Fieber - der unterschätzte Schutzschild unseres Körpers. Warum Fieber mehr Freund als Feind ist – und wann Medikamente sinnvoll sind
Fieber fühlt sich schlecht an. Deshalb greifen viele von uns sofort zu Medikamenten, um es zu senken. Doch ist das wirklich eine gute Idee? Fieber ist eine der ältesten Waffen unseres Körpers im Kampf gegen Krankheitserreger. Was passiert bei Fieber, warum stärkt es unser Immunsystem – und wann sollten wir eingreifen?
Unsere Körpertemperatur ist kein Zufall. Mit rund 37°C sind wir perfekt darauf abgestimmt, gesund zu funktionieren. Gleichzeitig macht uns diese Wärme erstaunlich widerstandsfähig gegen Parasiten wie Pilze, die kältere Temperaturen bevorzugen. Doch manchmal reicht unsere normale Körpertemperatur nicht aus, um Eindringlinge abzuwehren. Dann tritt Fieber in Aktion – eine gezielte, temporäre "Klimaerwärmung", die Krankheitserreger aus ihrer Komfortzone wirft.
Das Prinzip ist einfach: Die meisten Mikroben haben eine ideale Temperaturspanne, in der sie sich vermehren und gedeihen können. Ein plötzlicher Temperaturanstieg – ausgelöst durch chemische Signalstoffe, sogenannte Pyrogene – stresst die Eindringlinge, verlangsamt ihre Vermehrung und beschädigt ihre Zellstrukturen. Fieber ist so effektiv, dass es sich über 600 Millionen Jahre in der Evolution fast aller Tierarten erhalten hat: Von Fischen, die wärmeres Wasser aufsuchen, bis hin zu Säugetieren, die ihre Körpertemperatur drastisch erhöhen.
Wie Fieber Ihren Körper stärkt
Während Fieber auch Ihren Körper belastet, profitiert vor allem Ihr Immunsystem. Immunzellen wie Neutrophile, Makrophagen und Killerzellen werden bei höheren Temperaturen aktiver und effektiver. Zusätzlich entzieht Fieber Krankheitserregern wichtige Nährstoffe wie Eisen und Glukose, was ihnen die Energiezufuhr kappt. Gleichzeitig ruft die erhöhte Hitze eine massive Entzündungsreaktion hervor, die weitere Immunzellen an den Ort der Infektion lockt.
Interessanterweise zeigt die Forschung, dass selbst infizierte Zellen durch die Hitzebelastung ihre eigenen "Hinrichtungsbefehle" ausstellen: Sie produzieren sogenannte Hitzeschockproteine (HSPs), die Reparaturprozesse aktivieren sollen, gleichzeitig aber auch Killerzellen anlocken, die sie zerstören.
Wann Fieber gefährlich wird
Obwohl Fieber ein effektiver Abwehrmechanismus ist, hat es auch Grenzen. Eine Temperatur unter 40°C (104°F) ist in der Regel nicht gefährlich und muss oft nicht behandelt werden. Besonders Kinder und gesunde Erwachsene können von den immunstärkenden Effekten profitieren. Doch für einige Gruppen – wie Schwangere, ältere Menschen oder Patienten mit schweren Vorerkrankungen – kann die zusätzliche Belastung durch Fieber problematisch sein.
Temperaturen über 40°C sind generell riskant, da sie auf eine Fehlfunktion des körpereigenen Temperaturregulators hinweisen können. In solchen Fällen ist medizinische Behandlung dringend erforderlich.
Sollten wir Fieber senken?
Schmerz- und fiebersenkende Medikamente wie Paracetamol oder Ibuprofen sind aus unserem Alltag nicht wegzudenken. Sie machen uns schnell wieder funktionstüchtig – allerdings auf Kosten eines weniger effektiven Immunsystems. Studien deuten darauf hin, dass Fiebersenkung bei einigen Infektionen wie Grippe oder Windpocken die Genesung nicht beschleunigt. In kritischen Fällen, wie bei Intensivpatienten, kann eine aggressive Fiebersenkung sogar die Sterblichkeit erhöhen.
Die Entscheidung, ob Fieber medikamentös behandelt werden sollte, hängt von der individuellen Situation ab. Bei moderatem Fieber könnte es sinnvoll sein, die natürliche Abwehr des Körpers zu unterstützen, anstatt sie zu unterdrücken. Fühlen Sie sich jedoch extrem unwohl und sind ansonsten gesund, kann ein Medikament kurzfristig Erleichterung verschaffen.
Fieber ist Ihr Verbündeter
Das nächste Mal, wenn Sie sich mit Fieber ins Bett legen, denken Sie daran: Ihr Körper kämpft einen harten, aber effektiven Kampf. Die Krankheitserreger haben es bei steigender Hitze deutlich schwerer als Sie. Fieber ist nicht der Feind, sondern eine intelligente Strategie Ihres Immunsystems.
Für eine fundierte Entscheidung über die Behandlung von Fieber sollten Sie jedoch stets Rücksprache mit Ihrem Arzt halten. Denn auch wenn Fieber beeindruckend ist, gilt: Sicherheit geht vor.