USA steigen aus
Iran-Atomdeal aus

Die USA werden sich unter Präsident Donald Trump aus dem Iran-Atomabkommen zurückziehen. Die Sanktionen gegen die Islamische Republik würden wieder in Kraft gesetzt, kündigte Präsident Donald Trump am Dienstag in Washington an.

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Atompolitik - USA steigen aus
Iran-Atomdeal aus

Die USA ziehen sich trotz des massiven Widerstands europäischer Partner aus dem Atomdeal mit dem Iran zurück. Das gab US-Präsident Donald Trump am Dienstag in Washington bekannt. Dieser sei ungeeignet, Teheran vom Bau der Atombombe abzuhalten, hieß es. Die im Rahmen des Abkommens ausgesetzten Sanktionen sollen in voller Härte wieder zum Tragen kommen. Teheran hält vorerst am Atomabkommen fest.

Bei den Maßnahmen der USA solle es sich um die "höchste Stufe von Wirtschaftssanktionen" handeln, teilte Trump mit. "Jedes Land, das Iran bei seinen Bemühungen um Atomwaffen hilft, könnte auch mit starken Sanktionen belegt werden", warnte der US-Präsident. Er bezeichnete den Iran zudem als Staat, der den Terrorismus fördere und verwies auf die Verwicklung der Islamischen Republik in die Konflikte in Syrien und dem Jemen.

180 Tage bis zum Einsetzen der Sanktionen

Finanzminister Steven Mnuchin kündigte an, es gebe bis zum Einsetzen der Sanktionen ein Zeitfenster von bis zu 180 Tagen, um Geschäftsleuten ausreichend Zeit zu geben, sich zurückzuziehen. Für alle Neuverträge würden die Strafmaßnahmen "ab sofort" gelten, teilte Trumps Sicherheitsberater John Bolton mit.

US-Außenminister Mike Pompeo unterstrich unterdessen, die USA seien auch weiterhin daran interessiert, mit den Verbündeten zusammenzuarbeiten. "Wir haben ein gemeinsames Interesse mit unseren Verbündeten in Europa und in der ganzen Welt, den Iran davon abzuhalten, jemals eine Atomwaffe zu entwickeln", heißt es in der Stellungnahme des auf dem Weg nach Nordkorea befindlichen US-Außenministers.

Macron, Merkel und May bedauern US-Entscheidung

Frankreich, Deutschland und Großbritannien bedauerten die US-Entscheidung zum Ausstieg. Präsident Emmanuel Macron, die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und Großbritanniens Premierministerin Theresa May riefen in einer gemeinsamen Stellungnahme alle Seiten auf, in einem "Geist der Verantwortung" an den Abmachungen festzuhalten. Zudem forderten sie von den USA, nichts zu unternehmen, was eine Umsetzung des Abkommens durch die anderen Staaten verhindern werde.

Das EU-Trio erklärte, ihr Festhalten an dem Atomabkommen schließe "den Erhalt von wirtschaftlichen Vorteilen" der Vereinbarung "für das iranische Volk ein". Schon vor Trumps Iran-Rede hatte die EU-Kommission mitgeteilt, sie bereite zusammen mit dem Iran Maßnahmen zum Schutz europäischer Unternehmen vor. Details wollte die Brüsseler Behörde aber nicht nennen.

Obama kritisiert Trumps Entscheidung scharf

Obama kritisierte die Entscheidung seines Amtsnachfolgers scharf. "Ich glaube, dass die Entscheidung, das Atomabkommen zu riskieren, ohne dass es einen iranischen Verstoß gegen den Deal gibt, ein ernster Fehler ist", erklärte Obama in einer Stellungnahme. "Ohne das Atomabkommen könnten die Vereinigten Staaten vor die negative Entscheidung gestellt werden, ob sie einen atomar aufgerüsteten Iran akzeptieren wollen oder einen weiteren Krieg im Nahen Osten."

Ein Vertreter der russischen Regierung bei den UNO erklärte, man sei enttäuscht von der US-Entscheidung, aber nicht überrascht. Der Schritt ist eine der weitest reichenden Entscheidungen seit Trumps Amtsantritt im Jänner 2017. Die Folgen für die Konflikte im Nahen Osten mit dem Iran als einer der maßgeblichen Regionalmächte und Israel als einem Erzfeind Teherans sind kaum absehbar. Israel traf noch am Dienstag militärische Vorbereitungen, nachdem ungewöhnliche Militärbewegungen des Iran in Syrien beobachtet worden seien.

Israel nennt Entscheidung "mutig und richtig"

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu nannte Trumps Entscheidung mutig und richtig. Das Abkommen hätte zu "einer Katastrophe für unsere Region, einer Katastrophe für den Weltfrieden" geführt. "Wenn das Atomabkommen mit dem Iran so geblieben wäre wie zuvor, hätte dies dem Iran ermöglicht, binnen einiger Jahre genug Uran anzureichern, um ein ganzes Arsenal von Atombomben zu produzieren", sagte Netanyahu. Irans Erzrivale Saudi-Arabien lobte den Schritt ebenfalls.

