Selenskyj will NATO-Ukraine-Rat anrufen

von Selenskyj will NATO-Ukraine-Rat anrufen © Bild: APA/APA/AFP/PETRAS MALUKAS

Brauchen mehr Waffen

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj will den NATO-Ukraine-Rat für eine bessere Verteidigung des Luftraums seines Landes nach israelischem Vorbild einberufen. Die Ukraine werde dabei den Antrag auf Lieferung von Flugabwehrsystemen und Raketen stellen, sagte Dienstagabend in seiner täglichen Videobotschaft. Auch die Menschen in der Ukraine hätten einen Anspruch auf Schutz vor Terror, sagte Selenskyj mit Blick auf die erfolgreiche Luftverteidigung in Israel.

Die Ukraine beklagt immer wieder schwere Schäden nach heftigem Beschuss durch Russland auch mit Drohnen iranischer Bauart. Die Ukraine sei den gleichen Raketen- und Drohnenangriffen ausgesetzt, die Menschenleben müssten überall gleich geschützt werden, sagte Selenskyj. Die Ukraine kämpfe weiter darum, echte Hilfe von den Verbündeten zu bekommen. Bereits in seiner Videoansprache am Montag hatte Selenskyj angesichts der abgewehrten Attacken auf Israel Parallelen zur Ukraine gezogen und eine gleich starke gemeinsame Verteidigung gefordert.

In seiner Ansprache würdigte Selenskyj einmal mehr auch die Bemühungen des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz um eine Lösung des Konflikts. Scholz hatte in Peking bei einem Treffen mit Chinas Partei- und Staatschef Xi Jinping das Gewicht des Landes auf der Weltbühne hervorgehoben. China hat als Verbündeter Russlands Einfluss auf Kremlchef Wladimir Putin, der den Überfall auf die Ukraine vor mehr als zwei Jahren begonnen hatte.

"China kann wirklich helfen, einen gerechten Frieden für die Ukraine und Stabilität in den internationalen Beziehungen wiederherzustellen", sagte Selenskyj. Die Ukraine bereitet nach seinen Angaben für Mitte Juni einen Weltfriedensgipfel in der Schweiz vor, zu dem zwar China, aber nicht Russland eingeladen ist. China hatte eine eigene Friedensinitiative gestartet, die in der Ukraine aber auf Skepsis stieß.

"Das Gipfeltreffen in der Schweiz gibt uns allen eine echte Chance, die UNO-Charta, ihre Ziele und Grundsätze wirklich zur Geltung zu bringen", sagte Selenskyj. Er besteht darauf, dass ausschließlich sein Friedensplan umgesetzt wird, der als ein Kernpunkt den Abzug aller russischen Soldaten von ukrainischem Gebiet vorsieht. Russland kritisiert das als "realitätsfern". Auch China will eine Friedenskonferenz nur unterstützen, wenn daran sowohl die Ukraine als auch Russland teilnehmen.

Vor seiner allabendlichen Videoansprache hatte der ukrainische Präsident am Dienstag das umstrittene Gesetz zur Mobilisierung von Soldaten unterzeichnet. Wie das Parlament in Kiew auf seiner Website mitteilte, erhielt es das am 11. April verabschiedete Gesetz vom Präsidenten unterschrieben zurück. Nach mehr als zwei Jahren Krieg verzeichnet die ukrainische Armee massive Verluste und hat große Schwierigkeiten, weitere Soldaten zu rekrutieren. Das Mobilisierungsgesetz soll dem entgegenwirken.

Zum einen sieht es härtere Strafen für Kriegsdienstverweigerer vor. Zum anderen soll die Einberufungsprozedur erleichtert werden, indem ein digitales System eingeführt wird. Einen Tag vor der Verabschiedung durch das Parlament war außerdem ein Passus gestrichen worden, der eine Entlassung von Soldaten aus der Armee vorgesehen hatte, die 36 Monate gedient haben.

Seit Ausbruch des Krieges im Februar 2022 sind nach Behördenangaben rund 37.000 Menschen verschwunden. "Fast 37.000 Personen werden vermisst: Kinder, Zivilisten und Soldaten", teilte der ukrainische Menschenrechtsbeauftragte Dmytro Lubinez auf Facebook mit. "Diese Zahlen könnten noch viel höher sein", fügte er hinzu. Die Zählung laufe noch.

Die Einschätzung der Anzahl der Vermissten ist schwierig, da Russland fast 20 Prozent des ukrainischen Staatsgebiets besetzt hält. Zudem wurden viele Ukrainer von der russischen Armee verschleppt. Lubinez schrieb, er gehe davon aus, dass etwa 1.700 Ukrainer in Russland "illegal festgehalten" werden und etwa 20.000 Kinder ins Nachbarland verschleppt wurden.