Welche Aufgaben, Rechte und Pflichten hat ein Betriebsrat?

In Österreich gibt es rund 70.000 Betriebsrät:innen. Ihre Aufgabe ist es, die Interessen der Lohnabhängigen in einem Unternehmen oder einem Betrieb zu vertreten.

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Betriebsrat © Bild: Elke Mayr

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Was ist ein Betriebsrat?

Der Betriebsrat vertritt die Interessen der Lohnabhängigen, das heißt der Angestellten und Arbeiter:innen, in einem Betrieb, einem Unternehmen oder einen Konzern. Im §38 des Arbeitsverfassungsgesetzes (ArbVG) heißt es: „Die Organe der Arbeitnehmerschaft des Betriebes haben die Aufgabe, die wirtschaftlichen, sozialen, gesundheitlichen und kulturellen Interessen der Arbeitnehmer im Betrieb wahrzunehmen und zu fördern.“ Das bedeutet auch: Ein Betriebsrat ist kein Zugeständnis der Chefin an die Belegschaft, sondern ein gesetzlich verankertes Recht. Die Idee dahinter ist, vereinfacht gesagt, dass die Lohnabhängigen den Launen der Eigentümer:innen und Chef:innen eines Unternehmens nicht einfach so ausgeliefert sein sollen. Ein Betriebsrat ist eine Art Korrektiv, der das Machtungleichgewicht zwischen Chef:innen und Lohnabhängigen ausgleichen soll. Stand Oktober 2022 gibt es in Österreich rund 70.000 Betriebsrät:innen.

Aufgaben und Befugnisse des Betriebsrats

Durch den Betriebsrat können die Beschäftigten in einem Betrieb Einfluss auf betriebliche Abläufe, Arbeitszeit, Qualität der Arbeit, Überwachungsmaßnahmen und beim Gesundheitsschutz ausüben. Der Betriebsrat sorgt für die Einhaltung der im Kollektivvertrag vereinbarten Löhne bzw. Gehälter und Regeln. Bei verschlechternden Versetzungen, Kündigungen oder Entlassungen kann der Betriebsrat intervenieren und eine solche Maßnahme bekämpfen oder „sozial abfedern“. Bei Versetzungen, Kündigungen oder Entlassungen ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Betriebsrat miteinzubinden. Ein Betriebsrat kann eine solche Maßnahme auch vor Gericht bekämpfen.

Neben der Interessensvertretung hat ein Betriebsrat auch eine

  • Informationsfunktion
  • Steuerungsfunktion und
  • Kommunikationsfunktion

im Betrieb. Er ist eine Art Bindeglied zwischen der Belegschaft und der Betriebsführung. In persönlichen Beratungsgesprächen, durch E-Mail-Kommunikation oder eigene Publikationen kann ein Betriebsrat die Beschäftigten im Unternehmen über neue Entwicklungen, Herausforderungen und Probleme "up to date" halten. Wichtige Partner für Betriebsrät:innen sind der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) und die Arbeiterkammer (AK). Sie dienen als Anlaufstelle zum Informationsaustausch, für spezifische Betriebsrats-Fortbildungen und rechtliche Unterstützung.

»Laut Studien herrscht in Unternehmen mit Betriebsrat ein besseres Betriebsklima«

Betriebsratsarbeit als Karrierehemmnis?

Betriebsrät:innen haben (inoffiziell) auch eine Art Schlichtungsfunktion für Reibereien zwischen Beschäftigten und Geschäftsführung bzw. Beschäftigten untereinander. Laut Studien herrscht in Unternehmen mit Betriebsrat ein besseres Betriebsklima als in Unternehmen ohne eine betriebliche Vertretung. Dennoch: Naturgemäß sind Betriebsrät:innen in der Chefetage nicht immer die beliebtesten Personen, da sie Interessen nur all zu oft gegen die Unternehmer:innen durchsetzen wollen. Mitglieder des Betriebsrats genießen daher einen besonderen Kündigungsschutz. Das gilt auch für Personen, die einen Betriebsrat initiieren wollen bzw. sich zur Wahl aufstellen lassen. Betriebsrät:innen oder solche, die es werden wollen, dürfen durch ihre Tätigkeit keinerlei Nachteile, zum Beispiel beim Lohn/Gehalt und Aufstiegsmöglichkeiten, erfahren.