Irans Präsident Rouhani bekräftigte, sein Land fühle sich dem Abkommen weiter verpflichtet und werde mit den fünf Unterzeichnerländern ohne die USA weiterverhandeln. Mit der iranischen Atomorganisation sei aber auch bereits koordiniert worden, dass die Urananreicherung im Notfall wieder unbegrenzt aufgenommen werde, sagte Rouhani. Er warf den USA vor, nie ihre Verpflichtungen aus dem Atomdeal erfüllt zu haben und beschuldigte Trump allgemein, internationale Abkommen zu untergraben. Der Iran hatte Neuverhandlungen ausgeschlossen und mit nicht näher ausgeführten Gegenmaßnahmen gedroht.

Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini appellierte an den Iran, das Atomabkommen weiter umzusetzen. "Bleiben Sie ihren Verpflichtungen treu, so wie wir unseren Verpflichtungen treu bleiben werden", sagte Mogherini am Dienstagabend in Rom. Das Atomabkommen sei der Höhepunkt von 12 Jahren Diplomatie. "Der Deal gehört uns allen", sagte sie. "Lassen Sie nicht zu, dass irgendjemand das Abkommen auflöst."

Kurz warnt vor möglichen Konsequenzen

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) warnte vor den möglichen Konsequenzen der Entscheidung von Trump. "Die Isolation eines Landes wie des Iran kann sehr gefährlich sein und zu noch mehr Radikalisierung sowie Abgrenzung führen", sagte der Kanzler am Dienstagabend.

Das 2015 geschlossene Abkommen sei "positiv". "Wenn man das jetzt infrage stellt, dann destabilisiert man die Beziehungen zum Iran und auch die ganze Region, die ohnehin schon instabil genug ist", so Kurz. Dass der Iran keine Atombombe bauen kann, darüber wache die Internationaler Atomenergie-Behörde IAEA (IAEO) "durch strenge Kontrollen".

Kneissl: Umstrittenster, aber wichtigster internationaler Deal

Außenministern Karin Kneissl (FPÖ) bezeichnete den Deal als "ein Musterbeispiel dafür, dass Rüstungskontrolle mit diplomatischen Mitteln funktioniert". Das Atomabkommen gilt als eines der wichtigsten, wenngleich auch als eines der umstrittensten internationalen Abkommen. Darin verpflichtet sich die internationale Gemeinschaft, auf Sanktionen gegen den Mullah-Staat zu verzichten.

Im Gegenzug soll der Iran unter anderem weitgehend die Anreicherung von Uran unterlassen, so dass die Herstellung von waffenfähigem Nuklearmaterial ausgeschlossen ist. Die Regelung gilt zunächst bis 2025; einige Teile, darunter verschärfte Kontrollen durch internationale Beobachter, reichen bis ins Jahr 2040. Unabhängige Beobachter bescheinigten dem Iran bisher stets, die Verpflichtungen zu erfüllen.

Trump forderte Nachverhandlung des Deals

Trump zufolge war Irans Versprechen, nicht weiter an der Entwicklung von Atomwaffen zu arbeiten, hingegen eine "Lüge". Die Diktatur Irans habe auch nach dem internationalen Abkommen weiter an der Entwicklung ballistischer Raketen gearbeitet, die mit nuklearen Sprengköpfen bestückt werden könnten, sagte Trump am Dienstag im Weißen Haus. "Wir haben definitive Beweise, dass Irans Versprechen eine Lüge war", sagte er mit Blick auf Unterlagen, die in der Vorwoche Netanyahu in einer Power-Point-Präsentation vorgelegt hatte.

Der US-Präsident hatte seit Monaten gefordert, von ihm ausgemachte Schwächen im Atomabkommen müssten nachverhandelt werden. Unter anderem will er, dass der Iran sein Atomprogramm auch nach dem Ende der Laufzeit 2025 einschränkt.

Guterres "zutiefst besorgt" über Entscheidung

UNO-Generalsekretär Antonio Guterres hat sich "zutiefst besorgt" gezeigt über den Ausstieg der USA aus dem Atomdeal mit dem Iran. Das Abkommen sei eine "wesentliche Errungenschaft" beim Versuch, die Verbreitung von Atomwaffen einzudämmen, teilte Guterres nach der Ankündigung von US-Präsident Donald Trump am Dienstag mit.

Der Deal habe zu Frieden und Sicherheit in der Region sowie in anderen Teilen der Welt beigetragen. Andere Partner des Abkommens rief Guterres auf, sich weiter an gemachte Vereinbarungen zu halten. Der Iran hatte sich 2015 verpflichtet, für mindestens ein Jahrzehnt wesentliche Teile seines Nuklearprogramms drastisch zu beschränken.