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Natur, Menschen, Mythen: Belvedere zeigt Gallen-Kallela

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Das Werk "Frühjahr" des finnischen Nationalkünstlers
©APA/APA/Belvedere Wien
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Er ist für Finnland wohl das, was Gustav Klimt für Österreich ist: Das Untere Belvedere zeigt in der Orangerie den finnischen Nationalkünstler Akseli Gallen-Kallela, der nicht zuletzt mit seinen Bildern zum Epos "Kalevala" die Identität seines Landes mitgestaltete. Um 1900 war Gallen-Kallela auch an zwei Secessions-Ausstellungen beteiligt, was für die großteils chronologisch gestaltete Schau als Anknüpfungspunkt dient. So gelingt eine Begegnung mit Natur, Menschen und Mythen.

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In Finnland gibt es am Werk Gallen-Kallelas kein Vorbeikommen: Hat der 1865 geborene Künstler zu Beginn seines Schaffens Land und Leute in dezidiert naturalistischen Darstellungen eingefangen, dabei die Härte des Alltags, aber auch intime Momente abbildend, wechselte sich sein Ausdruck im Laufe der Zeit hin zu einem Jugendstil internationalen Zuschnitts. So stark er sich inhaltlich von seiner Heimat, von Kraftorten in der Natur leiten ließ, so sehr war er auch international vernetzt: Frühe Studien führten ihn nach Paris, Ausstellungen gab es in Berlin, München und St. Petersburg, später führte ihn sein Weg ins heutige Kenia und bis in die USA.

Und doch hat der Ruhm Gallen-Kallelas über die Jahre abgenommen, wie Belvedere-Generaldirektorin Stella Rollig bei einer Presseführung am Donnerstag erläuterte. "Es ist nicht mehr vergleichbar zur Zeit damals", wenngleich er in Finnland weiterhin unbestritten sei. Seine Heimat war am Höhepunkt seiner Karriere noch kein souveräner Staat, sondern unter russischer Herrschaft. Das Streben nach Eigenständigkeit "spielt auch in seinem Werk eine ganz große Rolle". Dass er nun im Belvedere präsentiert wird, sei insofern passend, als seine Arbeit "Frühjahr" einer der ersten Ankäufe für die Moderne Galerie, die Vorgängerinstitution des heutigen Museums war.

Entsprechend darf das Gemälde in der jetzigen Präsentation, die durch ihre offene Gestaltung die vielfach großformatigen Arbeiten eindrucksvoll zur Geltung bringt, nicht fehlen. Der von Schneeflecken bedeckte Waldausschnitt mit stark akzentuiertem Licht-Schatten-Wechsel fügt sich in weitere Winter- und Seenlandschaften, die in paralleler Hängung zu Werken von Klimt oder Ferdinand Hodler die gegenseitige Wertschätzung und Beeinflussung verdeutlichen. "Man weiß, er hat diese Landschaften gesehen und gelebt", unterstrich Kuratorin Arnika Groenewald-Schmidt, die gemeinsam mit ihrer Kollegin Anu Utriainen vom Ateneum in Helsinki die Ausstellung konzipiert hat. "Das Fühlen der Natur war von großer Bedeutung für ihn."

Sehr früh setzte sich Gallen-Kallela mit dem finnischen Nationalepos "Kalevala" auseinander, das eine Sammlung von Mythen und Legenden darstellt, die Heldengeschichten ebenso beinhaltet wie Erzählungen über den Beginn der Welt. "Darin werden auch sehr universelle Themen verhandelt wie Liebe, Rache oder Tod", so Groenewald-Schmidt. Dass dies mit der Phase um die Jahrhundertwende zusammenfiel, sei kein Zufall, hätten sich damals doch viele Künstler in Finnland mit ähnlichen Dingen beschäftigt. "Sie spielten eine bedeutende Rolle in der Entwicklung der Kultur und Identität Finnlands."

Als Raum im Raum sind acht Entwürfe für das Jusélius-Mausoleum erfahrbar: Gallen-Kallela wurde vom gleichnamigen Industriellen beauftragt, große Fresken für das seiner verstorbenen Tochter gewidmete Mausoleum zu entwerfen. Zwar sind die Originale einem Brand zum Opfer gefallen, aber auch in dieser kleineren, immer noch jeweils mehr als einen Meter breiten Version entfalten die Bilder über Geburt und Leben, Tod und Vergänglichkeit ihre Wirkung. "Diese Entwürfe waren ein Meilenstein für ihn", betonte die Kuratorin. Danach habe Gallen-Kallela eine Schaffenskrise durchgemacht, bei deren Überwindung ihm nicht zuletzt sein Wien-Besuch im Jahr 1904 geholfen habe. Entsprechend stark ist auch der Fokus auf Werke aus dieser Phase.

Am Ende des Rundgangs geht es zurück zu den Wurzeln, also in seine finnische Heimat und das am Ruovesi-See gelegene Atelier Kalela. Hier zeigt sich zudem die vielgestaltige Ausdrucksweise des Künstlers, hat er doch abseits seiner Bilder auch als Innenarchitekt sowie Gestalter von Möbeln und Textilentwürfen Spuren hinterlassen. Für Letztere wurde er im Rahmen der Weltausstellung in Paris 1900 auch ausgezeichnet. Die 56 Arbeiten in der Orangerie laden nun zur intensiven Auseinandersetzung mit ihm ein. Und überdies wird sich das Belvedere kommenden Herbst bei der finnischen Nationalgalerie "revanchieren", ist doch eine Ausstellung zu den Wiener Secessionisten in Helsinki geplant.

(S E R V I C E - Ausstellung "Akseli Gallen-Kallela. Finnland erfinden", 27. September bis 2. Februar, Unteres Belvedere, Rennweg 6, 1030 Wien; Katalog zur Ausstellung, hrsg. von Stella Rollig, Arnika Groenewald-Schmidt, Verlag Buchhandlung Walther & Franz König, 172 Seiten, 34 Euro; www.belvedere.at)

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