesellschaften wurde ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung am Landesgericht Salzburg beantragt. Sie sollen fortgeführt und saniert werden. Die Aktiva der beiden Unternehmen bezifferte Gössl heute mit knapp drei Millionen Euro. Den unbesicherten Gläubigern wird die gesetzliche Mindestquote von jeweils 20 Prozent binnen zwei Jahren ab Annahme des Sanierungsplanantrages angeboten. „Unser Verband prüft die Angemessenheit und Erfüllbarkeit der angebotenen Quoten und wird sich erforderlichenfalls für die Erhöhung der Quoten einsetzen“, so Aliki Bellou, Landesleiterin des KSV 1870 in Salzburg.
Gössl-Führung: „Hausbank ist mitverantwortlich”
Die Gössl-Geschäftsführung war bereits Mitte November vor die Presse getreten und hatte die Folgen der Corona-Krise und das Vorgehen der Hausbank für die finanziellen Schwierigkeiten mitverantwortlich gemacht. So habe die Bank vorzeitig Überbrückungskredite fällig gestellt. Man habe die Raten nicht fristgerecht tätigen können, unter anderem weil die COFAG-Unterstützungszahlungen mit Verspätung eingelangt seien. „Verhandlungen mit der Bank über eine Laufzeitverlängerung oder eine Umschuldung sind gescheitert”, hieß es damals.
Zugleich seien auch die Umsätze hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Das Kaufverhalten der Kund:innen habe sich geändert. Auch die Energiekrise und die Personalsituation im Unternehmen hätten die Insolvenz mitverursacht. Nicht betroffen ist die Gössl Trachten GmbH, welche die Markenrechte hält, aber keine operative Tätigkeit hat.
„Die Bekleidungsindustrie, insbesondere in der Trachtenbranche ist im Bundesland Salzburg in den letzten Jahren mit Insolvenzen konfrontiert. Die vormalige H. Moser Bekleidung GmbH konnte sich erfolgreich sanieren. Die Schneiders Bekleidung GmbH und die Habsburg Kleidermanufaktur GmbH wurden jeweils nicht fortgeführt, sondern sind die vorhandenen Vermögenswerte einer Verwertung unterzogen worden. In diesen Verfahren erhalten die Gläubiger eine namhafte Verteilungsquote, deren Quote sich aus heutiger Sicht im zweistelligen Prozentbereich bewegen wird. Nun ist die Gössl GmbH sowie die Gössl Gwand GmbH von einer Insolvenz betroffen. Wir hoffen auf eine positive Fortführung des Traditionsunternehmens sowie in Folge auf eine namhafte Quote primär für die betroffene Gläubigerschaft, sowie den Erhalt der Standorte und der Arbeitsplätze“, erklärt Aliki Bellou.
Arbeiterkammer kritisiert Geschäftsführung
Die Arbeiterkammer Salzburg (AK) kritisiert indes, dass sich die Geschäftsführung so viel Zeit gelassen habe, um den Insolvenzantrag einzubringen. Dies sei „nicht nachvollziehbar”, sagt AK-Präsident und ÖGB-Landesvorsitzender Peter Eder: „Die Auszahlung der ausstehenden Löhne und Gehälter sowie Weihnachtsgelder hat sich dadurch unnötigerweise verzögert. Diesen finanziellen Rückschlag vor Weihnachten haben sich die Beschäftigten nicht verdient.“
Die Mitarbeiter:innen des Insolvenzschutzverbands für Arbeitnehmer:innen (ISA) der AK Salzburg stünden in Sachen Gössl-Insolvenz auf Abruf, um die Ansprüche der Beschäftigten so schnell wie möglich an den Insolvenz-Entgelt-Fonds weiterzuleiten. Möglich ist dies allerdings erst, wenn der Insolvenzantrag durch das Gericht genehmigt worden ist. Im bestmöglichen Fall dauere die Abwicklung dann zwei Wochen, im schlimmsten bis zu 3 Monate. „Leider wurde der Insolvenzantrag erst heute gestellt und nicht bereits nachdem die wahrscheinliche Insolvenz bekannt wurde. Die insgesamt zirka 100 Gössl-Mitarbeiter:innen stehen somit so kurz vor Weihnachten ohne Geld da“, erklärt ISA-Leiterin Kerstin Köpf.
Gössl wurde 1947 gegründet und agiert im qualitativ und preislich oberen Bereich. Die Gössl-Geschäfte sollen trotz der wirtschaftlichen Turbulenzen geöffnet bleiben.