Betriebsvereinbarungen

Arbeitgeber:innen und Betriebsrat können eine schriftliche Betriebsvereinbarung abschließen. Sie betrifft jene Bereiche, die vom Gesetz oder vom Kollektivvertrag nicht (eindeutig) geregelt sind. Zum Beispiel:

  • betriebliche Pensionen
  • Maßnahmen zur Frauenförderung
  • Homeoffice-Regelungen oder
  • die Inanspruchnahme beruflicher Weiterbildungen

Neben diesen freiwilligen Betriebsvereinbarungen gibt es auch noch zustimmungspflichtige und erzwingbare Betriebsvereinbarungen. Erstere umfassen jene Vereinbarungen, bei denen es der Zustimmung des Betriebsrates bedarf, Letztere jene Vereinbarungen, die die Geschäftsführung ohne Zustimmung des Betriebsrates durchsetzen kann.

Wie viele Mitarbeiter:innen braucht man für einen Betriebsrat?

In jedem Betrieb, in dem mindestens fünf Lohnabhängige beschäftigt sind, kann ein Betriebsrat gewählt werden. In Betrieben zwischen fünf und neun Beschäftigten besteht der Betriebsrat aus einer Person, ab zehn Beschäftigten kann ein Betriebsratsteam gewählt werden. Eine solche Wahl darf von der Unternehmensführung nicht behindert werden bzw. dürfen die beteiligten Personen dadurch keine negativen Konsequenzen, zum Beispiel eine Entlassung oder Kündigung, befürchten müssen. Wählt eine Belegschaft aus freien Stücken keinen Betriebsrat, hat dies keine rechtlichen Konsequenzen.

Verdient man als Betriebsrat etwas?

In Betrieb mit mehr als 150 Lohnabhängigen muss ein Mitglied des Betriebsrats freigestellt werden, das heißt, er oder sie ist von seinen bzw. ihren eigentlichen beruflichen Tätigkeiten entbunden und kann seine oder ihre ganze Arbeitszeit der Betriebsratsarbeit widmen. In Betrieben mit mehr als 700 Lohnabhängigen sind zwei Mitglieder freizustellen, bei mehr als 3.000 Lohnabhängigen drei Mitglieder. Boni, Zusatzzahlungen oder eine Lohnerhöhung bekommen Betriebsrät:innen für ihre Tätigkeit keine.

Neuer Betriebsrat durch Betriebsratswahl

Die Wahl eines neuen Betriebsrats beginnt mit einer Betriebsversammlung aller im Betrieb beschäftigten Personen und der Wahl eines Wahlvorstandes. Eine Wahl kann entweder von der ältesten Kollegin bzw. dem ältesten Kollegen einberufen werden oder von mindestens so vielen Kolleg:innen, wie anschließend Betriebsratsmitglieder zu wählen sind. Dies variiert je nach Firmengröße. Voraussetzung für eine Wahl sind mindestens fünf aktiv Wahlberechtigte und drei passiv Wahlberechtigte. Personen, die eine solche Betriebsratswahl initiieren, genießen einen Kündigungsschutz. Betriebsratsmitglieder sind in der Regel auf fünf Jahre gewählt.

Wer darf Betriebsrat werden?

Passiv wahlberechtigt sind Lohnabhängige, die am Tag der Wahl das 18. Lebensjahr vollendet haben und seit mindestens sechs Monaten im Betrieb bzw. Unternehmen beschäftigt sind.

Wer darf wählen?

Aktiv wahlberechtigt sind alle, die im Unternehmen/Betrieb beschäftigt sind und das 16. Lebensjahr vollendet haben. Dies umfasst auch Heimarbeiter:innen, karenzierte Kolleg:innen, Beschäftigte in Altersteilzeit, im Präsenz- oder Zivildienst oder überlassene Arbeitskräfte (zum Beispiel Zeitarbeiter:innen). Die Staatsbürger:innenschaft spielt keine Rolle. Nicht wahlberechtigt sind Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer:innen und leitende Angestellte.

Rechtliche Grundlage für den Betriebsrat

Die Grundlage für die Wahl eines Betriebsrates bildet das Arbeitsverfassungsgesetz. In den meisten Fällen unterstützen Gewerkschaften bei der erstmaligen Durchführung einer Wahl. Entsprechende Formulare zum Download, einen Frist- und Mandatsrechner findet man beim Service der ÖGB für Betriebsrät:innen.

Welcher Betriebsrat ist für mich zuständig?

Besteht ein Unternehmen aus Arbeiter:innen und Angestellten, sind in der Regel zwei gesonderte Betriebsräte zu wählen. Gemeinsam bilden Arbeiter:innen- und Angestelltenbetriebsrat den Betriebsausschuss. Besteht ein Unternehmen aus mehreren Betrieben, muss ein Zentralbetriebsrat gegründet werden. Die Ansprechperson für Beschäftigte ist jeweils der oder die Betriebsratsvorsitzende bzw. deren Stellvertreter:innen.