Wie am heutigen Freitag bekannt wurde, ist eine weiteres Tochterunternehmen des oberösterreichischen Motorradherstellers insolvent. Zudem werden entgegen gemachter Versprechen die Dezembergehälter doch nicht vor Weihnachten ausbezahlt und die Produktion wird bereits heute gestoppt.
Die Insolvenz der KTM AG mit ihren Töchtern KTM Components GmbH und KTM F&E GmbH zieht weiter ihre Kreise. Wie heute, Freitag, bekannt wurde, erhalten die Mitarbeiter:innen des insolventen Motorradherstellers entgegen gegenteiliger Ankündigungen ihre Gehälter doch nicht schon vor Weihnachten ausbezahlt. Ursprünglich hatte es geheißen, man wolle noch vor Weihnachten einen 90-prozentigen Vorschuss des Dezembergeldes auszahlen, nachdem schon die Löhne für November sowie das Weihnachtsgeld nicht überwiesen worden waren.
FPÖ-Hafenecker: Pierer soll Geld bereitstellen
Oberösterreichs Arbeiterkammer-Präsident Andreas Stangl zeigt sich ob dieser Vorgangsweise enttäuscht: „Es gibt einfach keine Handschlagqualität mehr.” Einen ähnlichen Tenor schlagen die Vorsitzenden der Gewerkschaft PRO-GE und GPA, Reinhold Binder und Barbara Teiber, an und sprechen von einem „Schlag ins Gesicht der Betroffenen. Sie zahlen nun die Zeche für offenbar verfehlte Managemententscheidungen”. Die Arbeiterkammer (AK) wolle unterdessen alles unternehmen, „damit die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer so rasch wie möglich ihre offenen Ansprüche über den Insolvenzentgeltfonds bekommen”, so Stangl.
FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker forderte KTM-Chef Stefan Pierer auf, das Geld bereitzustellen. Es sei traurig, dass diese Beschäftigten, „die keine Schuld am Konkurs trifft, jetzt kurz vor Weihnachten kein Geld mehr bekommen”, meinte er in einer Aussendung. „Für die ÖVP war Geld vorhanden”, spielte er auf Pierers Parteispenden unter Sebastian Kurz an.
Vorzeitige Betriebsunterbrechung
Bereits am Freitag wurde auch die Produktion beim Motorradhersteller vorzeitig angehalten. Die Betriebsunterbrechung wurde um eine Woche vorgezogen, indem der Weihnachtsurlaub verlängert wurde. Dafür hätten die betroffenen Mitarbeiter zusätzlich Urlaub genommen oder würden Überstunden abbauen. Jänner und Februar erfolgt dann die bereits angekündigte Betriebsunterbrechung wegen des hohen Lagerbestands. In dieser Zeit gelte eine Wochenarbeitszeit von 30 Stunden mit entsprechender Lohn- und Gehaltskürzung. Die Arbeiter bleiben daheim, für die Angestellten gilt eine Vier-Tage-Woche.
Aktuell stehen bei KTM rund 130.000 Motorräder auf Lager, die zumindest teilweise nicht der ab kommenden Jahr geltenden Euro5+ Abgasnorm entsprechen sollen. Ausnahmen für „auslaufende Serien” gibt es zwar, sie müssen aber eigens vom Hersteller beantragt werden und umfassen nur sehr begrenzte Stückzahlen, die dann noch bis Ende 2026 neu zugelassen werden können. Vom ARBÖ hieß es am Freitag dazu auf APA-Anfrage, dass jeder Händler pro Modell 100 Stück – oder 10 Prozent des Verkaufsvolumens – unangemeldet in das neue Jahr mitnehmen darf. Diese Bikes müssen bis Ende 2026 verkauft werden. Alle anderen Motorräder müssten noch heuer zugelassen werden und wären dann sogenannte „Tageszulassungen”.
Neue Pleite von Tochterfirma kostet 134 Menschen ihren Job
Die KTM-Insolvenz hat inzwischen auch noch eine Tochterfirma der KTM Components, die Vöcklabrucker Metallgießerei GmbH, mitgerissen. Auf eigenen Antrag ist am Freitag im Landesgericht Wels ein Konkursverfahren eröffnet worden. 134 Dienstnehmer verlieren ihre Jobs, die Passiva hat der Kreditschutzverband KSV1870 mit 3,5 Millionen Euro beziffert. Grund der Pleite sei der mehrwöchige Produktionsstopp bei KTM. Die Gießerei war erst mit 1. September von der KTM Components übernommen worden.
Die KTM AG, die KTM Components GmbH und die KTM F&E GmbH haben am 29. November beim Landesgericht Ried jeweils ihre Insolvenzanträge eingebracht. Die drei Unternehmen haben Schulden in Milliardenhöhe. 750 der insgesamt 3.670 Mitarbeiter der drei Firmen werden gekündigt. Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung wurden eröffnet. Am 20. Dezember findet im Landesgericht Ried die Berichtstagsatzung gemeinsam mit der ersten Gläubigerversammlung statt. Wegen des zu erwartenden hohen Andrangs werde es voraussichtlich einen eigenen Eingang für KTM-Gläubiger geben, teilte das Gericht vorab mit. Die im zwei Stunden Abstand stattfindenden Verfahren für die drei Firmen sind nur parteienöffentlich.
Eine kleine Elite und ihre undurchsichtigen Finanzmanöver
Martin Gstöttner, Bundessprecher der Alternativen, Grünen und Unabhängigen Gewerkschafter:innen (AUGE/UG), prangert anhand der KTM-Insolvenz die „Praktiken großer Konzerne in Österreich” an und wirft Unternehmern wie KTM-Chef Stefan Pierer vor, sich der Verantwortung zu entziehen. „Während Arbeitnehmer:innen die Konsequenzen wirtschaftlicher Fehlentscheidungen ausbaden, profitiert eine kleine Elite weiterhin von undurchsichtigen Finanzmanövern”, sagt Gstöttner.
Pierer und sein Netzwerk würden zeigen, wie schädlich die Vermischung von Finanzakrobatik und industriellem Unternehmertum sein könne, warnt der Gewerkschafter. „Es ist inakzeptabel, dass Unternehmen, die durch Steuertricks und waghalsige Übernahmen aufgebläht werden, und dann im Falle eines Scheiterns zuerst die Belegschaft im Regen stehen lassen.”
Die AUGE/UG fordert deshalb ein Ende der steuerlichen Bevorzugung solcher Großkonzerne. „Während kleine und mittelständische Betriebe hart für ihre Existenz kämpfen, nutzt eine kleine Elite legale Schlupflöcher aus, um sich zu bereichern. Das ist nicht nur unfair, sondern gefährdet auch die gesamte Wirtschaft“, erklärt Gstöttner.