Katar stellt Vermittlerrolle im Gaza-Konflikt infrage

von Katar stellt Vermittlerrolle im Gaza-Konflikt infrage © Bild: APA/APA/AFP/MANDEL NGAN

CIA-Chef William Burns soll in Kairo vermitteln

Mitten in aufkeimenden Hoffnungen auf eine Vereinbarung zwischen Israel und der Hamas stellt das Emirat Katar seine Vermittlerrolle auf den Prüfstand. Der Golfstaat stelle parallel dazu Erwägungen zu der Frage an, ob die radikal-islamische Hamas weiter ihr politisches Büro in Katar behalten dürfe, sagt eine mit den Überlegungen vertraute Person. Die Entscheidungen würden vom Verhalten der Hamas und Israels bei den laufenden Vermittlungsversuchen beeinflusst.

Die "Washington Post" hatte zuvor unter Berufung auf US-Regierungskreise berichtet, die USA hätten Katar zur Ausweisung von Hamas-Vertretern aufgefordert, sollte die Gruppe die Einigung auf eine Waffenruhe mit Israel ablehnen. Offizielle Stellungnahmen lagen zunächst nicht vor. Am Samstag traf eine Hamas-Delegation zu Verhandlungen in Kairo ein. Im Vorfeld zeigte sich die Hamas positiv gestimmt. Ihre politische Führung hält sich seit 2012 in Katar auf - ein Arrangement, das auf eine Vereinbarung mit den USA zurückgeht.

Vor einer neuen Verhandlungsrunde im Gaza-Krieg hatte die islamistische Hamas ein Einlenken signalisiert. Es gebe zwar noch Punkte zu besprechen und Klarstellungen zu treffen, insgesamt reise man aber mit einer "positiven Einstellung" zu den indirekten Verhandlungen nach Kairo, um eine Einigung zu erzielen, hieß es am Freitagabend aus Hamas-Kreisen. Einem Bericht des "Wall Street Journal" zufolge hatte Israel der Terrororganisation ein Ultimatum gestellt.

Medienberichten zufolge sollen die indirekten Verhandlungen über die Freilassung von Geiseln und eine Waffenruhe am Wochenende fortgesetzt werden. William Burns, Chef des US-Geheimdienstes CIA, sei bereits am Freitag in Kairo eingetroffen, berichtete das Nachrichtenportal "Axios" unter Berufung auf drei mit dem Vorgang vertraute Quellen. Ein ranghoher israelischer Beamter dämpfte jedoch gegenüber der "Times of Israel" Erwartungen, dass eine Einigung unmittelbar bevorstehe. "Auch wenn sich die Vermittler optimistisch äußern, hat Israel bisher nicht gehört, dass die Hamas bereit ist, von ihren Maximal-Positionen abzurücken", wurde der Beamte am Samstag in der Früh zitiert.

US-Außenminister Antony Blinken bezeichnete die Hamas "als einziges Hindernis" für eine Feuerpause im Gaza-Krieg mit Israel bezeichnet. "Wir warten ab, ob sie tatsächlich ein Ja als Antwort auf die Feuerpause und die Freilassung der Geiseln akzeptieren können", sagte Blinken am Freitagabend. "Die Realität derzeit ist, dass das einzige, was zwischen den Menschen in Gaza und einer Feuerpause steht, die Hamas ist."

Israel habe der Terrororganisation Hamas eine Woche Zeit gegeben, um einem Abkommen über eine Waffenruhe zuzustimmen. Andernfalls werde man zur angekündigten Militäroffensive auf die Stadt Rafah übergehen, berichtete das "Wall Street Journal" am späten Freitagabend unter Berufung auf ägyptische Beamte, die mit der Angelegenheit vertraut seien. Ägypten hatte den mit Israel ausgearbeiteten Vorschlag der Hamas am vergangenen Wochenende übergeben. Von der im Exil lebenden politischen Führung der Hamas sei erwartet worden, dass sie sich mit ihrem militärischen Flügel im Gazastreifen unter Führung von Yahya al-Sinwar berät und darauf reagiert. Doch Sinwar, von dem vermutet wird, dass er sich in Tunneln unter dem Küstengebiet versteckt hält und die endgültigen Entscheidungen trifft, habe nicht geantwortet, hieß es. Daraufhin hätten ägyptische Beamte der Hamas am Donnerstag die Botschaft aus Israel überbracht. Israel hatte einen raschen Beginn der Offensive in Rafah im Süden Gazas angekündigt, sollte es nicht zu einer Einigung kommen.

Gegenstand der indirekten Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas, bei denen Ägypten, Katar und die USA vermitteln, ist ein Vorschlag, der die Freilassung von Geiseln aus der Gewalt der Hamas sowie die Einstellung der Kampfhandlungen seitens Israels in mehreren Phasen vorsieht, wie "Axios" schreibt. Ähnliche Vorstöße waren in der Vergangenheit daran gescheitert, dass die Hamas die endgültige Beendigung des Krieges durch Israel zur Bedingung einer auch nur teilweisen Geiselfreilassung gemacht hatte.

Zuletzt hatten Beobachter angenommen, dass die Hamas auch diesen mehrstufigen Vermittlervorschlag ablehnen würde. "Axios" zufolge könnte es aber auch anders kommen. Hochrangige israelische Beamte wollten "erste Anzeichen" dafür erkannt haben, dass die Islamisten der ersten Phase des Deals - der Freilassung von Frauen, Kindern, Älteren und Verletzten unter den Geiseln während einer zeitlich begrenzten Waffenruhe - zustimmen könnten, ohne wie bisher darauf zu beharren, dass sich Israel von vornherein zur Beendigung des Krieges verpflichtet.

Die israelische Führung bestand von Anfang an auf einem mehrstufigen Abkommen, um sich die Option auf die Fortsetzung des Krieges vorzubehalten, falls es nach ersten Geiselfreilassungen und einer begrenzten Waffenruhe zu keinen weiteren Vereinbarungen käme. Zugleich würden die Islamisten ihren Preis für ein Nachgeben fordern. "Die Hamas (...) könnte die zu vereinbarende Zahl der Geiseln, die sie aus humanitären Gründen freilässt, senken und im Gegenzug die der freizulassenden palästinensischen Gefangenen (in israelischen Gefängnissen) erhöhen", so "Axios".

Das UNO-Welternährungsprogramm (WFP) mahnte unterdessen angesichts der Lage der Zivilbevölkerung im Gazastreifen eindringlich zu einer Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas. Im Norden des Küstengebiets herrsche eine regelrechte Hungersnot, die sich nach Süden ausbreite, erklärte WFP-Direktorin Cindy McCain in Ausschnitten eines Interviews, das der US-Fernsehsender NBC am Sonntag ausstrahlt. Deshalb fordere das WFP eine Feuerpause und die Möglichkeit, ungehindert Hilfsgüter zu liefern.

Auslöser des Gaza-Kriegs war das beispiellose Massaker mit mehr als 1.200 Toten, das Terroristen der Hamas und anderer Gruppen am 7. Oktober vergangenen Jahres in Israel verübt hatten. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive. Angesichts der hohen Zahl ziviler Opfer und der katastrophalen Lage im Gazastreifen steht Israel international in der Kritik.