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Luxus unter Strom

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©Mark Fagelson Photography
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Um 1900 sagte Charles Rolls, die edelste Art der automobilen Fortbewegung wäre der Antrieb durch einen Elektromotor. Knapp eineinviertel Jahrhunderte später präsentierte Rolls-Royce den Spectre. Ein langer Weg für eine große Vision

Mit dem Spectre hat Rolls-Royce 2023 das erste Ultraluxusauto mit rein elektrischem Antrieb zur Serienreife und auf den Markt gebracht. Eckdaten: zwei E-Motoren bringen 590 PS Systemleistung und beschleunigen 3,4 Tonnen höchstzulässiges Gesamtgewicht in 4,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Kaufpreis: ab 400.000 Euro. Netto, weil für ihn als E-Auto keine NoVA anfällt.

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Namensgebung: Wer den Namen Spectre hier mit einem James-Bond-Film in Verbindung bringt, liegt völlig falsch. Sogenannte Experimentalfahrzeuge trugen bei Rolls-Royce bereits lange, bevor Ian Flemings Agenten-Krimis verfilmt wurden, den Beinamen Spectre (Englisch für: Geist, Gespenst)

 © Fotos: Mark Fagelson Photograph

Gesunder Luxusautomarkt

Preiszettel wie dieser sind erstaunlicherweise kaum verkaufshemmend im Autogeschäft. Obwohl in Österreich mit der Normverbrauchsabgabe inkl. CO2-Malus eine der rigidesten Strafsteuern für leistungsstarke Autos europaweit zum Nettopreis addiert wird, sieht ­Luxusautohändler Michael Horst Schmidt hierzulande einen sehr guten Markt für Autos von Rolls-Royce und Co. Generell scheint es trotz Rezession und allerlei Krisen derzeit einfacher zu sein, Autos mit solide sechstelligem ­Euro-Verkaufspreis an Frau und Mann zu bringen, als Brot-und-Butter-Autos im 25.ooo-Euro-Segment. Was nicht nur damit zusammenhängt, dass Österreich lange als Handelsbrückenpfeiler für ­Luxusautos in den Westbalkan galt. Bei Schmidt lief es nämlich quasi anders herum.

Der findige Unternehmer und Selfmademan legte im Jahr 1994 mit der Gründung von „Automobile Bavaria“ im rumänischen Bukarest den Grundstein für ein Autohandelsimperium, das neuerdings in 1220 Wien Österreichs einzigen Rolls-Royce-Standort betreibt. Mit 21 Autohäusern in drei Ländern ist die MHS Group des Michael Horst Schmidt einer der potentesten Handelspartner für Produkte der BMW GmbH (Autos und Motorräder sowie Marken MINI und Rolls-Royce). Und einer jener Big Player, die Autokonzerne aktuellen Trends zufolge eher nicht so gern haben, um die sie aber umsatzmäßig kaum herumkommen. Mit der ersten Rolls-Royce-Repräsentanz in Rumänien 2004 erfüllte sich Schmidt einen Traum, ab 2010 betrieb die Schmidt Premium Cars auch in München einen offiziellen Rolls-Royce-Standort. Anfang 2023 kamen die drei Standorte in Österreich hinzu, von denen allerdings nur der in Wien die Marke Rolls-Royce im Portfolio hat.

Schon vor genau 100 Jahren setzte die kongeniale Partnerschaft des Fahrzeug-, Flugzeugtriebwerks- und E-Anlagenbauers Henry Royce mit dem Luxusautohändler Charles Rolls den Grundstein für die legendäre Marke. Die Chemie zwischen Rolls und Royce stimmte, die Firma wuchs, 1931 übernahm man die britische Luxussportwagenmarke Bentley, die Zielsetzung, ausschließlich Fahrzeuge der Luxusklasse herzustellen, verfing sich plangemäß. Von Anfang an waren Autos der Marke Rolls-Royce verpflichtendes Inventar in den Herrscherhaus-Garagen der Welt.

1971 – Rolls und Royce waren da schon lange tot – brachten Fehlkalkulationen in der Flugzeug-Sparte fast die Pleite, es folgten Verstaatlichung, Reprivatisierung durch den Vickers-Konzern, und schließlich 1987 die handstreichartige Übernahme durch Volkswagen. Achillesferse des Deals: Die Namensrechte verblieben bei Vickers, was sich Konkurrent BMW zunutze machte.

Das folgende juristische Hick-Hack endete anno 2003: BMW bekam Rolls-Royce und Volkswagen Bentley. Die bisher parallel geführten Modellreihen wurden vollständig getrennt. Ab da entwickelte Rolls-Royce seine Modellpalette intelligent weiter bis zu ihrem heutigen Bestand. Und man kultiviert kon­stant jenen erstaunlich breit aufgestellten Glamour-Nimbus einer Marke, mit der sich gleichermaßen Aristokraten wie juwelenbehängte Rap-Musikanten identifizieren können.

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Stoffsitze: Bei der zweiten Auflage des Cullinan kehrt man zur alten Tradition zurück, dass nur der Chauffeur (weil im Freien) auf Ledersitzen kauert, während sich die Herrschaft im feinst vernähten Stoffsitz räkelt. Gegen Aufpreis, versteht sich

 © Mark Fagelson Photograph

Reichweite? Ausreichend.

Michael Horst Schmidt schwört auf den Spectre sogar im Alltagseinsatz. Der Frage, ob dessen WLTP-Reichweite von 520 Kilometern tatsächlich zutrifft, weicht der gewiefte 64-Jährige geschickt aus, in dem er sich selbst einen „sportlichen Fahrer“ nennt, also für den amtlichen WLTP-Zyklus eher wenig repräsentativ. Da schließt sich der Kreis insofern, als auch ein Zwölfzylinder-Rolls mit einer Tankfüllung nur rund 450 Kilometer weit kommt, wenn man das Gaspedal allzu forsch betritt. Wem das trotzdem lieber ist: Phantom, Ghost und Cullinan kommen vorerst weiter mit benzinbetriebenen Zwölfendern aus dem Schauraum. Den Finanzminister freut’s.

Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 45/2024 erschienen.

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 © Bernhard Schramm

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