1. Wann und wie ist die Sekte entstanden?
Gegründet wurde die Sekte in den 1950er Jahren von dem Science-Fiction-Autor Lafayette Ron Hubbard (1911-1986). Noch vor der Gründung erklärte er: "Es wäre töricht für einen Penny pro Wort zu schreiben. Wenn ein Mann wirklich eine Million Dollar machen will, ist der beste Weg dazu, seine eigene Religion zu gründen."
Schließlich wurde 1955 in Washington D.C (USA) die erste Scientology-Kirche erbaut. Hubbards erklärtes Ziel war es also, Religion zu Geld zu machen. Und das wollte er mit verschiedenen Methoden der Psychotherapie, die er sich zu eigen machte, zusammenfasste und erweiterte. Dem Ganzen hat er den Namen "Dianetik" gegeben, die Grundlage seiner religiösen Bewegung.
2. Wie aktiv ist Scientology in Österreich? [Mitglieder]
In Österreich wird die Zahl der Mitglieder auf rund 300 bis 600 aktive Scientologen geschätzt. Zentren der Organisation befinden sich in Wien (23. und 6. Bezirk), in Salzburg und in Wolfsberg (Kärnten) gibt es den Verein "Scientology Mission Wolfsberg".
3. Wo wird Scientology als Religionsgemeinschaft anerkannt?
Und Hubbards Taktik geht auf. Heute besitzt Scientology Niederlassungen in den USA, Asien und fast allen europäischen Ländern. In den USA sind große Teile der Scientology Kirche als Religionsgemeinschaft anerkannt. Ein großer Vorteil für die Organisation, spart sie sich doch so die Steuerzahlungen. Auch in Spanien, Portugal, Argentinien, Schweden, Kroatien, Taiwan, Italien, Ungarn und Slowenien gilt Scientology als Religionsgemeinschaft und ist somit von der Steuer befreit. In Österreich ist die Sekte nicht als eigene Religion anerkannt, jedoch wurde der 2002 der gemeinnützige Charakter der Scientology-Kirche in Wien bestätigt, seitdem ist die Sekte auch bei uns von Steuern befreit.
In vielen Ländern gilt die Organisation jedoch als stark umstritten. Vor allem in Deutschland und Frankreich wird Scientology als Sekte eingestuft. In zahlreichen deutschen Bundesländern steht die Organisation unter Beobachtung des Verfassungsschutzes.
4. Was sagt ein Insider über Scientology?
Wilfried Handl - er war in den 1980ern Chef von Scientology Österreich - trat 2002 aus der Sekte aus und ist heute einer ihrer schärfsten Kritiker. Er hält Vorträge, schreibt Bücher und befüllt einen Weblog über die Aktivitäten von Scientology. In einem Interview mit News.at aus dem Jahr 2012 sagte er über die Sekte: "Scientology hat zuerst niemand als Religion wahrgenommen. Bis Ende der 90er Jahre ist das auch von Scientology nicht so propagiert worden. Intern war klar, dass der Name aus steuertechnischen Gründen "Scientology Kirche Österreich" lautet. Es hat auch Anweisungen gegeben, dass immer ein Kreuz und das Glaubensbekenntnis aufgehängt werden. Und zumindest ein Mitarbeiter musste mit einem Priesterkragen herumlaufen. Scientology ist genauso wenig eine Religion wie die Mafia."
Im Alter von 20 Jahren sei er zum ersten Mal in Kontakt mit Scientology gekommen, in erster Linie aus Neugier, wie er erzählte. Ausgestiegen ist er vor allem aufgrund seiner Krankheit: 2001 erhielt er die Diagnose Krebs. Damals hatte Handl die Scientology-Stufe "Clear" erreicht. Laut Scientology-Gründer L. Ron Hubbard hätte er in diesem Zustand nicht einmal einen Schnupfen bekommen dürfen. Die Krebserkrankung ließ ihn schließlich zweifeln. 2002 folgte der Ausstieg. Verfolgt worden sei er nie, das sei in Österreich oder Europa kaum üblich, sagte Handl im Interview. Obwohl er jahrelang im scientologischen Geheimdienst in Österreich - ja, Scientology hat in Österreich einen Geheimdienst - mitgearbeitet habe, habe er nie etwas gemerkt. In Amerika passiert laut Handl eine Verfolgung aber sehr wohl.
Er gab auch Antwort auf die Frage: Gibt es Straflager bei Scientology? "Ja, aber es muss nicht immer ein Straflager sein. Im Straflager werden die Leute gezielt gebrochen. Als Außenstehender kann man sich das vielleicht nur schwer vorstellen. Man fragt sich, warum die Mitglieder dann nicht einfach weggehen. Aber "Sea Org"-Mitglieder (die "Sea Organisation" ist die paramilitärische Kaderschmiede von Scientology, Anm. der Red.) werden gründlich indoktriniert. Zu Beginn ihrer Karriere unterschreiben sie schon einen Vertrag über eine Milliarde Jahre. Im Gegensatz zur "Seo Org" sind die amerikanischen GIs ein liberaler Debattierclub. Ich kenne genug "Sea Org"-Mitglieder und weiß, wie sie ticken. Diese Leute sind extrem gehorsam."
5. Wie agiert Scientology in Österreich?
Im Juni 2012 hat die Hackergruppe "AnonAustria" einen großen Teil des Mailverkehrs von Scientology Österreich veröffentlicht und gewährte so einen Einblick in das österreichische Netzwerk von Scientology. Auch Handl hat auf seinem Blog geleakte Mails veröffentlicht und sie zerpflückt. Scientology klagte ihn daraufhin auf Unterlassung. Handl weigerte sich die Mails zu löschen. Ein Prozess stellte klar: Der Ex-Scientologe muss die Mails nicht von seinem Blog nehmen. Man einigte sich allerdings darauf, die Namen zu schwärzen und einzelne, rein private Mails zu löschen.
Was haben diese Mails offenbart? Durch die Veröffentlichung der Daten ist unter anderem ans Licht gekommen, dass offenbar versucht wurde, die Polizei in Österreich "zu unterwandern". In einem Mail ist von einer Lister die Rede, auf der Organisationen stehen, bei denen Scientology "PR-Besuche" machen will. Das sind unter anderem: die Polizei, die Feuerwehr, Bezirksvorsteher, Religionsführer großer und kleinerer religiösen Gruppierungen und karitative Organisationen. Weitere geleakte Mails offenbaren Kontaktversuche mit der Justiz oder der WKO. Auch verschiedene finanzielle Probleme tauchen laut dem Ex-Chef von Scientology Österreich in den Mails auf.
Die Sekte führt zudem auch in Österreich eine Liste, auf der alle Feinde von Scientology stehen. Allerdings sei die österreichische Liste im Vergleich zur amerikanischen eher kurz, sagte Handl. Im Prinzip stehe in Österreich jeder Ex-Scientologe auf der Liste oder jemand, der aktiv gegen Scientology vorgegangen sei - beispielsweise Journalisten oder Richter. "Laut dem Weltbild von Scientology sind 80 Prozent der Menschen gut, sie können noch zu Scientologen gemacht werden. Die restlichen 20 Prozent, dazu zählen auch Journalisten, sind böse und davon sind 2,5 Prozent ganz böse. Da gehöre ich auch dazu. Und gegen diese 2,5 Prozent ist theoretisch jedes Mittel recht. Es gibt eine sogenannte "Fair Game Order", in der steht: Diese Personen können verletzt, betrogen und ihres Eigentums beraubt werden", erklärte der Aussteiger im Interview.